Dr. Raphael Mechoulam - Pionier der Cannabis-Forschung

Valentina Lentz
18 Nov 2023

Der Anfang März diesen Jahres verstorbene "Vater der Cannabis-Forschung" wäre am 5. November 93 Jahre alt geworden.


Im Jahr 1930 in Bulgarien geboren, wurden er und seine jüdische Familie einige Jahre später im Rahmen des voranschreitenden Antisemitismus vertrieben. Sein Vater überlebte glücklicherweise die Inhaftierung in einem KZ, sodass die Familie schließlich 1949 nach Israel umsiedelte. Dort begann Mechoulam mit dem Studium der Chemie, machte seinen Master in Biochemie an der Hebräischen Universität in Jerusalem und schrieb anschließend seine Doktorarbeit am Weizmann-Institut bei Tel Aviv. 

"Man weiß nie, wo Forschung endet - nur wo sie beginnt."

Obwohl Mechoulam selbst nie Cannabis konsumiert hatte, trieb die wissenschaftliche Neugier seine Forschung genau in diese Richtung, denn die schiere Unwissenheit auf diesem Gebiet erschien ihm unerklärlich. In einem Interview mit Dr. Sanjay Gupta von CNN erklärte er 2014, dass man Kokain bereits Mitte des 19. Jahrhunderts isoliert hatte und Morphin sogar noch früher, man bei Cannabis aber hingegen auch Mitte des 20. Jahrhunderts noch keine Ahnung von der chemischen Zusammensetzung hatte. Ein ähnlicher Vergleich wäre auch mit den Arzneimitteln Insulin und Antibiotika denkbar.

"Sachlich gesehen, sind wir zu spät dran."

In den frühen 60ern begannen seine Experimente mit Haschisch, das er aus der Asservatenkammer einer Polizeistation erhielt. Beiden Seiten schien nicht bewusst zu sein, dass dies im Grunde gesetzeswidrig war, doch so gelang es ihm, die beiden Cannabinoide THC und CBD erstmalig zu isolieren. Etwa 20 Jahre später entdeckte er sogar das menschliche Endocannabinoid-System. Er war es zwar nicht, der den Rezeptor an sich entdeckte, doch entdeckte er das enge Verhältnis von Cannabinoiden und menschlicher Physiologie. Er verstand deren Anbindung über die Rezeptoren im Gehirn und an den Organen, sowie ab 1992 - mit Entdeckung der Produktion körpereigener Cannabinoide - auch deren konkreten Einfluss auf Schmerzen und Stimmung sowie das Gedächtnis.

"Wir publizierten die Studie. Und nichts passierte."

Nur 3 Jahre nach dieser Entdeckung, brach er 1995 erneut ein Tabu und befasste sich mit der Verwendung von THC zur Behandlung von Nebenwirkungen der Chemotherapie bei Kindern. Dabei erhielt die eine Hälfte der Patienten niedrig dosiertes THC ohne psychoaktive Wirkung, die andere Hälfte hingegen Placebos. Doch bereits nach wenigen Tagen, konnte die Ärztin aufgrund der Verbesserung auf den ersten Blick feststellen, welche Kinder mit THC behandelt wurden, und entschied daher, alle Kinder damit zu therapieren. Die Hoffnung bei allen Beteiligten auf eine großangelegte Studie war groß, doch so kam es leider - wie so häufig in der Geschichte von Cannabis - nicht.

"Wir haben hier ein perfektes Medikament. Ein Mittel, das der Körper selbst produziert und abbaut."

Der Produzent Zach Klein, der sich aufgrund einer Krebserkrankung seiner Mutter verstärkt mit der Thematik auseinandersetze, war sogar so fasziniert von dem Schaffen des für den Nobelpreis nominierten Forschers und Gewinners des Israel- sowie Rothschild-Preises, dass er 2015 die Dokumentation The Scientist herausbrachte. Sie wird bei YouTube gratis von der Fundacion Canna mit englischen Untertiteln zur Verfügung gestellt, ebenso wie auf Vimeo von Zach Klein selbst. 

The Scientist

Zach Klein - The Scientist

"Wir haben hier ein endogenes System von oberster Wichtigkeit. Es wird in der Praxis nicht so viel genutzt, wie es sollte. Es ist vielversprechend in der Praxis, also lasst uns versuchen es voranzubringen."

Mechoulam war seit 2020 auch Mitglied des Editorial Boards des Journal of Cannabis Research und blieb auch nach seiner Pension noch bis wenige Wochen vor seinem Tod aktiv als Forscher tätig, arbeitete mit verschiedenen Gruppen zusammen, hielt Vorträge, gab Interviews und trat bis zuletzt für die Anwendung von medizinischem Cannabis ein.

Quellen:

  • cannaconnection.de
  • jcannabisresearch.biomedcentral.com
  • ncbi.nlm.nih.gov
  • newyorktimes.com
  • sueddeutsche.de
  • youtube.com/@FundacionCANNA
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Valentina Lentz