Historischer Moment im Bundestag

Die Einbringung von CanG in den Bundestag am 18. Oktober war ein Augenblick, auf den viele Konsumenten in Deutschland gewartet haben und der auch von anderen  Staaten Europas mit Spannung verfolgt wurde. Natürlich ging es bei dieser ersten Lesung noch um keine Veränderung des Gesetzes, doch die Zuschauer erwartete eine ebenso emotionale wie lautstarke Debatte, mit einem besonderen Bekenntnis seitens der SPD.

Während es der AfD mal wieder gelang, innerhalb einer Rede sämtlicher Klischees gerecht zu werden - Jörg Schneider packte in seine Redezeit einen herabspielenden Verweis auf Covid als Erkältungskrankheit, sprach von einer "überängstlichen Minderheit" während er gleichzeitig Cannabis als äußerst gefährlich darzustellen versuchte, und konnte natürlich auch in diesem Zusammenhang die "in Deutschland einwandernden Analphabeten" nicht unerwähnt lassen - konnte sie ansonsten nur ihr Unwissen in Sachen Cannabis unter Beweis stellen.

Die SPD wartete hingegen mit gleich zwei starken Reden von Carmen Wegge und Dirk Heidenblut auf. Dass Heidenbluts Erwähnung vom "Anpacken der wirklichen Probleme" derartig verlacht wurde von den Gegnern der Legalisierung zeigt lediglich das mangelnde Bewusstsein dieser Parteien für die Ungerechtigkeit und das Leid, das vielen Bürgern im Land widerfährt. Seine Reaktion, ein Verweis auf die vergangenen 16 Jahre Regentschaft seitens der CDU/CSU und den "historischen Wechsel":

"Wir verhindern, dass Menschen existenziell zerstört werden durch eine völlig falsche Drogen- und Suchtpolitik, wie Sie sie seit Jahren auf die Fahne geschrieben haben."

Auf eben diese Ungerechtigkeit ging auch Carmen Wegge ein. Ein Beitrag, der im Anschluss immer wieder in den sozialen Medien geteilt und kommentiert wurde:

"Und die Entkriminalisierung und Legalisierung von Cannabis ist auch eine Grechtigkeitsfrage. Zahlreiche Konsument*innen verlieren in Deutschland ihren Führerschein, bekommen Berufsverbote oder müssen um  das Sorgerecht ihrer Kinder fürchten, und das, obwohl sie nicht Teil eines kriminellen Netzwerkes sind, obwohl sie verantwortungsvoll mit ihrem Konsum umgehen und geringste Mengen mit sich führen. Mit ihrem Verhalten schaden sie nicht der Gesellschaft und trotzdem werden sie kriminalisiert und sanktioniert."

Viele Konsumenten bedankten sich online für die anerkennenden Worte und bekundeten ihre Rührung über diesen ganz besonderen Moment der Lesung, denn Wegge benannte das bestehende Unrecht nicht nur als solches, sondern entschuldigte sich sogar im Namen der SPD für dieses:

"Und deshalb beseitigen wir mit diesem Gesetzentwurf - wir beseitigen Unrecht. Und wir möchten uns in aller Form für dieses Unrecht entschuldigen."

Die CDU/CSU - als Vorbringer eines eigenen Gegenantrags zur Legalisierung - äußerte sich gewohnt kritisch, konnte sich aber zumindest dazu durchringen, auf medizinischer Ebene einer Abschaffung des Genehmigungsvorbehalts für die Kostenerstattung sowie einer Stärkung der Therapiehoheit der Ärzte zuzustimmen.  

Konstruktive Beiträge zur Legalisierung des Freizeitkonsums leisteten hingegen FDP, die Grünen sowie die Linke, indem sie die Teillegalisierung als "guten ersten Schritt" erkannten, aber auch die benötigten und gewünschten Verbesserungen für das Gesetz nicht unerwähnt ließen. Zu den immer wieder geforderten bzw. beklagten Punkten zählen bekanntlich das Verhältnis von Bürokratie zu Praxis, der Konsum in den Clubs, die Abstandsregelungen, sowie die Obergrenzen bei Besitz, Anbau und Lagerung. 

Bundestag live: 130. Sitzung des Deutschen Bundestags:

• 5:30:30 - Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach
• 5:36:00 - Simone Borchardt (CDU/CSU)
• 5:40:15 - Dr. Kirsten Kappert-Gonther (B90/Grüne)
• 5:44:15 - Jörg Schneider (AfD)
• 5:48:30 - Kristine Lütke (FDP)
• 5:54:00 - Ates Gürpinar (Linke)
• 5:57:30 - Carmen Wegge (SPD)
• 6:01:00 - Melanie Bernstein (CDU/CSU)
• 6:04:30 - Linda Heitmann (B90/Grüne)
• 6:07:45 - Bundesbeauftragter für Sucht- und Drogenfragen Burkhard Blienert
• 6:10:15 - Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU)
• 6:15:15 - Dirk Heidenblut (SPD)

Mehr zur ersten Lesung des Gesetzes findet ihr auf bundestag.de.

Weitere Meldungen:

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• CanG-Lesung: So reagiert die ACM
• Dr. Raphael Mechoulam - Pionier der Cannabis-Forschung

(Aktualisiert)

Quellen:

• bundestag.de
• youtube.com\@bundestag