Cannabis-Evaluierung: Fakten und Folgen

Valentina Lentz
12 Oct 2025

Die Evaluierung des Cannabisgesetzes in Deutschland hat ihren ersten Zwischenbericht hervorgebracht – und mit ihm eine hitzige Debatte über die Zukunft der Teillegalisierung. Während die einen bereits das Ende der Reform herbeireden, zeigen die Daten bislang ein anderes Bild: keine Katastrophe, keine Eskalation – sondern ein vorsichtiger Schritt in Richtung Entkriminalisierung und Regulierung.


Was sagt der Zwischenbericht?

Der Bericht, der im Rahmen des Koalitionsvertrags zwischen SPD und Union vereinbart wurde, zeigt bislang keine negativen Ausschläge. Der Konsum von Jugendlichen ist nicht angestiegen, was durch die aktuelle Drogenaffinitätsstudie sogar als rückläufiger Trend bestätigt wird. Auch im Bereich der Verkehrssicherheit gibt es keine Zunahme tödlicher Unfälle oder auffälliger Selbstberichte zum Fahren unter THC-Einfluss. Die Wissenschaftler betonen, dass es sich um eine vorläufige Auswertung handelt und viele Parameter mehr Zeit und Daten benötigen, um valide Aussagen treffen zu können.

Der Schwarzmarkt bleibt ein komplexes Thema. Zwar ist seine genaue Größenordnung schwer zu beziffern, doch es gibt deutliche Hinweise auf einen Rückgang – insbesondere durch den Eigenanbau und die medizinische Nutzung. Die Studie verweist auf etwa 100 Tonnen Cannabis jährlich, die nun legal statt illegal konsumiert werden. Dennoch wird dieser Rückgang in der medialen Berichterstattung oft verzerrt dargestellt, mit Schlagzeilen über einen angeblichen Boom des Schwarzmarkts, obwohl die Daten das Gegenteil nahelegen.

Stimmen aus der Politik: Zwischen Fortschritt und Rückwärtsgang

Die Reaktionen auf den Bericht könnten kaum unterschiedlicher sein. Die Union und CSU fordern eine Rücknahme des Gesetzes und sprechen von einem gescheiterten Projekt. Die SPD hingegen hebt die positiven Effekte hervor: weniger Strafverfahren, mehr Jugendschutz und eine Entlastung der Polizei. Carmen Wegge, eine der engagiertesten Befürworterinnen des Gesetzes, betont, dass die Legalisierung wirkt und nun gezielte Verbesserungen folgen sollten.

Auch die Polizei und ihre Gewerkschaften äußern Kritik – insbesondere an der Besitzgrenze von 25 Gramm im öffentlichen Raum. Sie sehen sich in ihrer Arbeit eingeschränkt, obwohl laut Bericht rund 100.000 Strafverfahren entfallen sind. Das bedeutet eine klare Entlastung, auch wenn dies nicht von allen Polizeivertretern so gesehen wird.

Der Schwarzmarkt: Rückgang trotz medialer Verzerrung

Ein zentraler Streitpunkt bleibt der Schwarzmarkt. Während einige Medien von einem florierenden illegalen Handel sprechen, widerspricht der Deutsche Hanfverband deutlich. Der Eigenanbau und die medizinische Nutzung haben den Schwarzmarkt spürbar entlastet, auch wenn die genaue Größenordnung schwer zu erfassen ist. Die Anbauvereine (CSCs) stehen noch am Anfang und sind durch bürokratische Hürden stark ausgebremst – in Bayern operiert derzeit kein einziger Verein. Dass sie bislang nur einen kleinen Teil des Schwarzmarkts ersetzen, war zu erwarten. Dennoch wird dieser Umstand von Kritikern genutzt, um die Wirksamkeit des Gesetzes infrage zu stellen.

Evaluierung als Chance, nicht als Endurteil

Der Zwischenbericht ist kein Urteil, sondern ein Werkzeug zur Weiterentwicklung. Die Daten zeigen keine dramatischen Fehlentwicklungen, sondern eher eine stabile Lage mit vorsichtigen positiven Tendenzen. Die politische Debatte ist laut – doch viele Forderungen nach Rücknahme des Gesetzes wirken wie Wahlkampfgetöse ohne Substanz. Die SPD signalisiert Reformbereitschaft, während konservative Kräfte alte Narrative bedienen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Teillegalisierung weiter konstruktiv gestaltet wird – oder ob ideologische Grabenkämpfe den Fortschritt blockieren.

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Valentina Lentz