Telemedizin im Visier der Politik

Die Regierung will Telemedizin bei Cannabis verschärfen – Patienten und Apotheken warnen vor Versorgungslücken.
Die Bundesregierung hat am 8. Oktober 2025 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) beschlossen. Ziel ist es, den stark gestiegenen Import und die zunehmende Online-Verschreibung von Medizinalcannabis einzudämmen.
Laut Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sei eine „besorgniserregende Entwicklung“ zu beobachten: Im ersten Halbjahr 2025 stieg der Import von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken um über 400 % – von 19 auf rund 80 Tonnen. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Verordnungen zulasten der gesetzlichen Krankenkassen nur um neun Prozent. Für Warken ein klares Zeichen, dass das System aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Online-Rezepte und Versandhandel vor dem Aus
Künftig soll Medizinalcannabis nur noch nach persönlichem Arztkontakt verschrieben werden dürfen – Online-Fragebögen und Telemedizinangebote sollen ausgeschlossen werden. Auch der Versandhandel wird verboten. Die Abgabe soll ausschließlich über Apotheken erfolgen, nach individueller Beratung. Die Regierung will damit verhindern, dass Cannabis unter dem Deckmantel der Medizin in den Freizeitkonsum abwandert.
Für viele Patienten, die auf eine diskrete und barrierefreie Versorgung angewiesen sind, bedeutet das eine deutliche Einschränkung. Besonders Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder in ländlichen Regionen sehen sich vor neue Hürden gestellt.
Politischer Widerstand und geteiltes Echo
Die SPD kündigte bereits parlamentarischen Widerspruch an. Auch der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) kritisiert das Vorhaben als „übers Ziel hinausschießend“. Fachverbände warnen vor einer Stigmatisierung und einer Einschränkung der Versorgung.
Die Debatte zeigt, wie sensibel das Thema Medizinalcannabis weiterhin ist. Während die Bundesregierung auf Missbrauch reagiert, fordern viele Stimmen eine differenzierte Betrachtung – mit dem Menschen im Mittelpunkt, nicht der Regulierung. Der Gesetzentwurf muss nun das parlamentarische Verfahren durchlaufen und dürfte dort auf hitzige Diskussionen stoßen.