Cannabis während der Schwangerschaft?

Valentina Lentz
14 Dec 2022

In den USA steigen die Zahlen der Schwangeren, die Cannabis gegen verschiedene Symptome wie die Morgenübelkeit verwenden. Das Potenzial ist da, aber auch Risiken und Ungewissheit, da die Studienlage nach wie vor unzureichend ist.


Offiziell wird auch in den USA nach wie vor von dem Konsum von Cannabis während der Schwangerschaft abgeraten, dennoch wird es zum Teil gezielt an Schwangere vermarktet. Die Zahlen steigen vor allem in der Altersgruppe der 18 bis 25 Jährigen. Insgesamt gibt jede zehnte werdende Mutter an, während der Schwangerschaft ab und zu gekifft zu haben. Da Cannabis in der Medizin bereits erfolgreich bei Übelkeit und Angstzuständen eingesetzt wird, erhoffen auch die werdenden Mütter - etwa 20 Prozent leiden unter Stress oder Depressionen - sich eine Linderung ihrer Symptome.

 

CBD könnte sich durch seine beruhigenden Eigenschaften positiv auf Migräne, Ängste, Stress und Schlafprobleme auswirken, aber auch bei Übelkeit, Kontraktionsschmerzen und Bluthochdruck helfen. Eine kanadische Studie ergab 2019, dass die konsumierenden Mütter seltener von Schwangerschaftsdiabetes oder einer Präeklampsie - auch Schwangerschaftsvergiftung genannt - betroffen waren. Verschiedene Kurzzeitstudien und Tiermodell-Forschungen legen die Vermutung nahe, dass Potenzial vorhanden ist, doch die bisherigen Ergebnisse stammen fast ausschließlich aus dem Labor oder aus nur wenig aussagekräftigen Studien und Umfragen.

 

Das Endocannabinoidsystem spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Übelkeit, sowie vermutlich ebenso in den frühesten Entwicklungsphasen den Kindes, da die Rezeptoren bereits vor der Geburt entwickelt sind. Das Signal für die Auslösung der Übelkeit stammt aus unterschiedlichen Hirnregionen und lässt den Spiegel des Hormons Vasopressin ansteigen sowie eine Reaktion des autonomen Nervensystems auslösen. Es kommt zu Magenrhythmusstörungen und somit schlussendlich zur Übelkeit. Durch die ähnliche Molekularstruktur der Phytocannabinoide (aus der Pflanze stammend) können an den selben Rezeptoren ansetzen und das System somit ähnlich beeinflussen.

 

Zum einen bestehen in der Forschung aber nach wie vor ethische Bedenken, da die Teilnehmer klinischer Versuche - in diesem Falle sowohl Mutter als auch Kind - immer bis zu einem gewissen Grade einem Risiko ausgesetzt sind. Zum anderen ist es für die Aussagekraft der Studien erforderlich, dass die Teilnehmerinnen eine Reihe von Bedingungen erfüllen. Bestenfalls sollten sie möglichst ähnlich in Bezug auf Altersgruppe, Gesundheitszustand und Schwangerschaftsphase sein. Das lange Verbot der Pflanze hat die Möglichkeiten der Forschung eingeschränkt, aber auch dazu geführt, dass viele Frauen nicht gewagt haben, ehrlich bei dem Thema zu antworten. Die Studienlage ist leider nach wie vor schwach, vor allem in Bezug auf die Auswirkungen auf das Baby. Bestätigt ist allerdings, dass THC sowohl die Plazenta durchdringen kann, als auch noch Tage nach dem Konsum in der Muttermilch zu finden ist.

 

Zu den möglichen Risiken zählen auch eine höhere Wahrscheinlichkeit einer Risikoschwangerschaft, da THC möglicherweise die Einnistung des Embryos verhindert, sowie eine Schwächung der Immunabwehr des Kindes verursachen kann. Studien aus Kanada und Australien verweisen auf höhere Frühgeburtenraten bei Konsumentinnen; in den USA erforscht man auch einen möglichen Zusammenhang mit einem erhöhten Aufkommen von Autismus-Spektrum-Störungen. Es gibt zudem Vermutungen, dass sowohl CBD als auch THC das Wachstum des Babys behindern, und synthetisches CBD eine negative Wirkung auf die Bildung der Wehen haben könnte. Eine amerikanische Langzeitstudie kommt zu dem Ergebnis, dass die Kinder von Frauen, die während ihrer Schwangerschaft Cannabis konsumiert haben, häufiger zu Aggressionen; Angstzuständen sowie Hyperaktivität neigen, und einen höheren Spiegel des Stresshormons Cortisol aufweisen. 

 

Generell kann die schädliche Wirkung bisher nicht bewiesen werden, da die Datenlage schwach ist und eindeutige Belege zu den Auswirkungen fehlen. Folgeschäden wie Verhaltensprobleme oder ein niedriges Geburtsgewicht sind zwar nicht endgültig belegt, dennoch sollte man Vorsicht walten lassen, da auch für die erhofften, positiven Auswirkungen eine stabile Datenlage fehlt. Das Rauchen birgt ja ohnehin durch den oft beigemengten Tabak sowie das Verbrennen an sich, zahlreiche gesundheitliche Risiken, doch auch andere Konsumformen, wie beispielsweise CBD-Öl, sind nicht frei von Risiken und können derzeit nicht empfohlen werden. Wer vielleicht schon mit dem Gedanken gespielt hat, Cannabis im Rahmen einer Schwangerschaft zur Linderung der Symptome einzusetzen, oder wer als Konsumentin darüber nachdenkt ein Kind zu bekommen und diesbezüglich Fragen hat, sollte sich auf jeden Fall ärztlich beraten lassen. 

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Valentina Lentz