Hanfbewegung verliert bedeutenden Befürworter
Vergangene Woche ist der Grünen-Mitbegründer Hans-Christian Ströbele, der vielen wohl mit rotem Schal und Fahrrad in Erinnerung bleiben wird, an den Folgen seiner Krebserkrankung im Alter von 83 Jahren verstorben.
Geboren 1939 in Halle an der Saale, als Sohn eines Chemikers und NSDAP-Mitglieds sowie einer unter den Nazis nicht als Rechtsreferendarin zugelassenen Mutter, änderte sich sein Leben schlagartig, als der Student Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 bei der Demonstration anlässlich des Besuchs des autoritären persischen Schahs in Berlin von einem Polizisten erschossen wurde. Das blanke Entsetzen über die Geschehnisse verwandelte den einst politisch interessierten Referendaren in einen Menschen, der die Politik maßgeblich mit beeinflusst hat.
In all seinen Aufgaben, sei es als Unterstützer der APO (außerparlamentarische Opposition), als RAF-Anwalt, als Gründungsmitglied der Grünen sowie der "taz", oder auch als Vermittler im Falle Snowden, war Ströbele stets Pazifist, konsequent links und bekannt dafür zu den wenigen Politikern zu zählen, die als authentisch gelten und zu ihrem Wort stehen. Er war einer dieser Menschen, die ihrem Gewissen folgen und voll und ganz für das eintreten, was sie für richtig halten. Ein Ansehen, das man ihm u. a. damit dankte, dass er als erster Politiker der Grünen 2002 ein Direktmandat im Berliner Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg gewann, nachdem die Partei ihm den stark umworbenen Listenplatz verweigert hatte.
Im gleichen Jahr fand auch zum sechsten Mal die Hanfparade statt, erstmals unter Mitwirkung des Deutschen Hanfverbands. Im Zuge der in diesem Zusammenhang stattgefundenen Beschlagnahmung von, als Paradewagen-Deko gedachten, Nutzhanfpflanzen, kam es dann zur Diskussion mit dem für diesen Fall hinzugezogenen Anwalt - nämlich Ströbele - und dem anschließenden legendären Ausruf "Gebt das Hanf frei!". Dieser wanderte einige Monate später bekanntlich unter Bearbeitung von Stefan Raab und Shaggy für 9 Wochen in die Charts. 2018 erhielt Ströbele sogar vom DHV für sein Engagement den Hanf-Adler der Rubrik Politik.
Bei der Frage, warum er die Hanfbewegung unterstützt, hat er stets auf seine Erfahrung als Strafverteidiger sowie den tiefen Drang nach Gerechtigkeit verwiesen. "Ich finde es noch heute eine der größten Gesellschaftslügen und eine der größten Ungerechtigkeiten unserer Zeit, wie man hier Cannabis im Verhältnis zu anderen Drogen behandelt", so kommentierte er im Rahmen der Hanf-Adler-Verleihung. Dass der weltweite Krieg gegen die Drogen verloren ist, davon war er überzeugt und bekräftigte mit seinem Vergleich zum Chicago der 20er Jahre - nach Aufhebung des Alkoholverbots - die Tatsache, dass das Elend der kriminellen Szene durch die Legalisierung beendet werden kann.
Unverständlich blieb ihm das Verhalten der Politik, die bisherige Bestrebungen in Richtung Legalisierung und Entkriminalisierung, meist ohne Wortmeldungen und Begründungen, quasi wortlos ablehnte und verweigerte. Seltsam erschien es ihm auch, dass Bürger, die vollkommen selbstverständlich Drogen wie Alkohol und Tabak konsumieren, keine Einsicht dabei zeigen, dass der Konsum von Cannabis kein größeres Risiko darstellt. Zumal da in den jährlichen Statistiken zu den Drogentoten Konsumenten von Cannabis, im Gegensatz zu denen der legalen Drogen, gänzlich fehlen.
Als großer Fan von Hanf in seiner nicht berauschenden Variante unter Berücksichtigung der Geschichte, die diese Kulturpflanze durchaus auch innerhalb Europas prägte, war Ströbele vielleicht gerade deshalb ein idealer Befürworter der Bewegung, gerade weil er sich selbst nie mit Cannabis berauscht hat und auch generell ein eher zurückhaltendes Verhältnis zu Drogen wie Tabak und Alkohol hatte. Seinem Wunsch nach Gerechtigkeit, in diesem Bezug, ist Deutschland nun so nah wie nie zuvor. Ein Grund mehr, sich weiterhin gemeinsam für die Realisierung von legalem Cannabis einzusetzen, und den Ruf "Gebt das Hanf frei!" konsequent nicht verhallen zu lassen.