25. Hanfparade zog vorsichtig durch Berlin

Frank Brandse
29 Oct 2021

Wegen der Corona-Pandemie konnte die Hanfparade im letzten Jahr erstmals nicht auf der Straße stattfinden. Die Veranstalter gingen in den "digitalen Raum des Internets" und lieferten einen Livestream ab, der zum Glück kaum live gesehen wurde. Denn diese Videoübertragung war einfach nur unterirdisch: Stundenlang klappte nichts so richtig, trotzdem wurden vor der Kamera einige dicke Bongs geraucht und man hatte das Gefühl, dass die Macher davon ausgingen, dass hier eh kaum einer zuguckt. So konnte man nur aufs nächste Jahr hoffen - und dass die Hanfparade dann wieder im öffentlichen Raum Berlins stattfinden würde. Wo man einfach nur vorbeikommen und dabei sein kann. Und so kam es dann auch.


Zunächst schien aber auch in diesem Jahr der Wurm drin zu sein: Bis wenige Wochen vor der Großveranstaltung gab es immer noch kein Bühnen-Programm auf der Hanfparade-Webseite zu finden, nur einige (aus den Vorjahren hinlänglich bekannte) Redner waren hier bereits angekündigt. 10 Tage vor der Hanfparade wurde dann zwar das neue "Magazin zur Hanfparade 2021" zum Download angeboten - doch wenn

man den Link anklickte, passierte

leider nichts.

 

Immerhin war das Corona-bedingte Hygienekonzept zur Parade online ganz einfach zu finden - so erfuhr man als potenzieller Besucher schon vorab, dass in diesem Jahr auf Sprechchöre zu verzichten sei und alle eine Maske dabei haben und Abstand halten sollten. Inzwischen waren mit Benjie (Reggae/Dancehall/HipHop), Uwe Banton (Roots-Reggae) und Lost (Trap/HipHop) auch drei Musik-Acts für die Abschlussveranstaltung angekündigt. Oder müsste man sagen: NUR drei Musik-Acts? In den Jahren, in denen die Hanfparade mit großer Bühne und weitläufiger Abschlussveranstaltung stattfand, gab es bis dato immer ein paar Bands bzw. Musiker mehr zu erleben.

 

Dass in diesem Jahr nur so wenige und eher unbekannte musikalische Acts die Hanfparade unterstützten, war sicherlich auch der Corona-Situation geschuldet. Trotzdem hörte man aus dem Umfeld der Veranstalter, dass in diesem Jahr mit einem neuen Besucherrekord gerechnet wurde, weil "dank" Corona kaum vergleichbar große Events stattfanden. Das leuchtete ein, denn wenn an jedem Sommerwochenende in Ermangelung von Feier-Alternativen riesige Freiluftpartys in den Parks und Grünanlagen unserer Republik abgehen, dann kann man auch gleich zu einem (genehmigten) großen Umsonst & Draußen-Event mit DJ-Wagen und Livemusik gehen. Also auf die diesjährige Hanfparade. Leider kam es anders.

 

Am 14. August war es dann soweit: Los ging’s mittags am Alexanderplatz mit der Auftaktveranstaltung, die über drei Stunden andauerte und auf der es neben Hanfaktivisten und Politikern verschiedener Parteien auch schon etwas Musik gab. Dabei versammelten sich mit der Zeit immer mehr Teilnehmer vor Ort, nur ganz am Anfang sah es (was die Anzahl der Anwesenden betraf) noch ziemlich mau aus.

Hanfparade

Mit der gewohnten guten halben Stunde Verspätung setzte sich der Demonstrationszug dann gegen 15:30 Uhr in Bewegung und zog (auf der gleichen Route wie in den letzten Jahren) mit insgesamt acht Paradewagen durch die Berliner Innenstadt, wobei die Parade auf der Straße Unter Den Linden (direkt vor dem Brandenburger Tor) für eine knappe halbe Stunde zum Stehen kam. Hintergrund: Im hinteren Teil der Demo wurde der Corona-bedingt geforderte Mindestabstand zwischenzeitlich nicht eingehalten, weshalb die Polizei die Demo stoppte und auf diese Missachtung der Corona-Schutzregeln hinwies. Nachdem dann die meisten Teilnehmer ihre FFP2-Masken aufsetzten und wieder mehr Abstand hielten, konnte die Hanfparade schließlich weiterziehen.

Nachdem der Demonstrationszug am Reichstag vorbei und in Richtung Friedrichstraße zog, gab es keine solchen Zwischenfälle mehr. Freundliche Lautsprecherdurchsagen der Polizei wiesen regelmäßig auf die Vorteile von Masken-Schutz und Abstand halten hin und erwähnten lobend die grundsätzliche Kooperationsbereitschaft der Demonstranten. Als die Hanfparade von der Friedrichstraße in die Oranienburger Straße einbog, trugen tatsächlich etwa 90 % aller Teilnehmer brav ihre FFP2-Masken.

 

Was in diesem Jahr auffiel, war die geringe Menge an individuellen Transparenten oder Schildern. Nur ganz am Anfang der Parade gab es einige (wenige). Der Paradewagen der Veranstalter war wieder einer der lautesten und am dichtesten umlagerten, aber auch einige andere mobile Soundanlagen erinnerten an eine frühe Loveparade. Erneut schien hier die Regel zu gelten: Je lauter ein Paradewagen war, desto dichter wurde er umlagert.

 

Was die Teilnehmerzahl betraf, gab es (wie immer) abweichende Meinungen. Die Polizei sprach erst von 1.700 und später von 2.000 Demonstranten, wogegen die Veranstalter von ca. 3.000 Teilnehmern ausgingen. Die meisten Medien, die über die Hanfparade berichteten, übernahmen wieder die Zahlen der Polizei - so auch die Abendschau des RBB, die einzige tägliche TV-Nachrichtensendung, die die 25. Hanfparade nicht geflissentlich ignorierte.

Gegen 18 Uhr kehrte die Hanfparade wieder zum Neptunbrunnen zurück, wo bis 22 Uhr die Abschlusskundgebung stattfand. Ein paar Musik-Acts sorgten auf der wieder etwas kleineren Bühne immer mal für gute Laune, während es vielen der altbekannten Rednern gelang, lautstarke Zustimmung für ihre Worte zu ernten. Hoffen wir, dass die Parade im nächsten Jahr wieder etwas größer und bunter wird.

 

Text: M-Dog

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Frank Brandse