Die 2 Säulen der Legalisierung - Was dürfen wir hoffen?

Valentina Lentz
13 Jun 2023

Die neuen Eckpunkte samt beider Säulen wurden schon Mitte April von den Ministern Lauterbach und Özdemir vorgestellt, der Referentenentwurf zu Säule 1 wurde dann Anfang Mai geleakt. Nun geht es erst mal in die politische Sommerpause, bevor dann im Herbst alle Hoffnung beim Parlament liegt.


Zunächst war die Freude groß, dass der Referentenentwurf tatsächlich noch gemäß Zeitplan zur Ressortabstimmung vorgelegt werden konnte. Auch wenn die Veröffentlichung des Entwurfs nicht üblich ist, zeigte der Leak leider, dass sich manche Befürchtung, die seit Bekanntgabe des Säulen-Konzepts kursierten, sich bewahrheitet haben. So gibt der geleakte 84 Seiten lange Entwurf, dessen Echtheit von mehreren Stellen bestätigt wurde, tatsächlich an, dass der Konsum innerhalb der Social Clubs nicht  vorgesehen ist. Das "Social" in "CSC" wird somit hinfällig. 

Das Kernstück des Entwurfs zu Säule 1 sind die Bestimmungen rund um die Cannabis Social Clubs. Es enthält neben dem widersprüchlichen Konsumverbots innerhalb der Club-Räumlichkeiten u.a. auch die Anweisungen bezüglich der weitreichenden Melde- und Dokumentationspflichten der Anbauvereinigungen. Es wird genau dokumentiert werden müssen, wieviel erzeugt, abgegeben und vernichtet wurde, ebenso wie, welche Sorten mit welchem THC- bzw. CBD-Gehalt angebaut werden.

Auch das Finden der passenden Räumlichkeiten sowie das Stemmen der Kosten könnte für manchen zur Herausforderung werden, denn wer bis zu 500 Mitglieder mit monatlich bis zu 50 Gramm pro Person versorgen möchte, wird schnell errechnen können, dass dies mit einer gewissen benötigten Fläche sowie Sicherungsmaßnahmen und damit einhergehenden Kosten verbunden ist. Auf weitere Ungereimtheiten trifft man, wenn man die Angaben für den Vereinsanbau mit denen für den Eigenanbau vergleicht. Der Mitnahme von 50 Gramm pro Monat als Vereinsmitglied steht der Eigenanbau von 3 Pflanzen pro Jahr zuhause gegenüber.

Rechnet man dies kurz durch, ergeben sich hierbei große Unterschiede. Als Vereinsmitglied könnte man so bis zu 600 Gramm pro Jahr abholen, während der Homegrower selbst bei einer üppigen Pflanze mit nicht wesentlich mehr als 20-30 Gramm, und somit jährlich bestenfalls mit nur etwa 90 Gramm Ernte rechnen brauch. Dabei hatte die im Herbst zunächst ohne weitere zeitliche Einschränkung bekanntgegebene Freigabe von 3 Pflanzen zunächst so vielversprechend geklungen. Ein guter Punkt, an dem das Parlament zur Verbesserung ansetzen kann, ebenso wie beim Konsumverbot im Club. Ihn dort zu untersagen, aber nach 20 Uhr auf offener Straße zu erlauben, ist schlechthin widersinnig.

Auch Carmen Wegge und Dirk Heidenblut riefen in einem Instalive bereits die Cannabis-Befürworter dazu auf, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern weiterhin konstruktiv einen Beitrag in Form von sachdienlichen Hinweisen zu leisten. So erhält das Parlament nochmals die Chance, gezielt Änderungen, die für die Gewährleistung einer funktionierenden Praxis notwendig sind, einzubringen. Das letzte Wort haben schließlich, nach Vorlage des Kabinettsentwurfs, die Parlamentarier. Das Problem um die Begrenzung des Eigenanbaus und das Konsumverbot im Social Club ist auch den beiden aufgefallen, so äußerte Dirk Heidenblut beispielsweise:

"Ich möchte nicht, dass wir demnächst wieder jeden dann irgendwo hinter einer Laterne ne Tüte ziehen sehen. Ich finde das schon ok, wenn man das gemeinsam machen kann. Und dazu gehören die Social Clubs für mich letztlich auch."

Die beiden räumen außerdem ein, dass eine Mehrfach-Mitgliedschaft in den Clubs, die Freigabe von Edibles - die für viele eine interessantere wie gesündere Konsumform sein könnte - sowie die Führerschein-Frage noch besprochen werden müssen. Letztere scheint Wissing nun doch endlich in Angriff nehmen zu wollen, statt die Zuständigkeit von sich zu weisen. In Sachen Vereinsrecht gaben Wegge und Heidenblut zu bedenken, dass dieses üblicherweise mit der Hinterlegung personenbezogener Daten, Mitgliedsbeiträgen und Eintragungen der Vorstandsmitglieder beim Amtsgericht einhergeht. Keine Diskriminierung also, sondern die übliche Bürokratie. 

Nun bleiben erst mal der Herbst, etwaige bereits im Verlauf der Ressortabstimmung vorgenommene Änderungen am Entwurf sowie der Gesetzesentwurf zu Säule 2, und somit den Modellprojekten, abzuwarten. Es liegt dann in den Händen des Parlaments, der Säule 1 den nötigen Schliff zu geben, um eine künftig stabile und faire Cannabispolitik in Deutschland gewährleisten zu können.

(Stand: 20.06.23)

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Valentina Lentz