Marijuana trimmen? Edibles backen!

Frank Brandse
19 Nov 2021

Mit jedem guten Grow dauert das Trimmen der Ernte umso länger. Jede Blüte wird einzeln in die Hand genommen und von den Blütenblättern befreit. Diese lassen sich zwar mitrauchen, verfälschen jedoch den Geschmack und drücken die Wirkstoffkonzentration im Gesamtgewicht nach unten.


Eigenanbau angenehmer verarbeiten

 

Ein Gedanke wäre, die Blütenblätter trotzdem dranzulassen. Nach dem Trocknen werden die Wirkstoffe aus den Blüten herausextrahiert. Es lassen sich Haschisch beziehungsweise Extrakte zum Dabben gewinnen. Oder es entsteht ein Hanföl, um dies mitsamt der Schnittreste zum Backen zu verwenden. Es bleibt also nichts über und dennoch ist trotz der Blütenblätter ein erstklassiges Konsumerlebnis möglich.

 

Genau das ist der Trend in einigen US-Bundesstaaten oder anderen legalen Zonen: Die Nachfrage nach Extrakten, Liquids, potentem Hanföl und Edibles ist höher als nach Marijuanablüten! Und das, obwohl in diesen Regionen Unternehmen deutlich produktiver und dadurch billiger als unsereiner arbeiten. Nicht allein die Felder, Gewächshäuser oder Räume sind größer, wodurch sich eine sündhaft teure Technik für Belüftung, Bewässerung und Klimatisierung rechnet. Im Zuge der internationalen Legalisierung kommen diverse Erntemaschinen auf den Markt. Um einige Modelle auszulasten, müssen zig Personen zusammenarbeiten und schieben häufig nur noch die abgetrennten Blüten oder Pflanzentriebe durch das Gerät. Mit solch einer Erntemaschine lässt sich eine ganze Trockenhalle auslasten!

Trotz vertretbarer Preise und hoher Qualität bleiben die Marijuanablüten in den Dispensaries liegen, Extrakte und Edibles gehen mit. Denn auch bei der Produktion von Extrakten und damit Edibles hat sich wahnsinnig viel getan: Es werden direkt mehrere Zentner in Anlagen verarbeitet, die ihre Lösungsmittel zurückgewinnen. Einige industrielle Extraktionsgeräte arbeiten zusätzlich mit Ultraschall, um die Kristalle noch besser aus den Blüten zu lösen.

Die hochreinen Extrakte dienen als Zutat, um sie in hochwertige Edibles einzuarbeiten. Bei den in den USA verarbeiteten Mengen ist es eine Kleinigkeit, von einzelnen Chargen eine Wirkstoffanalyse zu machen. Aus verschiedenen Extrakten lässt sich immer wieder ein Wirkstoffprofil kreieren, ähnlich wie auch beim Supermarkt-Wein die Trauben vieler verschiedener Winzer immer wieder die gewünschte Note treffen.

Für diese Kapazitäten macht sich die Technik bezahlt, die ein exaktes Arbeiten ermöglicht. Wie sonst wäre es möglich, dass potenter und verarbeiteter Cannabis legal trotz Kosten für Produktion, Arbeit, Vertrieb und Steuern günstiger als Marijuana auf dem vorherigen Schwarzmarkt ist? In einigen US-Bundesstaaten ist die verfügbare Qualität inzwischen so gut und günstig, dass viele ihren Homegrow einstampfen!

Wozu trimmen? Extrahieren oder Backen!
Wozu trimmen? Extrahieren oder Backen!

Davon sind wir in Europa leider noch entfernt. Wir können aber unseren guten alten Homegrow oder die üppige Outdoor-Ernte auf ähnliche Weise verarbeiten. Das monotone Trimmen der Blüten wird dadurch überflüssig. Sicherlich, es gibt auch kleinere und damit erschwinglichere Erntemaschinen. Gerade bei Modellen, die Luft ansaugen, kann neben Lärm auch viel verräterischer Geruch entstehen. Mit Pech fallen die Erntegerüche jemandem auf, der davon nichts wissen darf. Oder es geht nicht ohne Erntehelfer, von denen jeder zugleich ein Sicherheitsrisiko ist.

Wer lediglich die großen Blätter runterzieht und die Pflanzen an Wäscheleinen aufhängt, hat seine Erntearbeiten schnell erledigt. Solange der Ernteraum über eine gefilterte Umluft oder Ablüftung verfügt und die Ablüftung des Anbauraums während der Ernte läuft, sollte auch das Geruchsproblem minimiert sein. Wird im Trocknungsraum auf Luftfeuchtigkeit und Temperatur geachtet, ist die Ernte nach ein bis zwei Wochen trocken und schimmelfrei. Die trockenen Blüten werden einfach von den Zweigen heruntergekniffen. Wer sie eintütet, sollte nach ein oder zwei Tagen prüfen, ob die Blüten vielleicht pappig werden. In den kleinen Zweigen sitzt häufig noch etwas Restfeuchte. Alternativ können die Wirkstoffe extrahiert und als Extrakt gelagert werden. Aber auch dazu sollen sie komplett trocken sein.

 

Typische Möglichkeiten für die Extraktion sind:

 

Pollinator – Haschisch

Ice-o-Lator – hochwertigeres Wasserhasch

Rohr für Butangas oder ähnliche Gase – Wax oder Shatter zum Dabben

Gerät für CO² Extraktion – Wax oder Shatter zum Dabben

Rosin-Presse – Hitze und Druck pressen Rosin-Dab aus den Blüten

Hochprozentiger Trinkalkohol – Cannabinoid-Alkohol bzw. nach dem Verdunsten Haschöl

Erhitzen in Pflanzenöl – Cannabinoid-Pflanzenöl

Erhitzen in Butter mit etwas Wasser – Cannabis-Butter

 

Wer die Wirkstoffe als Dab aus den Marijuanablüten zieht, benötigt eine Rosin-Presse oder ein Lösungsmittel mit passendem Gerät. Gerade bei den kleineren Modellen werden diese Lösungsmittel nicht zurückgewonnen, wodurch die laufenden Kosten steigen. Eine Alternative für Hasch-Raucher wäre ein Pollinator, diese gibt es in diversen Größen. Wasserhasch wäre durchaus hochwertiger, macht aber deutlich mehr Arbeit und erfordert ein großes Eisfach.

Fertige Backmischung-Brownies.
Fertige Backmischung-Brownies.

Wissenswert bleibt, dass es große Unterschiede zwischen den Lösungsmitteln gibt. Einige lösen die Cannabinoide sehr gut, nicht aber die Terpene und anderen Wirkstoffe. Genau diese sind entscheidend für das Geschmackserlebnis und die Feinheiten der Wirkung. Viele Dab-Erfahrene erklären deswegen, dass es mit der CO2-Extraktion schon fast egal ist, welches Marijuana als Ausgangsmaterial dient, der Dab schmeckt immer gleich. Deswegen bevorzugen sie Butangas oder ähnliche Lösungsmittel, um das besondere Konsumerlebnis zu erzielen. Bei einigen dieser Lösungsmittel ist es jedoch entscheidend, dass sie im Verarbeitungsprozess komplett verfliegen und keine Reste im Extrakt verbleiben. Es gibt sogar Vakuumpumpen, damit das letzte Gas im Extrakt zu Gasblasen wird, die sich zerstechen lassen.

 

Fließt Butangas zuerst durch ein Rohr, um anschließend auszugasen, kommt noch die Explosionsgefahr hinzu. Bei anderen Lösungsmitteln besteht hingegen Brandgefahr. Es kann sich zumindest lohnen, die verschiedenen Extraktionsverfahren oder Lösungsmittel zu probieren, solange auf die Sicherheit geachtet wird.

 

Andere Extraktionstechniken wie Pollinator oder Rosin-Presse holen nur einen Teil aus den Blüten heraus. Doch die Reste lassen sich immer noch mit Oliven- oder Rapsöl erhitzen. Es setzt die Decarboxylierung (Aktivierung) der Cannabinoide ein, die sich zugleich im Öl lösen. Ohne ein vorheriges Erhitzen macht Marijuana euch nicht high, weshalb auch bei anderen Extraktionen dieser Schritt der Erhitzung immer während der Extraktion oder vor beziehungsweise beim Konsum erfolgen soll. Damit THC nicht mit Sauerstoff oxidiert, sollten die Extrakte oder Edibles jedoch nicht zu lange an der offenen Luft liegen.

 

Der Selbstversorger kann also ebenfalls auf das Trimmen der Blüten verzichten. Wer Haschisch mag, kann sie durch eine Pollinator-Trommel jagen. Wer Dab mag, wählt eine mittelgroße Rosinpresse. Das macht wenig Arbeit und ist im Vergleich zur Butangas-Extraktion sicherer. Es muss nicht ständig neues Butangas oder ein anderes Lösungsmittel gekauft werden. Außerdem ist für die sichere Gasextraktion im Freien zu arbeiten. Der Pollinator oder die Rosinpresse laufen sicher in der Wohnung, und schon ist das Haschisch oder der Dab fertig.

Die Rosinpresse eignet sich im Hausgebrauch eher für kleinere Mengen. Ein mittelgroßer Pollinator ist hingegen erschwinglicher. Besser ist es, wenn auch ein großes Gefrierfach vorhanden ist. Die knochentrockenen Blüten werden eingetütet, eingefroren und kommen dann in den Pollinator. Perfekt wäre es, wenn dieser vorher im Kühlschrank stand. Bei Kälte fallen die Kristalle um so besser aus den Blüten, solange diese trocken sind.

In Olivenöl decarboxylieren, dann backen, essen und abheben!
In Olivenöl decarboxylieren, dann backen, essen und abheben!

Die Reste aus dem Pollinator oder der Rosin-Presse werden in der eigenen Küche zum Cannabis-Olivenöl verarbeitet, welches zum Backen dient. Weil es bei der innerlichen Einnahme nicht um die Konzentration, sondern um die Wirkstoffmenge geht, welche die Blutbahn erreicht, bieten selbst schwach dosierte Edibles noch einen Mehrwert. Schon werden 100 Prozent der Wirkstoffe verarbeitet und verwendet, kosteneffizienter geht es kaum. Wer erfahren ist, kann sich sicher auf das gewünschte Level dosieren.

 

„Olivenöl mit Cannabinoiden“ gewinnen, wie in Ausgabe 6/2018 berichtet: Marijuanablüten, alternativ Reste aus dem Pollinator oder der Rosinpresse werden auf ein Backblech gegeben, um sie für 10 bis 20 Minuten auf 100 Grad zu erhitzen. Anschließend werden die trockenen Marijuanablüten in ein Gefäß gegeben, das mit hitzebeständigem und haltbarem Olivenöl oder Rapsöl aufgefüllt wird. Das Öl sollte noch wenigstens einen Zentimeter über dem Pflanzenmaterial stehen. Wer weniger starke Konzentrationen wünscht, nimmt entsprechend mehr Pflanzenöl. Sollen die Terpene erhalten bleiben, sollte der vorherige Trocknungsprozess im Backofen möglichst kurz sein sowie als Gefäße verschlossene Einmachgläser mit hitzebeständigem Gummiring verwendet werden. Diese Gefäße mit Blüten und Öl werden für 60 bis 120 Minuten bei 100 bis 110 Grad erhitzt. Die Wirkstoffe lösen sich nicht allein aus dem Pflanzenmaterial, sie decarboxylieren. Zudem sind die Cannabinoide an Fettsäuren gebunden, welche sie für die optimale Wirkung durch die Darmwand tragen.

 

Nach dem Abkühlen wird das Öl durch einen Metalltrichter mit Sieb in Braunglas-Flaschen gefüllt. Dieses Öl lässt sich pur einnehmen. Es kann aber auch wie die Schnittreste zum Backen verwendet werden. Das Öl hält sich über mehrere Monate, es fallen möglicherweise ein paar Schwebstoffe aus. Eingefrorene Schnittreste halten sich über mehrere Wochen. Ganz wichtig ist, dass man beim ersten Probieren vom Öl oder Gebäck nur wenig nimmt, wenigstens eine Stunde abwartet und an dem Tag nichts mehr vorhat. Wer einmal die Wirkung einschätzen kann, dosiert sehr sicher.

 

Wer doch ein paar Blüten für den Joint braucht, kann diese auch ohne Olivenöl im Einmachglas erhitzen, damit THCA (THC-Säure) zu THC decarboxyliert. Im Einmachglas lagern die Marijuanablüten auch gut und sicher, ohne, dass Sauerstoff das THC oxidiert.

 

Fazit: Das kostbare Marijuana wird mitsamt seiner Wirkstoffe zu 100 Prozent genutzt. Aus dem Pollinator kommt Haschisch, welches sich mit kleinen Pfeifen sogar pur rauchen lässt. Die Blütenreste werden im erhitzten Pflanzenöl aktiviert. Die Wirkstoffe sind im Pflanzenöl und den Blütenresten, sie lassen sich komplett verarbeiten und damit konsumieren.

 

Mit dem Verbot von Cannabis ging die einstige Cannabis-Kultur weitgehend unter. Auch damals wurde meist gegessen oder Öl eingenommen, weil dieses bequemer und angenehmer ist. Und genau dahin geht die Entwicklung nach der Re-Legalisierung wieder, so z.B. der Trend in den USA. Weshalb also abwarten, wenn jeder in seiner Küche eigene Edibles backen kann?

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Frank Brandse