Debattieren, bis der Arzt kommt! Hanf legal nach der Wahl?
Große Hoffnung, wenig Geduld – nach der Bundestagswahl muss es endlich klappen? Für viele von uns hängt sehr viel an der Legalisierung von Cannabis. Es geht eigentlich allen um denselben Punkt: Sie wollen ihre Freiheit. Patienten wollen sich selbstbestimmt legal versorgen, Genießer möchten nicht wie Aussätzige verfolgt werden, und Geschäftsleute wünschen ein klares und akzeptables Regelwerk ohne Grauzonen.
Wahl in Deutschland: Legalisierung vs. Entkriminalisierung
Den ersten beiden Gruppen würde bereits eine großzügige Entkriminalisierung ihrer Konsumhandlungen helfen. Die geringe Menge ist leider keine legale – und nach einer Kontrolle weg. Noch immer kommen Anzeigen durch, für viele Berufe darf jedoch kein BtM-„Vergehen“ im Führungszeugnis stehen!
Es geht also um mehr als darum, sich mit Freunden im Park zu treffen – das Verbot von Marijuana gefährdet die Freiheit und Existenz der Gebraucher. Von immer mehr Politikern hören wir also: „Das Verbot von Cannabis ist gescheitert, wir müssen daher legalisieren“.
Wie war es denn mit dem „Cannabiskontrollgesetz“ von Bündnis 90/Die Grünen im Oktober 2020? Im Bundestag sprachen sich zu dem Zeitpunkt die FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen für die Legalisierung
aus. Die FDP stimmte dennoch gegen dieses „Cannabiskontrollgesetz“. Immerhin blockierte Die Linke die Abstimmung nicht.
Wie wir in Ausgabe 3/21 auf Seite 23 in „Déjà-vu mit dem Marijuana Tax Act?“ berichteten, stellte die FDP im Frühjahr 2021 einen Antrag an die amtierende Regierung. Diese solle einen Entwurf für die Legalisierung von Cannabis ausarbeiten und zur Diskussion stellen. Die FDP-Anregungen enthalten neben Gen-Hanf die Besteuerung von 100 mg THC mit 10 Euro, also rund 10 bis 20 Euro für ein Gramm Marijuana nur an Steuern! Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke dürften in einer Abstimmung blockieren, CDU/CSU vielleicht nicht.
Bis zur Wahl waren wir also noch in der inhaltlichen Diskussion, innerhalb derer sich nicht einmal die Befürworter der Legalisierung einigen. Genau das könnte der Grund sein, weshalb die SPD sich, so gut es geht, aus dem Thema heraushält.
Wir wollen den Hanf unbedingt legalisieren, was wir aber genau wollen, wissen wir auch noch nicht. Daher versuchen wir mit unermüdlichem Zeitaufwand, dies in der bereits erwähnten inhaltlichen Diskussion zu klären. Viele denken inzwischen, dass wir uns viele Arbeitsplätze wünschen, damit wir endlich hohe Steuern bezahlen können, die wir dann in den Jugendschutz investieren. Selbst einige Befürworter der Legalisierung wissen anscheinend nicht, dass es uns zuallererst um unsere Freiheitsrechte geht.
Eine Legalisierung von Cannabis wird es in Deutschland nur durch eine Mehrheit im Bundestag oder ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts geben. Letzteres wählt beim Cannabis eher den kleinstmöglichen Schritt und die Umsetzung bliebe beim Bundestag. In diesem ist es leider üblich, sich gegenseitig zu blockieren oder Deals einzugehen, dem Motto nach: „Ihr zieht bei uns mit, damit wir beim nächsten Mal bei euch mitmachen“. Es ist also zu befürchten, dass die ganze Scheindebatte um Cannabis ein Lückenfüller und Wahlkampfthema ist. Politiker glänzen immerhin nicht durch Taten, müssen dennoch an ihrem Image arbeiten und drehen sich mit dem Meinungswind.
Wenn es international vorangeht, muss Deutschland wie beim Gesetz zu Cannabis als Medizin mitziehen. Auch bei dieser hoffentlich bald kommenden Legalisierung stellt sich die Frage, ob sie uns gefallen wird. Wir wollen unsere persönlichen Freiheitsrechte, dazu würde auch das Recht auf Eigenanbau gehören. Diesen im Alltag realisierbaren Selbstanbau will offenbar nur Die
Linke, welche sich allein niemals durchsetzen wird.
Auch die Abgabe an Konsumenten lässt sich durch Besteuerung und Überregulierung soweit erschweren, dass der Schwarzmarkt lacht. Wer würde schon 30 Euro für ein Gramm im Cannabis-Fachgeschäft oder der Apotheke bezahlen, wenn es auf dem Schwarzmarkt 10 Euro kostet? Selbst für Zigaretten gibt es bereits seit Jahrzehnten einen Schwarzmarkt. Wieso zahlen die Käufer nicht aus Vernunft auf dem regulierten Markt zu vollen Preisen?
Selbst überregulierte Konzepte wären dennoch besser als ein Totalverbot: Wer sich in der Freizeit mit ein paar Gramm erwischen lässt, kann diese behalten, ohne, dass etwas passiert.
Sicherlich: Eine verabschiedete Legalisierung lässt sich später noch nachbessern. Doch leider ist es sehr schwierig, einmal verhängte Extrasteuern wieder abzuschaffen. Auch die FDP fordert an anderen Stellen die Steuersenkung. Bei Alkohol, Tabak und wohl auch Cannabis sind hingegen schleichend steigende Steuersätze wahrscheinlicher.
Nicht nur ob, sondern auch wie ist deswegen wichtig. Je weniger, desto besser, weil Nachschärfen in Deutschland bekanntlicher Weise viel einfacher und schneller geht als Auflockern.
Selbst wenn nach der anstehenden Wahl doch alles sehr schnell ginge, sollten wir uns von der Legalisierung im ersten Moment noch nicht zu viel versprechen. Unsere Pharmaland-Politiker haben halt doch andere Interessen, als ihre Wähler und werden weiterhin von Kiffer-Psychosen fantasieren.
Text: Robert Brungert