Portugal baut medizinisches Cannabis an, aber (fast) nur für den Export
Portugal ist aufgrund seiner hervorragenden Bedingungen für den Anbau und die Verarbeitung einer der wichtigsten Exporteure von medizinischem Cannabis. Nur die Patienten im Land selbst haben kaum etwas davon.
Im Jahr 2023 hat Portugal 11 Tonnen medizinisches Cannabis exportiert, aber lediglich 17 Kg sind innerhalb des Landes verkauft worden. Warum diese unglaubliche Diskrepanz?
Der Hauptgrund dafür ist sicher, dass das Gesundheitssystem in Portugal anders funktioniert als hierzulande. Die Bürger haben nicht x Ärzte zur Auswahl, sondern in Portugal ist der allgemeine Hausarzt wohnortabhängig. Natürlich ist es möglich, den Hausarzt zu wechseln, sollte man völlig unzufrieden sein. Aber das ist vergleichsweise aufwändig und muss gut begründet sein.
Cannabis als Medikament ist bei den allermeisten Ärzten auch noch gar nicht angekommen. "Das Problem in Portugal ist, dass die Ärzte nichts über Cannabinoide wissen. Das ist immer noch sehr neu für sie", sagt Dr. Ana Rita Andrade über die in der Cannabispflanze vorkommenden Verbindungen. Die Allgemeinmedizinerin ist eine der wenigen Ärzte im Land, die sich mit medizinischem Cannabis auskennt. Sie gründete 2019 die Kanabclinic und berät bis zu 500 Patienten, die ihr oft von Kollegen überwiesen werden. Abends nach der Arbeit gibt sie in ihrem Haus südlich von Porto Online-Beratungen über medizinisches Cannabis.
Zudem gibt es in Portugal für Ärzte nur sieben Indikationen, bei denen Ärzte Cannabis verschreiben dürfen. Und das auch nur dann, wenn alle anderen medizinischen Möglichkeiten versagt haben. Chronische Schmerzen, Epilepsie oder Multiple Sklerose gehören dazu. Aber daher agieren in der Praxis die meisten Patienten als ihre eigenen Ärzte und kaufen Cannabis weiterhin auf dem Schwarzmarkt.
In eine ähnliche Richtung geht es in Portugal auch mit anderen Medikamenten. Nicht selten hat man zur Apotheke seines Vertrauens eine wesentlich engere Bindung als zum Arzt. So dass man viele Medikamente ohne Verschreibung in der Apotheke bekommt. Cannabis gibt es halt kaum in Apotheken.
Nichtsdestotrotz ist Portugal für viele Cannabisfirmen interessant. Denn hier können sie bei guten klimatischen Bedingungen und guten Böden Cannabis anbauen. Cannabis, das dann wieder in anderen Teilen der Welt auf den Markt kommt. So liberal das Land auch ist, und die Drogengesetze des Landes gehören zu den liberalsten in Europa: In Sachen Cannabis als Medizin besteht noch eine Menge Nachholbedarf. In Portugal noch mehr als beispielsweise in Deutschland.
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