Erste Cannabis-Lieferung von Marokko in die Schweiz

Mercedes.Frank
16 Jul 2024

Marokko, wo einige der besten Haschischsorten der Welt produziert werden, hat die erste Lieferung von legalem Cannabis in die Schweiz vorgenommen. Das nordafrikanische Land hat auch andere europäische Märkte für sein Cannabis im Visier. Cannabisexporte nach Europa könnten Marokko in den kommenden Jahren zwischen 400 und 650 Millionen Dollar einbringen.


Es ist das erste Mal, dass Marokko eine legale Lieferung von Cannabis ins Ausland vornimmt. Bei der Ausfuhr handelt es sich um Harz mit weniger als 1 % THC. Der Verkaufspreis lag zwischen 1.400 und 1.800 Euro pro Kilogramm. Die Lieferung ging in die Schweiz, wie die französische Tageszeitung Le Monde berichtet.

Über die Cannabislieferung wurde in der marokkanischen Lokalpresse ausführlich berichtet, wobei große Begeisterung und große Hoffnungen für den im Entstehen begriffenen Sektor geäußert wurden und was dies für das Geschäft privater marokkanischer Akteure bedeuten könnte, schrieb Le Monde. Marokko hat die Verwendung von Cannabis für medizinische, pharmazeutische und industrielle Zwecke legalisiert, nachdem die Pflanze sechs Jahrzehnte lang komplett verboten war.

Die neue Gesetzgebung hat privaten Investoren mehr Freiheiten eingeräumt, und in dem nordafrikanischen Land gibt es inzwischen über hundert Cannabisbetriebe. Das macht Marokko zu einem bedeutenden künftigen Konkurrenten auf dem weltweiten Markt für medizinisches Cannabis, dessen Wert laut dem amerikanischen Investmentfonds Insight Partners bis zum Jahr 2028 auf 50 Milliarden Dollar geschätzt wird.

Nach Angaben des marokkanischen Verbands für pharmazeutische Industrie und pharmazeutische Innovation könnten die jährlichen Einnahmen aus medizinischem Cannabis Marokko innerhalb der nächsten vier Jahre rund 500 Millionen Dollar einbringen. Eine andere Prognose besagt, dass Marokko einen Anteil von 10 bis 15 % am europäischen Cannabismarkt erreichen kann. Die erste legale Cannabisernte in Marokko im Jahr 2023 belief sich auf fast 300 Tonnen. Für den Anbau wurden mehr als zwei Millionen Samen aus Europa importiert, während die Anbauer mit der extremen Hitze im Land während des Sommers zu kämpfen hatten.

Die marokkanischen Interessen in Europa beschränken sich nicht nur auf die Schweiz, wo vor kurzem der erste legale Export abgeschlossen wurde. Marokkanische Unternehmen interessieren sich auch für andere Länder, in denen es Pilotprogramme gibt, wie Deutschland, Dänemark, Italien und Frankreich. Auch andere europäische Länder haben ein Interesse an Marokko. So sind beispielsweise französische Unternehmen an der marokkanischen Genossenschaft Bio Cannat beteiligt, die einen Teil des in die Schweiz exportierten Cannabis verarbeitet.

Bio Cannat behauptet, ein Dutzend Produkte bei marokkanischen Labors registriert zu haben, und dass weitere dreißig Produkte in nächster Zeit auf den Markt gebracht werden sollen. Bei den meisten Produkten handelt es sich um Nahrungsergänzungsmittel auf CBD-Basis sowie um Kosmetika, die zu verschiedenen therapeutischen Zwecken eingesetzt werden können, etwa zum Stressabbau oder zur Behandlung von Hautkrankheiten. Einige dieser Produkte sind seit dem 1. Juni in marokkanischen Apotheken erhältlich.

Marokkos Cannabis-Potenzial kann die lokale Wirtschaft stärken

Die marokkanischen Behörden haben das Cannabisverbot aufgehoben, um das auf 15 Milliarden US-Dollar geschätzte Cannabis-Potenzial des Landes zu nutzen, berichtet The New Arab.  Zu den ehrgeizigen Projekten, die von der Regierung überwacht werden, gehört der Bau moderner Cannabisverarbeitungsanlagen in den Regionen im Norden Marokkos, die seit jeher für die Produktion von hochwertigem Harz bekannt sind. Das Hauptziel der neuen Zuchtanlagen ist die Produktion von Cannabidiol. Jede Anlage soll spezialisierte Bereiche für die Extraktion, Trennung, Reinigung, Herstellung, Verpackung und Etikettierung von CBD umfassen. Die Anlagen sollen umweltfreundlich arbeiten, um die Verschmutzung zu minimieren.

Ein wichtiger Sponsor dieses speziellen Projekts ist die Northern Regions Development Agency (ADRN), die bereits ein Budget von 1.702.000 Dirham (rund 160.000 Euro) für die erste Anlage in Al-Hoceima, einer der für den Anbau vorgesehenen Regionen, bereitgestellt hat, wie The New Arab berichtet. Das Projekt ist Teil einer breiteren nationalen Strategie zur Regulierung und zum Aufbau des legalen Cannabissektors in Marokko.

Seit 2021 haben die marokkanischen Aufsichtsbehörden fast 3.000 Lizenzen für Anbauer, Verarbeiter, Hersteller und andere wichtige Akteure im lokalen Cannabiz vergeben. Viele dieser Lizenzen wurden an Landwirte im Norden vergeben, die bereits seit Generationen über Wissen und Erfahrung mit dem Anbau von Cannabis verfügen und aufgrund ihres Berufs oft mit Armut und Unterdrückung konfrontiert waren.

Die neue Gesetzgebung für Cannabis dürfte den Lebensunterhalt der Landwirte verbessern, obwohl die größere Herausforderung darin besteht, den illegalen Handel einzudämmen. Derzeit gibt es immer noch Landwirte, die ihre Erzeugnisse auf dem Schwarzmarkt anbieten, entweder weil sie dem staatlichen Plan nicht trauen oder weil sie wirtschaftlich darauf angewiesen sind.

Dies sind zwar beachtliche Fortschritte in der marokkanischen Cannabisszene, aber der Freizeitkonsum der Pflanze ist nach wie vor gesetzlich verboten. Die Strafen für Verstöße gegen die Cannabisregeln sind nach wie vor streng. Wer beispielsweise beim Konsum von Cannabis erwischt wird, kann mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Nachfrage nach Cannabis für den Freizeitkonsum ist jedoch ungebrochen, in Marokko wie auch anderswo auf der Welt. Die marokkanischen Behörden werden die Regeln für den Cannabiskonsum hoffentlich in naher Zukunft ebenfalls lockern wollen. Bis dahin können wir nur davon ausgehen, dass der Schwarzmarkt weiterhin florieren wird.

Siehe dazu auch

Marokko - Wiege des Haschischs

Marokkos Fortschritte beim Anbau für medizinisches Cannabis

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