Das Ende des "War on Drugs"?

Valentina Lentz
14 Sep 2022

Nach der Entkriminalisierung des Privatgebrauchs und der Legalisierung von medizinischem Cannabis, möchte der neue Präsident Kolumbiens nun während seiner Amtszeit sowohl Cannabis als auch Kokain legalisieren.


Im Juni setzte sich der studierte Volkswirt Gustavo Petro in einer Stichwahl gegen seinen Kontrahenten, den Millionär Rodolfo Hernández, durch und wurde somit erster linksgerichteter Präsident Kolumbiens. Zu seinen Reformplänen zählen allerdings nicht nur die Förderung erneuerbarer Energien oder die Einführung höherer Steuern für Vermögende, sondern eben auch die Legalisierung von Cannabis und Kokain. Schon lange kritisierte der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá den von Richard Nixon vor über 50 Jahren begonnenen "War on Drugs" und erklärte diesen schon bei seiner Antrittsrede als gescheitert. "Umfassender Frieden ist möglich, wenn wir z.B. die internationale Anti-Drogen-Politik ändern", so der Präsident, der schon während des Wahlkampfs häufig für seine Guerillavergangenheit als Mitglied der Rebellengruppe M-19 kritisiert wurde.

Mit Blick auf das autoritär geführte Nachbarland Venezuela gibt es natürlich Bedenken gegenüber der linken Mehrheit im Parlament und deren Bestrebungen, doch der Wunsch nach Veränderung überwiegt in dem Land, das im Zuge der Drogenbekämpfung rund 1 Million Opfer zu beklagen hat. Dies spiegeln auch Umfrageergebnisse wider, denn 91% der Cannabis-Nutzer würden derlei Produkte auch weiter empfehlen und 63% sind der Meinung, dass die so gewonnen Verkaufssteuern die sozialen Investitionen anheben können. Dabei ist es durchaus eine Hürde in einem Land, das in Bezug auf Drogen mit einem historischen Stigma zu kämpfen hat, die aufstrebende legale Cannabis-Industrie in Gang zu bringen und die Menschen davon zu überzeugen.

So lautet der Vorschlag, die Wirtschaft rund um die zur Drogenherstellung verwendeten Pflanzen aufzubauen und beispielsweise den Kokablättern im Rahmen der Medizin eine neue Verwendung zu ermöglichen. Aktuell stammt mehr als die Hälfte des weltweit konsumierten Kokains aus Kolumbien, eine Tatsache, die auch durch Friedensverträge mit der Guerillaorganisation FARC oder die weltweite Corona-Krise, nicht geschmälert werden konnte. Seit 2001 haben allein die USA 13 Milliarden Dollar für militärische Einsätze in Kolumbien ausgegeben, um z.B. die Ernte durch das Einsetzen von Glyphosat aus Hubschraubern heraus zu zerstören. Doch genau das möchte der Präsident in Zukunft verhindern und den Bauern ein sicheres Einkommen verschaffen.

Auch für Cannabis herrscht in Kolumbien ein sehr günstiges Klima, das es dem Staat ermöglichen sollte große Mengen zu sehr niedrigen Preisen anbauen zu können und somit seinen Platz als eines der führenden Länder auf dem legalen Cannabismarkt einzunehmen. Bestenfalls soll es den Bauern in Zukunft möglich sein, Cannabis ganz ohne Lizenz, so wie es für andere Lebensmittel üblich ist, anbauen zu dürfen, damit der Gewinn in ihre Hände und nicht die von multinationalen Konzernen fließt. Dass diese Vorstellungen eine Bedrohung für verschiedene mächtige Interessengruppen darstellt zeigen u.a. die abwehrende Haltung der USA - obwohl dort ja längst in verschiedenen Bundesstaaten der Freizeitmarkt für Cannabis freigegeben ist - aber auch die zahlreichen Polizistenmorde, die seit Anfang des Jahres von den Drogenkartellen begangen wurden, um die Stärke der organisierten Kriminalität nochmals zu demonstrieren.

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Valentina Lentz