Cannabis als Rap-Game-Gimmick

Frank Brandse
24 Nov 2021

Mitte August gab Sen Dog, der Co-Lead-Rapper der legendären HipHop-Band Cypress Hill dem US-amerikanischen High Times Magazine ein ausführliches Interview. Wir präsentieren Euch hier seine interessantesten Aussagen.


Bereits vor 30 Jahren erschien das Debütalbum von Cypress Hill, und Sen Dog fühlt sich immer noch gesegnet: "Es ist irgendwie surreal, dass wir jetzt 30 Jahre geschafft haben, eigentlich hatten wir nicht damit gerechnet, dass unsere Karriere so lange andauern wird. Unser ursprüngliches Konzept war, innerhalb von fünf oder sechs Jahre zwei Alben herauszubringen und damit ein bisschen zu touren. Niemand glaubte damals an die Langlebigkeit von Hip-Hop."

 

Auf das Gerücht angesprochen, er habe B-Real im Kindesalter den ersten Joint geschenkt, erklärte Sen Dog: "Ich selbst habe schon mit 12 angefangen, Gras zu rauchen, aber erst mit 17 oder 18 rauchte ich dann täglich. Zu dieser Zeit wollte es B-Real dann auch einmal versuchen. Ich glaube, er hatte zuvor schon einen Versuch mit ganz schwachem Weed gemacht, aber ich hatte an jenem Tag eine ziemlich starke Sorte dabei: Chocolate Thai Weed. Jedenfalls war ich gerade auf dem Weg zur Arbeit und hatte einen Joint für den Feierabend dabei, aber B-Real überredete mich, ihn doch schon vorher - und zwar direkt mit ihm - zu rauchen. Als ich danach zur Arbeit ging, sah ich ihn auf der Veranda meiner Mutter stehen. Ich fragte mich, ob es ihm gut geht - und ungefähr neun Stunden später kam ich zurück und er stand immer noch auf der Veranda meiner Mutter. Ich fragte: 'Hey Mann, geht es dir gut?' Er sagte: 'Ja, Mann, ich hab hier nur auf dich gewartet.' Daraufhin ich: 'Wie jetzt? Den ganzen Tag, genau hier?' Und er nur so: "Yeah". Aber ich konnte das schon verstehen - er war einfach mega-stoned, weil ich mit ihm sein erstes richtig gutes Stückchen Gras geraucht hatte."

Natürlich kam in dem Interview auch Sen Dogs Weg zum Hip-Hop zur Sprache, denn er erzählte sie aus erster Hand: "Ich war in der 11. Klasse auf einer Party, und da war dieser Junge namens Porky, der als einer der schlimmsten Pop-Fans bekannt war.

Er kam aus Compton oder so und wollte an diesem Tag nicht zu Popmusik singen, nein - er wollte rappen. Damals kam noch der ganze Rap von der Ostküste. Das war lange vor Ice-T, also dachte ich mir: 'Wow, kann das jeder? Ich dachte, man muss dafür aus New York sein.'

 

Es dauerte nicht lange, und ich rappte zusammen mit meinem Bruder auf Run DMC-Songs, die im Radio gespielt wurden. So haben wir schließlich unsere erste kleine Rap-Gruppe gegründet und eines Tages dachten wir dann: 'Scheiß drauf, lass uns unseren eigenen Scheiß schreiben!' Von da an bewegte sich der Ball weiter und wir drehten uns den ganzen Tag, jeden Tag um Hip-Hop. Wenn wir nicht selber was aufnahmen, schauten wir uns die Auftritte von unseren Lieblingsjungs an. Wir haben einfach alles getan, was wir tun mussten, um Teil der Szene zu werden."

Sen Dog

Auf die obligatorische Frage, ob - und wenn wie - Cannabis ihn kreativ beeinflusst hat, erklärte der Rapper: "Als ich anfing, stoned zu werden, war es nur das: Stoned werden und sich trippig fühlen. Dann habe ich mich mit Cheech- und Chong-Filmen und ihrer Band beschäftigt und war unterschwellig davon begeistert, wie kreativ diese Jungs waren. Die Leute sagen ja immer, wenn du ein Kiffer bist, dann bist du ein Stubenhocker - aber ich habe Cheech und Chong gesehen, und die waren übertrieben kreativ.

 

Also muss, so erkannte ich, dieses ganze Couch-Potato-Vorurteil Quatsch sein. Als ich dann anfing zu rappen, war ich nicht bekifft oder so, aber irgendwann wurde Gras zu meiner alltäglichen Praxis, es wurde zu mehr als nur Stoned-Werden und Albern-sein. Das Kiffen förderte meine Kreativität. Wenn wir im Studio sind und dort für unsere Musik brennen, dann sind WIR vor Ort. Wir sind Cypress Hill. Und Cannabis war schon immer ein wichtiger Teil von uns. Muggs erklärte mir dann eines Tages, er wolle mich und B-Real zu den Cheech & Chong des Hip-Hop machen. Dazu muss man wissen: Damals hatten wir noch kein spezielles Gimmick. Run DMC hatten ihren eigenen, ganz unverwechselbaren Look, Public Enemy waren sowas wie die Black Panthers, die Beastie Boys waren wilden Typen und LL war eh der Böseste. Und wir waren einfach nur gute Rapper und hatten noch kein spezielles Gimmick oder so was.

 

Als Muggs mir das dann erzählte, brauchte ich erstmal eine Weile, um mich an diese Idee zu gewöhnen, aber schließlich dachte ich: 'Okay,

 

Muggs hat Recht - lass uns das versuchen!' Folglich wird Cypress Hill immer aus Cannabis-Aktivisten bestehen. Und wir waren auch schon diese Typen, noch bevor wir überhaupt wussten, dass wir es sind. So wichtig ist Cannabis für die Geschichte von Cypress Hill."

 

Text: M. Dog

F
Frank Brandse