Diabetes und Cannabis: Schutz oder Risiko für den Blutzucker

Mercedes.Frank
19 Dec 2025

Obwohl Cannabis oft mit dem „Heißhunger-Effekt“ (Munchies) assoziiert wird, deutet die wissenschaftliche Forschung auf eine komplexe, teilweise schützende Beziehung zwischen Cannabinoiden und dem Stoffwechsel hin. Besonders im Bereich von Typ-2-Diabetes zeigen Studien faszinierende Ansätze, wie das Endocannabinoid-System (ECS) den Blutzuckerspiegel und Entzündungsprozesse regulieren könnte.


Das „Cannabis-Paradoxon“: Weniger Diabetes trotz Kalorien-Plus?

Eines der interessantesten Phänomene in der Forschung ist das sogenannte Cannabis-Paradoxon. Statistisch gesehen haben regelmäßige Cannabiskonsumenten oft einen niedrigeren Body-Mass-Index (BMI) und einen geringeren Taillenumfang als Nicht-Konsumenten – und das, obwohl der Konsum oft die Kalorienaufnahme steigert.

Eine groß angelegte US-Studie mit über 11.000 Teilnehmern bestätigte, dass sowohl aktive als auch ehemalige Konsumenten ein deutlich geringeres Risiko aufweisen, an Diabetes mellitus zu erkranken. Forscher der Universität von Kalifornien (UCLA) vermuten, dass die entzündungshemmenden Eigenschaften der Pflanze hierbei eine Schlüsselrolle spielen.

 

Expertise: Dr. Franjo Grotenhermen über die Rolle des CBD

Der deutsche Mediziner Dr. Franjo Grotenhermen, eine europaweite Koryphäe für Cannabinoidmedizin, betont seit Jahren das Potenzial von Cannabidiol (CBD). In Tierversuchen konnte nachgewiesen werden, dass CBD die Häufigkeit von Diabetes bei Mäusen massiv senken kann (von 86 % auf 30 %).

Der Grund: Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Entzündungen die insulinproduzierenden Zellen zerstören. CBD wirkt hier immunmodulierend und kann den Krankheitsverlauf potenziell verlangsamen.

THCV: Das neue Hoffnung-Cannabinoid bei Insulinresistenz

Während THC appetitanregend wirkt, rückt ein anderes Cannabinoid immer mehr in den Fokus: THCV (Tetrahydrocannabivarin). Frühere Forschungen (u.a. von GW Pharmaceuticals unter dem Codenamen GWP42004) zeigten, dass THCV:

Den Nüchternblutzuckerspiegel senken kann.

Die Funktion der Betazellen in der Bauchspeicheldrüse verbessert.

Die Insulinsensitivität erhöht.

Im Gegensatz zu THC wirkt THCV in niedrigen Dosierungen appetitzügelnd, was für Typ-2-Diabetiker, die mit Übergewicht kämpfen, ein entscheidender Vorteil sein kann.

Risiken und Vorsicht im Alltag

Trotz der positiven Ansätze dürfen Diabetiker die Risiken nicht ignorieren:

  1. Hypoglykämie-Gefahr:Da Cannabis den Blutzucker bei manchen Menschen senken kann, besteht unter einer laufenden Insulintherapie die Gefahr einer Unterzuckerung.
  2. Munchies:Die durch THC ausgelösten Heißhungerattacken führen oft zum Verzehr von kohlenhydratreichen Snacks, was den Blutzuckerspiegel unkontrolliert in die Höhe treiben kann.
  3. Individuelle Reaktion: Wie Studien bereits vor Jahrzehnten zeigten, reagiert jeder Körper anders. Während bei einigen der Blutzucker sinkt, steigt er bei anderen leicht an.

Fazit: Ein Mosaik, das sich langsam zusammensetzt

Die Forschung steht 2025 an einem spannenden Punkt. Mit der Teil-Legalisierung durch das CanG in Deutschland wird der Zugang zu medizinischem Cannabis für Patienten mit diabetischen Begleiterkrankungen (wie neuropathischen Schmerzen) erleichtert. Dennoch ist Cannabis kein „Wundermittel“ gegen Diabetes, sondern ein potenzieller Begleiter in einer ganzheitlichen Therapie, der streng ärztlich überwacht werden muss.

Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und ersetzt keine professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung. Cannabis kann die Wirkung von Diabetes-Medikamenten (insb. Insulin) beeinflussen. Konsultieren Sie vor der Anwendung zwingend Ihren behandelnden Arzt.

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Mercedes.Frank