Comeback der Hanffaser in Europa

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war Hanf in Europa allgegenwärtig. Und das gar nicht mal so sehr als berauschende Substanz, sondern vielmehr Basis für Textilien. Segel, Taue, Klamotten… aus Hanf lassen sich robuste und langlebige Stoffe herstellen.
Das hat sich im 20. Jahrhundert stark geändert. Nicht zuletzt aufgrund des Siegeszuges der Baumwolle und später synthetischer Fasern, aber vor allen des uns von der Werbung eingetrichterten „immer neu“-Dogmas ist, die Hanffaser fast vollständig verschwunden. Billigere und weniger langlebige Textilien passen einfach weitaus besser in dieses Wirtschaftssystem. Die Einstufung von Cannabis als Droge hat ihr Übriges getan.
Das ändert sich glücklicherweise wieder. Denn die Hanffaser wird in der Textilindustrie und Modewelt wieder stärker nachgefragt. Die Gründe dafür sind Strapazierfähigkeit, Langlebigkeit und Atmungsaktivität. Darüber hinaus sind Hanffasern hypoallergen und hautfreundlich. All das macht Hanf für die nachhaltige Mode, die ja nicht weniger wird, interessant. Das gleiche gilt für Heimtextilien wie Gardinen, Bettwäsche oder Polsterstoffe.
Auch das Konsumverhalten hat sich in den letzten Jahren verändert. Für immer mehr Menschen spielen Kriterien wie Langlebigkeit oder Nachhaltigkeit (was immer das genau ist) eine Rolle. Und die erfüllt die Hanffaser besser als alle anderen Textilfasern. Die Ökobilanz ganz allgemein ist weitaus besser als bei Baumwolle, speziell was den Wasserbedarf angeht. Und gegenüber synthetischen Fasern ist die Produktion weit weniger umweltschädlich.
Neue Verarbeitungsmethoden ermöglichen die Erstellung weicherer und vielseitiger einsetzbarer Hanffasern. Reißfestigkeit und Schimmelresistenz sind zudem von Bedeutung für Geo-Textilien, den Fahrzeugbau und das Bauwesen. Es gibt also viele Bereiche, in denen Hanffasern sinnvoll genutzt werden können.
Allerdings benötigt es dafür hierzulande noch den politischen Willen und Investitionen. In beiden Bereichen ist noch eine Menge Luft nach oben. In anderen Ländern ist man da schon weiter. In Frankreich oder Österreich gibt es schon große Verarbeitungsanlagen, die hierzulande noch nicht vorhanden sind. Entweder wegen zu hohen bürokratischen Hürden oder zu hoher Investitionskosten.
Förderungen wären aber schon wegen der aufwendigen und technisch komplexen Verarbeitung von der Pflanze bis zum Garn wünschenswert. Die Hanfverarbeitung benötigt eine eigene, derzeit noch nicht vorhandene Infrastruktur. Die wir aufgrund des steigenden Bedarfs der Textilindustrie aber notwendig sein. Und weiterhin zu importieren, ist nicht unbedingt im Sinne von Arbeitsplätzen und kurzen Wegen. Die Möglichkeiten sind hierzulande jedoch vorhanden. Es ist höchste Zeit, diese auch zu nutzen.
Siehe auch
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