Europäischer Drogenbericht vorgestellt

Frank Brandse
22 Oct 2021

Unlängst wurde in Lissabon der Europäische Drogenbericht 2021 vorgestellt, danach ist der Konsum von Cannabis und anderen psychoaktiven Substanzen während der Corona-Krise weiter angestiegen. Nur beim "Partysetting" wurde ein Rückgang verzeichnet, dafür gibt es wieder mehr verunreinigtes Gras.


 

Seit Anfang 2020 hat sich die COVID-19-Pandemie dramatisch auf unsere Lebensweise ausgewirkt. Auch die Herstellung, der Handel, der Vertrieb und der Konsums von Drogen sind von dieser Krise betroffen. Der aktuelle Europäische Drogenbericht bietet einen Überblick über diese Entwicklung und stellt (unterstützt vom "Statistical Bulletin") die jeweils aktuellen Daten und Statistiken der verschiedenen nationalen Partner vor.

Im Juni hat die EMCDDA (Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht) den Europäischen Drogenbericht 2021 veröffentlicht. Dieser enthält neben aktuellen Daten zur Situation illegaler Drogen in der Europäischen Union (27 Staaten) auch Daten aus Norwegen und der Türkei. Der Bericht gibt einen Überblick über die neuesten Zahlen zu Drogenkonsum und Trends, Angebot und Märkten sowie Prävention, Schadensminimierung, Behandlung und Strafverfolgung. Danach haben 28,9 % Prozent der europäischen Bevölkerung (ca. 83 Millionen Menschen) schon einmal illegale Drogen konsumiert. Die am häufigsten konsumierte illegale Droge ist und bleibt natürlich Cannabis mit geschätzten 22,2 Millionen Menschen zwischen 15 und 64, die Cannabis im letzten Jahr konsumierten. Dazu gehen die Zahlen in den verschiedenen Ländern aber stark auseinander - während auf Malta nur 4 % der Bevölkerung schon einmal Cannabis probiert haben, sind es in Frankreich 45 %.

 

Während der Pandemie hat sich auch der illegale Drogenmarkt verändert: Weniger Straßenverkäufe, dafür mehr Onlinehandel und eine stärkere Nutzung privater Messenger-Dienste. Im Bereich der organisierten Drogenkriminalität erfolgte ein Umschwung von den Handelswegen per Land auf Seewege mithilfe von Containerschiffen. Dazu erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig: "Die Pandemie hat auf fast alle Bereiche unserer Gesellschaft massive Auswirkungen. Nicht nur in Deutschland, überall. Der vorliegende Bericht zeigt erstmalig, wie sich der Konsum illegaler Drogen in Europa verändert hat. Diejenigen, die bereits vor Corona konsumiert haben, haben eher mehr konsumiert. Bei den Gelegenheitskonsumenten beobachten wir jedoch einen Rückgang. Ebenso - hervorgerufen durch diverse Lockdowns - einen massiven Rückgang beim Konsum im Party- und Nachtleben. Wichtiger denn je ist es, diese Trends im Auge zu behalten und weiter volles Engagement sowohl bei der europäischen, als auch bei der weltweiten Zusammenarbeit im Vorgehen gegen illegale Drogen zu zeigen. Das gilt gleichermaßen für Prävention, aber auch für die Strafverfolgung."

 

Die Leiterin der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, Esther Neumeier erklärte: "Wir haben mit dem Europäischen Drogenbericht einen ersten Einblick bezüglich der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Drogenkonsum und die Drogenmärkte. Dennoch fehlen uns detailliertere Daten, beispielsweise zur Situation Wohnungsloser, Menschen mit finanziellen Problemen oder zum Konsum der Jugendlichen. Wir brauchen für die Zukunft belastbare Daten, um Entwicklungen, die während der Pandemie stattgefunden haben und vielleicht auch weiterhin stattfinden abzubilden, damit in der Praxis entsprechende Hilfen gestellt

werden können.

 

Der Umgang mit den 'Corona-Folgen' wird uns noch einige Jahre beschäftigen."

Auch der Direktor der EMCDDA, Alexis Goosdeel, meldete sich im Europäischen Drogenbericht zu Wort - und zwar auf die Frage, welche Lehren aus dem diesjährigen Bericht zu ziehen sind: "Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Daten des EDB 2021 zeigen, wie stark sich die Drogensituation in den letzten 25 Jahren verändert hat.

 

Die Ereignisse des vergangenen Jahres zeigen auch, dass rasch reagiert werden muss, weshalb wir unsere Fähigkeit zur frühzeitigen Erkennung von Bedrohungen verbessern müssen, die sich aus einem immer dynamischeren und anpassungsfähigeren Drogenmarkt ergeben."

 

Auch der Trend zum heimischen Cannabis-Anbau (der teilweise auf Ausgangsbeschränkungen zurückzuführen ist) hat sich 2020 fortgesetzt.

 

"Sorge bereitet dagegen die Zunahme der Berichte über Cannabis, welches durch synthetische Cannabinoide verfälscht wurde. Die treibende Kraft für diese Entwicklung ist nicht bekannt, sie könnte aber sowohl den Mangel an Cannabis im Zusammenhang mit der Pandemie als auch - möglicherweise in einigen Ländern - kriminelle Gruppen widerspiegeln, die die Verfügbarkeit von Produkten mit geringem THC-Gehalt ausnutzen, die sich vielleicht nur schwer von Cannabis unterscheiden lassen, welches auf dem Drogenmarkt verkauft wird. Jedes Szenario, in dem Menschen unwissentlich synthetische Cannabinoide konsumieren, ist angesichts der Toxizität einiger dieser Substanzen besorgniserregend, wie das Auftreten von über 20 Todesfällen im Zusammenhang mit dem synthetischen Cannabinoid 4F-MDMB-BICA im Jahr

2020 zeigt."

 

Die Verunreinigung von Schwarzmarkt-Gras mit synthetischen Cannabinoiden ist zu einem immer größeren Problem geworden.

Dazu erklärte EMCDDA-Direktor Alexis Goosdeel: "Synthetische Cannabinoide und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken verkomplizieren das Bild noch weiter, was sich an den Todesfällen im Jahr 2020 im Zusammenhang mit dem Konsum dieser Substanzen und der Tatsache ablesen lässt, dass wir kürzlich öffentliche Gesundheitswarnungen herausgeben mussten, die davor warnen, dass natürliche Cannabisprodukte auf dem Markt vorhanden sind, die mit hochwirksamen synthetischen Cannabinoiden verfälscht wurden.

 

" Im letzten Jahr wurden insgesamt 46 neue synthetische Substanzen festgestellt, was die Gesamtzahl der (der EMCDDA bekannten) Neuen Psychoaktiven Substanzen auf über 830 ansteigen ließ.

 

Ein Grund mehr, sein eigenes (sauberes) Gras anzubauen.

 

Text: M-Dog

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Frank Brandse