Wie wirkt Cannabis bei Diabetes?
Informiert man sich über den Einfluss von Cannabinoidmedizin auf die Zuckerkrankheit, so stößt man auf diverse Thesen: Kiffer bekommen seltener einen Diabetes, Hanf rauchen kann im Einzelfall den Blutzucker senken, aber auch ansteigen lassen, Cannabis-Konsumenten haben in aller Regel einen besseren Body Mass Index (BMI) und sind somit schlanker als Menschen, die ohne Hanf leben, und Cannabis wirkt entzündungshemmend, was ebenfalls für Diabetiker von großem Vorteil sein kann.
Hanf und Diabetes: Wirkt Cannabis bei Zuckerkrankheit?
Recherchiert man weiter und konsultiert auch die wissenschaftliche Literatur, wird schnell klar, dass all diese Thesen sich unterm Strich in zwei Hauptthemen vereinen: den günstigen Einfluss des Cannabiskonsums auf die Entstehung eines Diabetes und die vermeintliche Beeinflussung des Blutzuckerhaushalts durch Cannabis. Gerade beim zweiten Punkt herrscht große Verwirrung, vor allem unter Betroffenen. Gehen wir die Sachlage einmal durch. Wir haben im deutschsprachigen Raum das Glück, eine echte Koryphäe auf dem Gebiet der Cannabis- und Cannabinoidmedizin unter uns zu wissen: Der Mediziner Dr. Franjo Grotenhermen aus Rüthen (Kreis Soest, Nordrhein-Westfalen) hat sich auf genau dieses Gebiet spezialisiert, wegweisende Forschungsarbeiten unterstützt und entsprechende Buchveröffentlichungen vorgelegt. Grotenhermen hat eine Vielzahl erhellender Artikel in diversen Magazinen verfasst – unter anderem zum Themenkreis Cannabis und Diabetes. Und auch in den USA ist das Thema bereits Objekt interessanter Forschungsarbeit gewesen. Grotenhermen berichtet in einem Artikel: „In einer großen amerikanischen Studie mit etwa 11.000 Teilnehmern litten Cannabiskonsumenten seltener an der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Sowohl ehemalige als auch aktuelle Konsumenten hatten im Vergleich mit Personen, die nie konsumiert hatten, ein deutlich erniedrigtes Diabetes-Risiko. Die Wissenschaftler von der Universität von Kalifornien in Los Angeles, die die Studie durchführten, vermuten, dass die entzündungshemmende Wirkung von Cannabis dafür verantwortlich sein könnte. Es ist bekannt, dass eine verstärkte Entzündungsaktivität neben anderen Faktoren, wie beispielsweise Übergewicht, die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung der Zuckerkrankheit im Laufe des Lebens erhöht". Die Ergebnisse dieser Studie sind vielsagend und plakativ. Wie aber kommt es, dass Cannabis sich positiv auf die Entwicklung eines Diabetes auswirkt? Diese Frage kann mit letztendlicher Sicherheit bis heute nicht beantwortet werden. Möglicherweise ist es, wie oben erläutert, die entzündungshemmende Wirkung diverser Cannabinoide, zum Beispiel des Cannabidiol (CBD). Das wurde auch im wissenschaftlichen Tierversuch herausgefunden. So hatten zum Beispiel israelische Forscher nachweisen können, dass CBD bei Tieren eine Verschlimmerung des Krankheitsverlaufs bei Diabetes Typ I mindern kann. Es kann aber auch dafür sorgen, dass Diabetes gar nicht erst entsteht: „Mäuse, die im Alter von 6 bis 12 Wochen 10 bis 20 Injektionen von CBD (5 mg pro Kilogramm Körpergewicht) erhalten hatten, wiesen eine signifikant auf 30 Prozent reduzierte Häufigkeit von Diabetes gegenüber 86 Prozent in der unbehandelten Kontrollgruppe auf“ (Grotenhermen). Bereits vor mehr als 50 Jahren hatte eine amerikanische Studie mit 52 freiwilligen Probanden ergeben, dass Hanfgenuss den Blutzuckerhaushalt nicht wesentlich verändert. Bei gerade mal 18 Patienten konnten die Wissenschaftler eine leichte Senkung des Blutzuckers feststellen, bei 36 Probanden erhöhte er sich sogar, und beim Rest veränderte sich gar nichts. Weiter wird berichtet, dass auch nach dreitägigem Fasten der Blutzucker vom Cannabiskonsum sich nicht verändert und der Glukose-Toleranz-Test, der einen Diabetes bestätigen soll, ebenfalls nicht von Cannabis beeinflusst wird. Cannabis scheint in Bezug auf die Beeinflussung der Blutzuckerwerte individuell zu wirken. Weil aber der Themenkreis rund um Cannabis und Diabetes summa summarum noch nicht sonderlich gut erforscht ist, muss auch in diesem Fall ein großes Aber folgen, denn: „Kürzlich gab das britische Unternehmen GW Pharmaceuticals, das auch den Cannabisextrakt Sativex produziert, bekannt, eine kleine klinische Studie mit einem synthetischen Cannabinoid, das sie GWP42004 nennen, habe ergeben, dass es den Blutzuckerspiegel reduzierte und die Funktion der Insulin produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse verbessere“ (Grotenhermen 2013). Dieses synthetische Cannabinoid könne, so Grotenhermen, dem CBD analog wirken. [bsa_pro_ad_space id=16] Wie ist das nun zu verstehen? Der Konsum von Hanfblüten, Hanfharz und anderen Cannabisprodukten scheint auf der einen Seite keine signifikante Schnittmenge an positiven Effekten auf den Zuckerspiegel zu haben, auf der anderen Seite ein einzelnes Cannabinoid aber sehr wohl? Und wir vergessen nicht die amerikanische Studie, die besagt, dass Cannabiskonsum offenkundig auf gewisse Weise vor dem Diabetes schützt. Und wenn es stimmt und GWP42004 und in der Folge möglicherweise vielleicht sogar reines CBD diese Auswirkungen auf den Blutzuckerhaushalt haben, kann dann ein Diabetes bzw. eine Therapie dieser Erkrankung günstig durch diese Cannabinoide beeinflusst werden? Möglicherweise ja. Hier wird einmal mehr deutlich, wie sehr die wissenschaftliche Forschung in dieser Frage noch bemüht werden muss. Das Mosaik muss erst noch zusammengesetzt werden. Aber wir sind auf dem besten Wege. Literatur (Auswahl) Grotenhermen, F.: Cannabidiol reduziert die Entwicklung von Diabetes in einer tierexperimentellen Studie, Internet: www.cannabis-med.org, 2006 Grotenhermen, F.: Verwendung von Cannabis reduziert Diabetes-Risiko, Hanf Journal Februar 2013