Patienten gelackmeiert: Briefwechsel mit Marlene Mortler

Soft Secrets
01 Aug 2017

Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler und Dr. Franjo Grotenhermen

Marlene Mortler in Zugzwang? Seit diesem Frühjahr ist in Deutschland das neue Gesetz zum Umgang mit Cannabis als Medizin in Kraft getreten (Soft Secrets berichtete mehrfach darüber). Mit der Novelle sollte alles besser werden - und vor allem leichter. Cannabisblüten und -präparate können in der Theorie von Haus- und Fachärzten verordnet werden, allerdings weigern sich die Krankenkassen teils vehement, die Kosten für die Medikation zu übernehmen. Selbst von den ehemaligen Besitzern einer Ausnahmeerlaubnis von der Bundesopiumstelle zum Bezug von Apothekengras haben nur etwa 30 Prozent bisher eine Kostenzusage von ihrer Kasse erhalten, viele bekommen kein Kassenrezept - und der private Bezug von Apothekencannabis ist seit der Gesetzesreform derart teuer geworden (bis 44 Euro pro Gramm!!), dass es sich kaum jemand noch leisten kann, die Medizin aus eigener Tasche zu finanzieren. Dr. med. Franjo Grotenhermen ist Arzt und Fachmann in Sachen Cannabismedizin. Er hatte sich über Jahre dafür engagiert, dass das neue Gesetz zustande kommt. Jetzt ist es ein halbes Jahr gültig - und die Sachlage ist ernüchternd. Auch der Eigenanbau von Cannabis ist unter bedürftigen Patienten damit wieder Thema. Franjo Grotenhermen hat nun einen Brief unter anderem an die deutsche Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler verfasst, den wir hier auszugsweise zitieren: "Ich musste erkennen, dass die Bundesregierung ihr Wort nicht gehalten hat. Ich habe in den vergangenen Monaten festgestellt, dass vielen Personen, die über das Gesetz beraten haben, nicht bekannt war, dass seine Verabschiedung mit einer Preiserhöhung assoziiert ist. Diesen kann man nach meiner Ansicht einen entschuldigenden Rechtsirrtum zugutehalten – soweit sie entschlossen sind, das Gesetz zu korrigieren. Personen, die es gewusst haben, haben das vor dem 10. März nicht öffentlich kommuniziert. Werden Sie sich entschlossen dafür einsetzen, dass die Verteuerung der Medizinalcannabisblüten in der Apotheke durch eine Revision des Gesetzes zurückgenommen wird?" (Quelle) Die Antwort von Mortler: "Sehr geehrter Herr Grotenhermen, vielen Dank für Ihre Anfrage vom 25. Juni 2017, in der Sie das Gesetz Cannabis als Medizin und dessen Umsetzung in der Praxis ansprechen. Das Gesetz ermöglicht die Verschreibung von Arzneimitteln auf Cannabisbasis (getrocknete Blüten und Extrakte) und regelt die Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung. Bisher wurden Cannabisblüten an Personen mit einer betäubungsmittelrechtlichen Ausnahmeerlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte in der Apotheke in der Regel ohne Verarbeitung wie ein Fertigarzneimittel abgegeben. Da die Abgabe nun als Stoff oder Rezeptur erfolgt, führt dies nach den Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung zu Zuschlägen für die Verarbeitung und daher zu veränderten Kosten für die abgegebenen Cannabisarzneimittel. Diese Kosten werden aber bei schwerkranken Patienten laut Gesetz nach Genehmigung durch die Krankenkasse getragen. Auch die Private Krankenversicherung übernimmt die Kosten, wenn die Verschreibung der Arznei medizinisch angezeigt ist. Die Preisgestaltung der Apotheken hat auf die Patienten also keine Auswirkung. Mit freundlichen Grüßen Marlene Mortler" (Quelle) Und dann wieder die Antwort von Franjo Grotenhermen: "Sehr geehrte Frau Mortler, Sie verhalten sich so, wie man es von einem Politiker erwartet (und befürchtet). Sie beschreiben den status quo, so als hätten Sie keinen Einfluss darauf. Sie weichen aus und beantworten meine Frage nicht. Als Mitglied des Deutschen Bundestags und der Bundesregierung haben Sie die Möglichkeit, dazu beizutragen, die aktuelle Situation zu verbessern. Ich hoffe, dass Sie im Hintergrund daran arbeiten. Mit freundlichen Grüßen Franjo Grotenhermen" (Quelle) Wir sehen also: Franjo Grotenhermen ist weiter an der Sache dran. Er wird sich dafür einsetzen, dass das Gesetz entsprechend konkretisiert wird und Patienten nicht mehr ganz allein dastehen. Wer weitere Briefwechsel lesen möchte, um sich in dieser Sache auf dem Laufen zu halten, der surfe auf https://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=240#3
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