Ethnobotanik: Genüsse zur Weihnachtszeit
Im Lauf der Jahrtausende haben sich weltweit schamanische Rezepturen entwickelt, die für alle möglichen Zwecke zur Anwendung kamen und noch kommen. Dabei handelt es sich um schamanische Mischprodukte aus psychoaktiven oder anderen pharmakologisch aktiven Pflanzen, Pilzen und zuweilen auch Tieren und Mineralien. Zwei davon schauen wir uns hier an.
Sämtliche Rezepturen sind Überlieferungen traditioneller Zubereitungen der Ethnobotanik. Viele der verzeichneten Produkte können bei unsachgemäßer Verwendung zu gesundheitlichen Problemen führen. Insbesondere, weil die Kombination verschiedener psychoaktiver Organismen zu synergistischen Effekten führen kann. Deren Wirkung und Potenz können vom Laien nicht eingeschätzt werden.
Betelbissen
Die im asiatischen Kulturraum beliebten psychoaktiven Betelbissen enthalten als Grundlage drei Ingredienzien. Die Betelnuss Areca catechu, Blätter des Betelpfeffers Piper betle und gelöschten Kalk (heutzutage werden auch Betelmischungen angeboten, denen das Betelblatt fehlt).
Allerdings werden in den traditionellen Zubereitungen meist auch andere psychoaktive Pflanzen zugesetzt. Etwa Tabak, Kratom (Mitragyna speciosa), Opium und Haschisch.
In modernen Mischungen aber auch Coca (Erythroxylum coca), Muskatnuss (Myristica fragrans), Stechapfel (Datura spp.), Safran (Crocus sativus) und sogar Heroin und Amphetamin. Da wird die Ethnobotanik doch deutlich erweitert.
Betelbissen gelten in Asien als Genuss-, aber auch als Berauschungsmittel, z.B. im Rahmen ritueller Anlässe.
Kollege Christian Rätsch: „Anbieten und gemeinschaftliches Kauen von Betel können Partnerschaften festigen, Verhandlungen abschließen, Konflikte beenden und sind nicht selten fester Bestandteil von Friedensabschlüssen nach Fehden und Kriegen. Die Arekanuss ist geradezu das Symbol für Freundschaft und Frieden“ (Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, Seite 731).
Fertige Betelmischungen, die man in Indien käuflich erwerben kann, enthalten alle möglichen Zusätze, wie Parfüm, Sandelöl, Kardamom und andere.
Haoma: ein Mysterium
Was genau das mystische Haoma der alten Parsen ist, konnte bis heute nicht geklärt werden.
Klar ist, dass Haoma ein psychoaktiver Trank bzw. eine Rezeptur aus einer Haoma genannten psychoaktiven Stammpflanze gewesen war. Die in rituellem Kontext eingenommen wurde, z.B. zur Unterstützung des rituellen Stieropfers.
Haoma ist genauso sagenumwoben wie das Soma der Inder. Weil bis dato niemand weiß, welche Pflanze oder welche Pflanzenkombination mit Haoma genau gemeint ist. Ein möglicher Kandidat der Ethnobotanik ist die Steppenraute Peganum harmala, die im Irak noch heute Homa oder Hom genannt wird.
Auch das Meerträubel Ephedra könnte eine Rolle gespielt haben. Immerhin wurden im Rahmen archäologischer Grabungen Hinweise auf diese mögliche Tradition entdeckt.
So könnte Ephedra im Haomakult als Zusatz eines Bier ähnlichen Getränks gedient haben. Allerdings gibt das persische Buch „Arda Viraf“ aus dem 4. Jahrhundert Auskunft, dass Haoma eine eindeutig vivionäre Wirksamkeit gehabt haben muss. Das spräche gegen die Ephedra als Hauptkomponente.
Deshalb ist es durchaus möglich (und wird von Forschern angenommen), dass möglicherweise diverse Nachtschattengewächse (z. B. Mandragora und Hyoscyamus), der Fliegenpilz Amanita muscaria und/oder auch die Blüten von Cannabis indica als Ingredienz für Haoma genutzt wurden.