Er verlor ein Bein in Malta: "Wiedergeboren" dank Cannabis
Luciano Muscarella ist auf die Insel ausgewandert, um Koch zu werden. Doch ein schlimmer Unfall veränderte sein Leben grundlegend.
"Mir fehlt ein Bein, ich habe chronische Schmerzen. Dank des medizinischen Marihuanas kann ich auf alle anderen Medikamente verzichten." Er hat sein Bein bei einem Autounfall verloren und behandelte sich mit Cannabis. "Endlich kann ich es auch anbauen", sagt er. Luciano Muscarella ist ein junger Mann aus Palermo, der nach Malta ausgewandert ist und dieser Tage seine erste Ernte von therapeutischem Cannabis trocknet, das er zur Behandlung seiner Phantomschmerzen benötigt. Seit Anfang des Jahres ist auf dem Inselstaat im Mittelmeer der Anbau von bis zu vier Pflanzen legal.
"Für viele Menschen mag es absurd erscheinen, aber wenn man eine Gliedmaße amputiert bekommt, kann es passieren, dass man gerade an der fehlenden Gliedmaße starke und konstante Schmerzen verspürt", erklärt Muscarella. "In meinem Fall hat mein Gehirn 25 Jahre lang Nervenimpulse an mein Bein, meinen Knöchel und meine Zehen gesendet. Heute, da ich mein Bein nicht mehr habe, erlebe ich unkontrollierbare Krämpfe und sehr starke Schmerzen, die ich nur dank Cannabis endlich in den Griff bekommen habe."
Lucianos Weg ist einer, der vielen jungen Italienern bekannt ist, die, getrieben von der Notwendigkeit und der Suche nach einem besseren Job, beschließen, im Ausland ihr Glück zu versuchen. "Ich habe Koch gelernt, vor dem Unfall war ich Küchenchef", sagt Muscarella. "Nach einigen sehr enttäuschenden Erfahrungen in meinem Heimatland, insbesondere den niedrigen Gehältern, die weit unter meinen Erwartungen lagen, beschloss ich vor 10 Jahren, nach Malta zu ziehen, wo ich wusste, dass es ausgezeichnete Arbeitsbedingungen gibt."
Mit nur 22 Jahren und in kürzester Zeit konnte Luciano seinen Traum erfüllen und in der Gastronomie Karriere machen. "Ich hatte das Gefühl, auf einem anderen Planeten gelandet zu sein", fährt er fort. "Faire Löhne, sofortige Einstellung, Karrieremöglichkeiten, mit anderen Worten, alles, was ich in Italien nicht bekommen habe. Innerhalb kürzester Zeit arbeitete ich in Fünf-Sterne-Hotels und anderen Spitzenbetrieben". Doch eines Tages veränderte ein Unfall sein Leben. "Ich war Opfer eines schweren Rollerunfalls, der zur Amputation des linken Beins führte", sagt Muscarella. "Es war der 15. Juli 2015. Das Leben brach über mir zusammen. Nicht nur dass der Unfall meine Träume beendete, ich fand mich auch mit einer fehlenden Gliedmaße wieder, und musste mit vielen Medikamenten behandelt werden."
Sein Behandlungsplan beinhaltete Paracetamol, gegen das Muscarella allergisch ist, Antibiotika, Kodein gegen die Schmerzen und Schlaftabletten, um nachts etwas Ruhe zu bekommen. Lucianos Niedergeschlagenheit hielt an, bis er die wohltuende Wirkung von Cannabis entdeckte.
Er erzählt: "Eines Tages wurde mir Cannabis ins Krankenhaus gebracht. Ich kam im Rollstuhl herunter und rauchte nach etwa eineinhalb Monaten Abstinenz. Ich erinnere mich noch sehr gut an die allererste Wirkung. Nachdem ich einen Monat lang einen Katheter benutzt hatte, konnte ich endlich ohne Hilfe urinieren. Alle Muskeln waren entspannt, ich hatte keinen zusammengezogenen Unterleib und keine Schmerzen mehr. Meine düstere und traurige Stimmung verbesserte sich, ich brach sogar in schallendes Gelächter aus, obwohl es die dunkelste Zeit meines Lebens war. Ich ertappte mich dabei, wie ich ausrief: Wie können sie nur sagen, dass es eine Droge ist!".
Innerhalb kürzester Zeit konnte Luciano alle anderen Medikamente absetzen. In Malta ist es möglich, medizinisches Cannabis in Apotheken mit einem Rezept zu kaufen. "Ich hatte das Glück, Dr. Andrew Agius von der Schmerzklinik zu treffen", fährt er fort. "Er erklärte mir, wie ich Cannabis verwenden kann, wie man es einnimmt, und jetzt habe ich ein Rezept für etwa 1,5 Gramm pro Tag, die ich zur Bekämpfung chronischer Schmerzen nutze."
Das kürzlich verabschiedetet Anbaugesetzt ermöglicht es Luciano, mit der Eigenproduktion zu experimentieren. "Als ich die Nachricht hörte, konnte ich es nicht glauben", erklärt er triumphierend. "Ich gebe etwa 450 Euro (470 US-Dollar) im Monat für Cannabis aus, und jetzt kann ich unabhängig meine eigene Medizin herstellen, denn das ist es, worüber wir hier reden, eine Medizinbombe.
Vor wenigen Tagen habe ich meine erste Pflanze geerntet. Es kann nicht sein, dass Länder die Verwendung von Cannabis behindern, wir brauchen mehr Forschung, mehr Anwendungsgebiete, damit das, was ich erlebt habe, auch anderen Patienten helfen kann. Ich habe vier oder fünf Medikamente abgesetzt, und meine gesamte Therapie besteht aus der medizinischen Verwendung von Cannabis, einer Pflanze, die ich in meiner Wohnung anbaue."
Er fügt hinzu: "Es ist eine wunderbare Pflanze, die es mir ermöglicht hat, weiterzuleben, denn heute, nachdem meine Karriere als Koch unterbrochen wurde, betreibe ich zusammen mit meiner Partnerin einen Tante-Emma-Laden und habe auch dank der Prothese, die mir vom Nationalen Gesundheitsdienst zur Verfügung gestellt wurde, wieder gute Zukunftsaussichten."
Interview Marco Ribechi