Der Jugendrichter und das Cannabis: Karlsruhe soll prüfen

27 Apr 2020

Der aus Funk und Fernsehen bekannte "härteste Jugendrichter Deutschlands", Andreas Müller vom Amtsgericht Bernau bei Berlin, hat jetzt das Bundesverfassungsgericht angerufen, um das Cannabisverbot zu prüfen. Dies ist nach Ansicht Müllers verfassungswidrig. Der Jugendrichter setzt sich schon lange für eine Veränderung der in Deutschland gängigen Drogenpolitik ein.

Im September 2019 hatte Andreas Müller zwei Strafverfahren gegen Jugendliche ausgesetzt, die wegen Besitzes von geringen Mengen Cannabis verurteilt werden sollten, weil er die Strafverfolgung in diesen Fällen für nicht verfassungskonform erachtet.

Dazu findet sich auf der Website des Amtsgerichts Bernau folgende Presseerklärung:

Das Amtsgericht Bernau bei Berlin hat am 18. September 2019 zwei Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ausgesetzt und gemäß Artikel 100 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Strafrichter hat erklärt, dass er alle Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes für verfassungswidrig hält, soweit sie Cannabisprodukte nach der Anlage I zu § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtmG) mit der Folge aufführen, dass der unerlaubte Verkehr mit diesen Stoffen den Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterliegt. Hilfsweise hält er (zumindest) die Strafvorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG in der Alternative des Erwerbens i.V.m. Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 BtmG für verfassungswidrig.

http://www.ag-bernau.brandenburg.de

Andreas Müller hatte bereits 2002 die Rechtmäßigkeit des Cannabisverbots in Karlsruhe prüfen lassen. Damals kamen die Richter zu dem Schluss, dass auch der Besitz von geringen Mengen der Substanz verboten bleiben soll. 18 Jahre später versucht der Jugendrichter den Schritt nun erneut - diesmal unter anderen Vorzeichen, denn die Akzeptanz gegenüber Cannabis hat sich in der Gesellschaft deutlich gewandelt.

Die Richtervorlage von Andreas Müller umfasst insgesamt 140 Seiten und ist auf der Website des Amtsgerichts Bernau einzusehen und herunterzuladen. Der Deutsche Hanfverband (DHV) fordert auch andere Richter dazu auf, die Vorlage zu verwenden, um das Cannabisverbot hinterfragen zu lassen.

Die Begründung der Vorlage wird wiefolgt eingeleitet:

Seit bald einem halben Jahrhundert wird der Umgang mit Cannabis mit Ausnahme des bloßen Konsumierens durch das Betäubungsmittelgesetz in verschiedenen Ausprägungen unter Strafe gestellt. Dies deshalb, weil in der Anlage zum Betäubungsmittelgesetz sämtliche Cannabisprodukte aufgeführt wurden. Seit dem wurden in der Bundesrepublik Deutschland geschätzt weit über 10 Millionen strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Menschen geführt, die entgegen der bestehenden Gesetzeslageden Umgang mit Cannabis pflegten. Weit über eine halbe Million Menschen sind infolge der Prohibitionsgesetzgebung aufgrund von Verhängung von Freiheitsstrafen, Arrestenbzw. des Verbüßens von Ersatzfreiheitsstrafen inhaftiert worden.

http://www.ag-bernau.brandenburg.de/media_fast/4190/Vorlagebeschluss%20vom%2020.04.2020%20-%20anonymisiert%20-.pdf

Hier geht es zu Andreas Müllers Facebookseite: https://www.facebook.com/Jugendrichter.Andreas.Mueller/