Rausch und Heilung: Die Cannabiswirkstoffe

Soft Secrets
20 Nov 2017

Cannabis ist für seine Rauschwirkung und medizinischen Effekte gleichermaßen bekannt. Die verschiedenen Cannabispflanzen sind wirksam, weil sie zahlreiche Inhaltsstoffe beherbergen. Mit zu den wichtigsten gehören natürlich die Cannabinoide, derer bisher in den unterschiedlichen Cannabissorten über hundert Stück entdeckt worden sind. Die wichtigsten Cannabinoide sowie deren Geschichte und Eigenschaften schauen wir uns in diesem Artikel an.


Cannabis ist für seine Rauschwirkung und medizinischen Effekte gleichermaßen bekannt. Die verschiedenen Cannabispflanzen sind wirksam, weil sie zahlreiche Inhaltsstoffe beherbergen. Mit zu den wichtigsten gehören natürlich die Cannabinoide, derer bisher in den unterschiedlichen Cannabissorten über hundert Stück entdeckt worden sind. Die wichtigsten Cannabinoide sowie deren Geschichte und Eigenschaften schauen wir uns in diesem Artikel an. Insgesamt sind bislang über 110 Cannabinoide, über 200 Terpene sowie vielfältige Aminosäuren, Phenole, Alkaloide, Flavonoide, Steroide und andere Verbindungen in Cannabispflanzen nachgewiesen worden. Neben den Terpenen, die nicht nur für den Hauptteil des typischen Cannabisgeruchs verantwortlich sind, sondern ebenfalls verschiedene medizinische und psychoaktive Effekte aufweisen, gilt das besondere Augenmerk den klassischen pflanzlichen Cannabinoiden. Ähnliche Stoffe finden sich übrigens nach gegenwärtigem Stand der Kenntnis durchaus nicht nur in Hanfpflanzen, sondern auch in anderen Gewächsen. Weil es für den Grower und den Anwender von Interesse ist zu wissen, was genau da eigentlich wirkt und wie die Wirkstoffe des Cannabis zueinander im Verhältnis stehen, lohnt sich ein einführender Überblick über die wichtigsten und bekanntesten Cannabinoide. Rausch und Heilung: Die Cannabiswirkstoffe

Tetrahydrocannabinol (THC)

Bei THC handelt es sich in Wirklichkeit nicht um einen einzigen Wirkstoff, sondern um einen Komplex von Substanzen. Die wichtigsten davon zählen zum natürlich vorkommenden Delta-9-THC-Komplex, wobei das phenolische Delta-9-THC der hauptwirksame Inhaltsstoff des Hanfs und für einen Großteil der psychischen Effekte verantwortlich ist. THC wurde 1964 vom israelischen Forscher Professor Raphael Mechoulam und seiner Forschungsgruppe isoliert, synthetisiert und beschrieben.

Tetrahydrocannabivarin (THCV)

THCV gehört strukturell zum Delta-9-THC-Typen und kann in größeren Dosierungen ähnliche psychische Effekte herbeiführen wie THC. Die Potenz des THCV beträgt im Vergleich zu THC etwa 25 Prozent. Geringere Mengen dieses Cannabinoids können den CB1-Rezeptor hemmen und damit eine Verringerung des Appetits verursachen, weshalb z.B. Fettleibigkeit damit behandelt werden kann, wie im Versuch mit Tieren herausgefunden wurde. THCV wurde in einigen südafrikanischen Cannabissorten nachgewiesen, z.B. in Durban Poison, aber auch in asiatischen Cannabispflanzen und sogar in modernen Strains wie etwa „Jack The Ripper‟. THCV wurde 1971 vom Forscher Frans W. H. M. Merkus in Haschisch gefunden und beschrieben, 1973 wurde es dann vom US-amerikanischen Wissenschaftler Carlton E. Turner und Kollegen im Rahmen einer Analyse abermals in Cannabis nachgewiesen.

Cannabidiol (CBD)

Cannabidiol ist im Hanf der zweithäufigste Wirkstoff (in Nutzhanf sogar der häufigste) und zurzeit ein echtes Trendthema innerhalb der Cannabis-Community. Dieses nur schwach psychoaktiv wirksame Cannabinoid (leicht beruhigend) ist in den meisten Ländern nicht der Verbotspolitik zum Opfer gefallen und damit legal. In der Schweiz ist z.B. CBD-Gras im Handel erhältlich. CBD wirkt den psychischen THC-Effekten entgegen und hat zahlreiche medizinische Eigenschaften, z.B. ist es wirksam bei Entzündungen, Epilepsie, Angststörungen, Schmerzen, Bewegungsstörungen, Übelkeit und Erbrechen und anderen Symptomen und Leiden. CBD wurde bereits 1940 von Roger Adams von der University of Illinois aus einer wilden Hanfpflanze isoliert, 1963 deckte Raphael Mechoulam mit Kollegen dann die Struktur des Cannabinoids auf.

Cannabivarin (CBV)

Cannabivarin (auch Cannabivarol genannt) ist ein psychisch nicht wirksames Cannabinoid. Es kommt in der Cannabispflanze in geringen Mengen vor und ist ein Analog des Cannabinol (CBN). Cannabivarin wurde 1971 erstmals von Frans W. H. M. Merkus in Haschisch nachgewiesen und wissenschaftlich beschrieben.

Cannabidivarin (CBDV)

Cannabidivarin steht zu CBD im Verhältnis wie THCV zu THC. Es ist ein nicht bzw. nur schwach psychisch wirksames Cannabinoid und ein sogenanntes Homolog des Cannabidiol – es gehört damit zum CBD-Komplex. CBDV wurde erstmals 1969 von den Wissenschaftlern L. Vollner, D. Bieniek und F. Korte in Haschisch entdeckt. Vor allem in den letzten Jahren wurde es auf seine medizinischen Eigenschaften hin untersucht, und es stellte sich heraus, dass CBDV krampflösende, antiepileptische, übelkeitshemmende Wirkungen aufweist. Cannabidivarin kann überdies vermutlich in der Behandlung von Morbus Crohn (eine chronische entzündliche Darmerkrankung) und zur Bekämpfung von Erbrechen bei HIV/Aids verwendet werden.

Cannabinodiol (CBND)

Cannabinodiol ist ein psychisch nur sehr schwach wirksames Cannabinoid, gehört ebenfalls zum CBD-Komplex und wurde früher auch Cannabidinodiol (CBDL) genannt. Es kommt in Cannabis nur in geringen Mengen vor. Etwaige medizinische Eigenschaften der Substanz wurden bisher noch nicht erforscht. Der Forscher Robert J.J. Ch. Lousberg und Kollegen isolierten CBND zum ersten Mal 1977 aus libanesischem Haschisch.

Cannabinol (CBN)

Cannabinol ist ein schwach psychoaktives Cannabinoid, das aus der Oxidation (Prozess unter dem Einfluss von Wärme und Sauerstoff) von THC entsteht. CBN hat krampflösende, leicht beruhigende und übelkeitshemmende Eigenschaften. Cannabinol wurde bereits 1896 (!) in Cambridge, England, vom Forscher Thomas Hill Easterfield in Proben von indischem Cannabis nachgewiesen. 1940 klärten Roger Adams und Kollegen die chemische Struktur auf (zusammen mit dem ersten Nachweis von CBD).

Cannabichromen (CBC)

Cannabichromen ist ein nur schwach psychoaktives Cannabinoid. Es wurde bisher im Tierversuch auf seine medizinischen Eigenschaften hin untersucht. Es wirkt bei Mäusen antidepressiv, entzündungshemmend, antibiotisch sowie pilz- und schmerzhemmend. Es kann darüber hinaus Krebszellen zerstören und wie CBD den psychoaktiven Effekten des THC entgegenwirken. 1966 wurde vom Wissenschaftler U. Claussen und Kollegen erstmals über CBC als Bestandteil von Haschisch berichtet.

Cannabichromevarin (CBCV)

Cannabichromevarin (auch Cannabivarichromen genannt) ist ein Homolog des Cannabichromen und gehört damit zum CBC-Komplex. Das Cannabinoid weist psychoaktive Eigenschaften auf und wurde von den niederländischen Forschern R. A. de Zeeuw, T. B. Vree und Kollegen 1973 in indischem Haschisch nachgewiesen und erstmals in einer Publikation beschrieben. 1975 entdeckten die japanischen Forscher Yukihiro Shoyama, Hitotoshi Hirano und Kollegen von der Universität Kyushu CBCV dann auch in thailändischem Cannabis.

Cannabigerol (CBG)

Cannabigerol weist nur schwache psychoaktive Wirkungen auf (ähnlich wie CBD leicht beruhigend), hat aber gute und vielseitige medizinische Effekte, wie z.B. krebshemmende, antibakterielle, schmerzstillende und antidepressive sowie blutdrucksenkende Eigenschaften. Im Tierversuch senkte CBG bei Katzen den Augeninnendruck, was für die Behandlung von Glaukom nützlich sein kann. Cannabigerol wurde 1964 von den Wissenschaftlern Yechiel Gaony und Raphael Mechoulam in Haschisch entdeckt. Interessanterweise wurden Cannabigerol-ähnliche Cannabinoide auch in der Strohblume Helichrysum umbraculigerum nachgewiesen.

Cannabigerovarin (CBGV)

Cannabigerovarin ist ein Homolog des Cannabigerol (CBG) und wurde 1975 (zusammen mit Cannabichromevarin) an der Kyushu University von einer Gruppe japanischer Forscher um Yukihiro Shoyama und Hitotoshi Hirano in thailändischem Cannabis nachgewiesen und beschrieben.

Cannabitriol (CBT)

CBT (auch CBO genannt) ist strukturell eng mit THC verwandt, das Cannabinoid weist vermutlich psychoaktive und medizinische Effekte auf. Cannabitriol wurde 1966 erstmals von den japanischen Forschern Yataro Obata und Yoshinori Ishikawa isoliert und wissenschaftlich beschrieben, die chemische Struktur wurde 1976 aufgeklärt.

Cannabicyclol (CBL)

Cannabicyclol wird auch Cannabipinol (CBP) genannt (früher auch THC-III) und ist ein natürlich vorkommendes Cannabinoid, das jedoch in Cannabis nur in sehr geringen Mengen vorhanden ist und darüber hinaus keine psychoaktiven Effekte aufweist. CBL entsteht unter Hitze- und Lichteinwirkung aus Cannabichromen (CBC). Das Cannabinoid wurde 1964 von den Wissenschaftlern Friedhelm Korte und Helmut Sieper nachgewiesen, später klärte Raphael Mechoulam mit Kollegen die Struktur auf. 2008 entdeckten der Cannabisforscher Ethan B. Russo und Kollegen unter anderem CBL in etwa 4700 Jahre altem Cannabis, das in einer chinesischen Grabstätte gefunden worden war.

Cannabicyclolvarin (CBLV)

Cannabicyclolvarin ist ein Homolog des Cannabicyclol (CBL) und wurde 1972 erstmals von den niederländischen Forschern T. B. Vree, D. D. Breimer und Kollegen nachgewiesen und wissenschaftlich beschrieben. 1981 wiesen der japanische Wissenschaftler Yukihiro Shoyama und Kollegen von der Kyushu University das Cannabinoid (als Cannabicyclovarin) in thailändischem Cannabis nach.

Cannabielsoin (CBE)

Cannabielsoin wurde 1983 von Wissenschaftlern der US-amerikanischen Ohio State University erstmals entdeckt. Die Forscher hatten den Stoffwechselprozess des Cannabidiol (CBD) untersucht und dabei CBE als Stoffwechselprodukt des CBD nachgewiesen. 1991 wurde es auch in der Leber von Meerschweinchen entdeckt – hier ebenfalls als Stoffwechselprodukt des CBD. CBE entsteht also biochemisch aus CBD und weist vermutlich keine psychologischen Effekte auf. Der Cannabielsoin-Komplex besteht insgesamt aus fünf Cannabinoiden (inklusive Säureformen).

Die Säureformen der Cannabinoide

Cannabinoide liegen in Pflanzen auch in ihrer Säureform vor. Diese sind psychisch nicht wirksam, aber haben dafür häufig medizinische Eigenschaften, z.B. entzündungshemmende etc. So gibt es beispielsweise THC-Säure, kurz THCS (aber auch THCA von der englischen Form THC acid), Cannabinolsäure (CBNS, CBNA) und Cannabidiolsäure (CBDS, CBDA). Diese Stoffe wandeln sich durch Einwirkung von Wärme und Sauerstoff (Oxidation) in die aktiven Formen THC, CBN und CBD um. Daneben sind im Lauf der Jahre viele weitere Cannabinoid-Säuren nachgewiesen worden – um nur einige exemplarisch zu nennen (wir beschränken uns auf die internationale Schreibweise) –, z.B. Tetrahydrocannabivarin-Säure (THCVA), Cannabichromensäure (CBCA), Cannabicyclolsäure (CBLA) und die 1975 entdeckte Cannabigerolsäure (CBGA), die als Vorläufersubstanz in der Pflanze u.a. für die Bildung von THC und CBD und anderen Cannabinoiden mitverantwortlich ist.

Weitere Cannabinoide

Wir haben oben hauptsächlich die bekannteren, aber beispielhaft auch einige nur wenig studierte Cannabinoide angesehen. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Substanzen aus der Familie dieser Cannabiswirkstoffe – etwa hundert weitere an der Zahl –, die natürlich im Pflanzenreich vorkommen. Um nur einige zu nennen, wären da etwa Cannabichromanon (gehört zum CBC-Komplex), Cannabifuran, Cannabiglendol, Cannabicitran, Cannabicoumaronon, Cannabinodivarin (gehört zum Cannabinodiol-Komplex), Cannabiorcicyclol, Cannabiorcol, Cannabimovon und Hexahydrocannabinol (HHCBN). Die meisten der Cannabinoide wurden noch nicht eingehend untersucht – es darf aber davon ausgegangen werden, dass zahlreiche dieser Stoffe z.B. medizinische und/oder psychoaktive Eigenschaften aufweisen.

Cannabinoide in anderen Pflanzen

Neben den klassischen Cannabinoiden existiert eine Vielzahl weiterer natürlicher Stoffe, die von ähnlicher Struktur sind und mit den Cannabinoid-Rezeptoren in unseren Körpern interagieren. Weiter oben hatten wir bereits bemerkt, dass in einer afrikanischen Strohblumenart Cannabigerol-ähnliche Substanzen entdeckt wurden. Und genau hier liegt ein Fallstrick, der immer wieder für Fehlinterpretationen sorgt. Denn es wird häufig behauptet, dass z.B. CBD in Flachs-Samen nachgewiesen werden konnte. In Wirklichkeit sind es CBD-ähnliche Terpenoide, die Forscher im Flachs entdeckten – und nicht etwa Cannabidiol selbst. Dasselbe gilt für weitere Cannabinoid-ähnliche Stoffe, die in Rhododendronarten, Lebermoosen, dem Sonnenhut Echinacea und vielen anderen Pflanzen gefunden worden sind. Wer sich eingehend mit diesem Thema auseinandersetzen möchte, der sei auf eine umfangreiche Internetpublikation verwiesen: https://goo.gl/pf9dZu Markus Berger
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