Die Vorteile des Eigenanbaus von Cannabis aus medizinischen Gründen oder als Freizeitdroge
Die Welt wird von einer Welle der Legalisierung des medizinalen Cannabis überrollt und die Anhänger dieser erstaunlichen Pflanze heißen eine wachsende Anzahl von Staaten willkommen, die auch den Konsum von Cannabis als Freizeitdroge legalisiert haben. Dennoch ist die Anzahl von Menschen, die keinen Zugang zu Cannabis weder als Medizin noch als Genussmittel haben, weiterhin niedrig im Vergleich zu der Anzahl von Menschen, die sich für diese Pflanze interessieren. Zweifellos würde die Zulassung des Eigenanbaus Cannabis für jeden, der es braucht, verfügbarer machen. Betrachten wir die Gründe, warum es nicht erlaubt ist, Cannabis selber zu pflanzen - und weshalb man den Anbau zulassen sollte.
Weshalb der Eigenanbau von Cannabis verboten ist
Das berühmt-berüchtigte Hindernis, das im Weg steht, ist die Single Convention on Narcotic Drugs (Einheitsübereinkommen der Vereinten Nationen über Suchtstoffe), die am 31. März 1961 in New York unterzeichnet wurde. Alle Länder, die dieses Abkommen unterzeichnet haben, sind u.a. dazu verpflichtet, den Anbau von Cannabis ausschließlich auf wissenschaftliche und medizinische Zwecke zu beschränken. Im Falle des Anbaus aus medizinischen Gründen sind die Regierungen dazu verpflichtet, staatliche Agenturen zu schaffen, die Lizenzen an Anbauer erteilen und dann verarbeitetes Cannabis von ihnen kaufen. Dies bedeutet, dass nach der Convention die Bürger nicht das Recht haben, Cannabis für den Eigenbedarf zu kultivieren, sei es aus medizinischen oder privaten Gründen. Die Convention on Psychotropic Substances (Übereinkommen der Vereinten Nationen über psychotrope Stoffe) und die Single Convention against Illicit Traffic of Narcotic Drugs and Psychotropic Substances (Abkommen gegen den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen der UNO) tragen nichts dazu bei, den Status von Cannabis zu verbessern. Diese internationalen Verträge sind immer das erste Argument, das Regierungen vorbringen, wenn sie ihre negative Einstellung gegenüber dem Eigenanbau zu erklären suchen. [caption id="attachment_4758" align="alignnone" width="500"] Foto: Dinafem[/caption] Der zweite Grund, warum der Anbau von eigenem Cannabis nicht erlaubt ist, sind die Bedenken seitens Behörden, die Grower könnten dann auch damit beginnen, Cannabis in ihrer Gegend zu verteilen. Diese Besorgnis wird verstärkt durch die Befürchtung, dass registrierte Eigenanbauer leicht Opfer von Dieben werden könnten, die ihnen die Ernte stehlen und zu Geld machen würden. Ein anderes häufiges Argument: Selbst angebautes Cannabis erfüllt keine Qualitätsstandards. Das Argument wird hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Anbau für die medizinische Verwendung ins Feld geführt. Gegner des Heimanbaus behaupten, diese Anbauer seien nicht imstande, ideale Bedingungen für die Pflanze zu schaffen, weshalb sich Schimmel bilden und verschiedene Krankheiten auftreten würden. Grower würden dann diese gefährlichen Substanzen konsumieren. Und für Patienten mit einem geschwächten Immunsystem, beispielsweise Leukämiekranke, bedeute jede schädliche Substanz ein neues Gesundheitsrisiko.Die Realität in der Welt
Obwohl es den Anschein hat, der Anbau von eigenem Cannabis sei in jedem Land unmöglich, das die erwähnten internationalen Abkommen unterzeichnet hat, gibt es einige Ausnahmen. Eine solche Ausnahme ist Kanada: Heute, im Jahr 2017, gibt es dort etwa 30 000 Patienten, die eine Genehmigung zum Cannabisanbau haben, oder ihre Freunde und engen Angehörigen bitten, für sie anzubauen. Die Gesamtzahl der Kanadier, die selber pflanzen, wird auf knapp 40 000 geschätzt. Es gibt in Kanada etwa 130 000 Patienten, die Cannabis offiziell als Medizin verwenden. Wer sein Cannabis nicht selbst anbaut, kauft es von lizensierten Anbauern und Lieferanten. Eigenanbauer dürfen bis zu 25 Pflanzen pro Person kultivieren und 1825 Gramm Cannabis produzieren - dies entspricht 5 Gramm pro Tag. Außerdem will Kanada bis Frühjahr 2018 Cannabis auch als Genussmittel legalisieren, und der Heimanbau wird dabei sicher auch eine Rolle spielen. Gemäß den vorliegenden Daten ziehen es 8–10% der Konsumenten vor, ihr eigenes Cannabis anzubauen statt es in Dispensaries (Verkaufsstellen) oder Apotheken zu kaufen. Ein anderes Land, in welchem der Heimanbau toleriert wird, ist Spanien, das wegen seiner Social Clubs berühmt ist. In ganz Spanien gibt es etwa 1200 davon, und 200 allein in Barcelona. Social Clubs werden nach einem Gesetz aus den 1980ern betrieben, das ursprünglich für Heroinsüchtige ausgearbeitet worden war. Es erlaubt den Besitz von kleinen Mengen einer bestimmten Droge und diese Droge innerhalb einer kleinen Personengruppe zu teilen - Mitgliedern eines Clubs, vorausgesetzt dass alle Mitglieder diese Droge schon vorher konsumiert haben. Eine Bedingung ist: Die Droge muss geteilt werden, ohne dass jemand Profit daraus zieht. Social Clubs haben Mitglieder, die Mitgliedsbeiträge bezahlen und als Gegenleistung eine bestimmte Menge Cannabis erhalten. Die Menge richtet sich nach dem Beitrag, daher kann das ganze Verfahren als ein Verkauf bezeichnet werden. Jedes Clubmitglied muss sich als solches registrieren lassen, mit Personalausweis oder Reisepass. Man kann die Räumlichkeiten mit maximal 3 Gramm Cannabis, Haschisch oder Extrakt verlassen. Jeder Club hat einen Grower oder eine Gruppe von Growern. Sie sind eigentlich Anbauer, die Cannabis für die anderen Mitglieder kultivieren. Die Mitgliedsbeiträge dienen als ein Fonds für den Betrieb der Plantagen und die Ausgaben des Growers. Dieses Modell hat jedoch einen Schwachpunkt - die Beförderung des Cannabis und seinen Derivaten vom Grower zum Club, denn solche Lieferungen sind illegal. Einige Social Clubs sind bereits von den Behörden geschlossen worden, meistens aus dem Grund, weil gegen die Bestimmung verstoßen wurde, dass eine geringe Menge Cannabis nur innerhalb einer kleinen Gruppe geteilt werden darf. Das spanische System ist mit Sicherheit nicht ideal, aber gesetzliche Realität. Der Heimanbau für den Eigenbedarf ist gesetzlich zulässig, aber der Anbau von Cannabis im staatlichen Auftrag, also die Existenz von lizensierten Anbauern, ist gesetzlich nicht geregelt (solch ein Gesetz sollte es gemäß der oben erwähnten Single Convention geben). [caption id="attachment_4759" align="alignnone" width="500"] Foto: Dinafem[/caption] Von Mai 2017 an ist außer in den beiden erwähnten Ländern der Eigenanbau für den persönlichen Bedarf teilweise gestattet oder völlig legalisiert in mehr als 30 US-Bundesstaaten, in Südafrika, Chile, Kolumbien, Uruguay und anderen Ländern. Die meistens von ihnen unterzeichneten mindestens eines der internationalen Abkommen. Dies bedeutet: Was Cannabis betrifft, verletzen immer mehr Staaten diese Abkommen, und weitere Staaten treten dieser Gruppe bei, denn sie wissen, dass es keine nachteiligen Konsequenzen haben wird. Argumente, die auf den Conventions beruhen, werden somit irrelevant.Durch Eigenanbau werden Dealer und schimmliges Cannabis produziert
In den Augen einiger Offizieller, Ärzte, Wissenschaftler und Suchttherapeuten ist jeder Eigenanbauer ein potentieller Dealer und Erzeuger von schimmligem Cannabis voller krebserregender Stoffe und Gifte. Beginnen wir mit Letzterem. Für die meisten Laboranalysen von Cannabis, die in den letzten Jahrzehnten durchgeführt wurden, nahm man das Zeug, welches von der Polizei beschlagnahmt worden war. Dies bedeutet in den meisten Fällen: Bei Cannabis, das in die Hände der Polizei gelangt, handelt es sich um welches, das in großen Mengen für den Schwarzmarkt produziert wird. Es wird nur um des Profits willen angebaut. Wenn solche Anbauer Schimmel auf ihren Pflanzen feststellen, versuchen sie, dies zu verbergen und die Ernte trotzdem auf Teufel komm raus zu verkaufen. Sie schrecken auch nicht vor dem Einsatz von Pestiziden zurück und halten keine Schonzeiten ein. Es wird wirklich alles getan, um so viel Geld wie möglich zu machen. Heimanbauer hingegen bauen für sich selbst an oder für ein paar gute Freunde. Meinen Freunden schimmlige Tomaten zu servieren, wäre das Allerletzte, was ich tun würde. Wenn jemand sein eigenes Obst, Gemüse oder Cannabis anbaut, macht er das, weil er ein Produkt von besserer Qualität haben will als das Zeug, das man auf der Straße von einem Fremden kauft. Alle Heimanbauer versuchen für den privaten Gebrauch das bestmögliche Produkt zu erhalten. Sie verwenden weniger Pestizide und kümmern sich um ihre Pflanzen so gut es nur geht. Egal welche Pflanze, sie geben ihr Bestes. In vielen Fällen arbeiten sie besser als kommerzielle Produzenten. Dies ist nur logisch und gilt auch für Cannabis. Viele Patienten und Freizeitkonsumenten haben ihre Erfahrungen mit unangenehm schmeckenden Erzeugnissen staatlich lizensierter Großproduzenten. Diese Firmen müssen sich an Verordnungen halten und produzieren Cannabis nur um des Profits willen. Die 10 % der Konsumenten, die Gras zu Hause anbauen, obwohl sie es kaufen könnten, bekommen am Ende ein Produkt von ausgezeichneter Qualität. Würden Eigenanbauer Cannabis an Fremde verkaufen? Dieses Risiko ist immer vorhanden, selbst wenn Cannabis nur auf Rezept in Apotheken verkauft würde. Aber warum sollte ein Heimanbauer es riskieren, die Lizenz für den Anbau von seinem eigenen Gras zu verlieren - und das nur für ein paar Scheine? Außerdem ist es kein Problem, gesetzliche Vorschriften zu erlassen, die jedem Grower den Anbau nur einer bestimmten Anzahl von Pflanzen erlauben. Solche Beschränkungen sind in Ländern üblich, in denen der Eigenanbau zugelassen ist - und es funktioniert. Ich meine, wenn jemand vom Drogenverkauf profitieren will, lässt sich mit dem Verkauf von frei erhältlichen Antidepressiva und Schmerzmitteln mehr Geld machen. Und was das Risiko angeht, dass Eigenanbauer zur Zielscheibe von Dieben werden könnten - ich bezweifle sehr, dass es wirklich dazu kommt. [caption id="attachment_4760" align="alignnone" width="500"] Foto: Dinafem[/caption]Endocannabinoid-System und individualisierte Medizin
Die meisten von Ihnen haben sicherlich schon einmal von dem Endocannabinoid-System gehört. Fast alle Tiere des Planeten verfügen über eines und der Mensch ist hier keine Ausnahme. Das Endocannabinoid-System sorgt für die Aufrechterhaltung der Homeostase, der Balance zwischen zahlreichen Körperfunktionen. Der Körper erzeugt seine eigenen Cannabinoide (Endocannabinoide), die an die Cannabinoidrezeptoren CB1, CB2 und andere andocken. Jeder Rezeptor hat eine andere Aufgabe und jedes Cannabinoid bindet sich an spezifische Rezeptoren. Cannabis enthält ungefähr 150 Cannabinoide, von denen THC, CBD und CBG die bekanntesten sind. Außer den Cannabinoiden enthält Cannabis noch mehr als tausend andere Substanzen, darunter 150 Terpene und Terpenoide sowie 50 Flavonoide. Viele von ihnen beeinflussen die Eigenschaften von anderen. Dies wird als Synergie der Substanzen oder Entourage Effect bezeichnet - die komplexe Wirkung aller Substanzen, die in der Pflanze vorkommen. Die psychoaktive und medizinische Wirkung von Cannabis hängen damit zusammen, wie ausbalanciert das Endocannabinoidsystem des Konsumenten ist und wie er auf den komplexen Cocktail von Substanzen reagiert. Um besser zu verstehen, was vor sich geht, können wir und das Konzept des Schlüssel-und-Schloss-Prinzips vergegenwärtigen. Der Cannabiskonsument ist mit seinen Rezeptoren und seinem gesamten Organismus das Schloss. Cannabis mit seinen Cannabinoiden, Terpenen, Flavonoiden und anderen Substanzen ist der Schlüssel. Um die optimale Kombination zu bewirken, brauchen wir den idealen Schlüssel. Aufgrund der vielen Substanzen in Cannabis und der hohen Variabilität hinsichtlich der Sensibilität des Endocannabinoid-Systems und des lebenden Organismus ist es unmöglich zu entscheiden, welche Cannabissorte die beste ist. Es muss auch berücksichtigt werden, dass Cannabis für verschiedene Zwecke genutzt wird. Um Appetitlosigkeit zu behandeln, brauchen Patienten eine spezielle Kombination wirksamer Verbindungen, aber wenn dieselben Patienten eine angenehme psychoaktive Wirkung erreichen möchten, ist eine andere Varietät erforderlich mit einem anderen Mix aus Cannabinoiden und anderen Verbindungen. Das heißt, jeder Konsument benötigt für einen bestimmten Zweck einen anderen "Cocktail" von Verbindungen, die in Cannabis vorkommen. Wer den Eigenanbau von Cannabis betreiben möchte, dem bietet sich die Gelegenheit, eine Vielzahl an verfügbaren Sorten und Anbaumethoden auszuprobieren, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Dann können sie ihre Erfahrungen mit anderen teilen. Die Auswahl an Produkten, die von kommerziellen Unternehmen, welche Cannabis für den medizinischen Gebrauch oder als Freizeitdroge produzieren, ist klein - diesen Firmen stehen weniger Optionen zur Verfügung als den Gruppen von Eigenanbauern, die ihre Erfahrungen austauschen. Und darin liegt meiner Meinung nach ein wichtiger Vorteil des Eigenanbaus von Cannabis. Am Ende profitieren nicht nur die gesamte Community der Patienten und Freizeitkonsumenten, sondern auch die kommerziellen Anbauer und die Ärzte. Text: Mr. José / info@mejose.eu
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