Das Ende der Verbotspolitik?

Soft Secrets
22 Apr 2021

Immer mehr Länder entkriminalisieren Drogen

In immer mehr Staaten und Ländern wird die derzeitige menschenverachtende Drogenpolitik unter die Lupe genommen und revidiert. Dabei werden die bisher politisch verbotenen Substanzen – allen voran Cannabis und Cannabisprodukte – zwar nicht de facto legalisiert, dafür aber nach und nach entkriminalisiert.

Soft Secrets hatte in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder über die diversen drogenpolitischen Veränderungen berichtet. Und dieser Trend reißt auch jetzt nicht ab. In den USA ist nicht nur der Hanf mit seinen vielseitigen Erzeugnissen mehr und mehr zurück auf dem Weg in die Gesellschaft. Auch natürliche Psychedelika werden von der Prioritätenliste strengster Strafverfolgung gestrichen, so unter anderem in Denver (Colorado) und in Cambridge (Massachusetts), wo der Besitz, der Konsum wie auch die Weitergabe geringer Mengen Psilocybin haltiger Pilze, Ayahuasca, Ibogain und psychotroper, also Meskalin haltiger Kakteen nicht mehr verfolgt werden. Das Argument: Diese Drogen sind mehr Heilmittel als Suchtstoffe. Ein wichtiger Schritt in Richtung gesunder Denke.

Jüngstens hat auch Kalifornien, einer der progressivsten Bundesstaaten der USA, angekündigt, dass psychedelische Drogen unter dem neuen Senat nicht mehr kriminalisiert werden sollen – ein entsprechender Gesetzesentwurf des Senats liegt bereits vor. Dazu gehören dann schon nicht mehr nur die natürlichen Substanzen, sondern auch solche (halb-) synthetischen Entheogene wie LSD, MDMA (Ecstasy) und Ketamin. „Die Politik sollte auf Wissenschaft und gesundem Menschenverstand basieren, nicht auf Angst und Stigma“, äußerte sich Senat Scott Wiener in einer Pressemitteilung. „Der Krieg gegen Drogen und die Massen-Einkerkerung dürfen als zerstörerische und gescheiterte Politik bezeichnet werden, und wir müssen sie beenden“. Wiener setzt sich außerdem dafür ein, dass Einträge und Vorstrafen wegen des Besitzes und/oder der Verwendung von Drogen gelöscht werden. Er schlägt vor, den gescheiterten „War on Drugs“ in Bezug auf Psychedelika zu beenden und gleichzeitig auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen im psychedelischen Bereich aufzubauen, um das Potenzial für einen therapeutischen Rahmen zu schaffen, der Menschen helfen könnte, die mit den Auswirkungen von Depressionen, Angstzuständen, PTBS und anderen Gesundheitszuständen zu kämpfen haben.

In Bolivien dreht sich in der Drogendebatte dieser Tage fast alles um die Coca-Pflanze und deren psychoaktives Produkt, das Kokain. Coca-Blätter sind in dem südamerikanischen Land seit 2009 nicht mehr illegalisiert – gut so, ist doch der Coca-Strauch eines der wichtigsten heimischen Gewächse der Bolivianer. So sind nicht nur die traditionellen Zubereitungen aus Coca-Blättern legal (Aufgüsse, Prieme etc.), auch der Besitz von bis zu 50 Gramm Kokain wird nicht mehr verfolgt.

Einmal von den USA und Südamerika über den großen Teich gesprungen: Auch in Europa tut sich in Sachen Drogenpolitik zurzeit einiges. Selbst repressivste Länder, wie sie in Skandinavien zu finden sind, schwenken allmählich um in Richtung Menschlichkeit. Na, endlich! So zum Beispiel Norwegen. Dort hat das Parlament mit erheblicher Mehrheit dafür gestimmt, den Gebrauch von psychoaktiven Drogen zu entkriminalisieren. Und das in Norwegen! Wo selbst Faserhanfpflanzen in botanischen Gärten hinter Gittern gehalten werden! Vorbild für das neue politische Reglement soll Portugal sein, wo liberale Drogengesetze seit 20 Jahren für verbesserte Verhältnisse sorgen. So sollen auch in Norwegen substanzabhängige Personen künftig nicht mehr als kriminelle behandelt werden, sondern als das, was sie letzten Endes auch wirklich sind: Kranke Menschen, die auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen sind, nicht auf die Verbannung durch andere.

Ähnliches wird gerade auch in Irland umgesetzt, auch wenn es sich dort vorerst nur um eine Duldung des Cannabiskonsums handeln soll. Wer in Irland zukünftig mit Eigenbedarfsmengen an Marijuana oder Haschisch erwischt wird, muss keine Angst mehr vor Strafverfolgung haben, sondern wird allenfalls an einen Arzt verwiesen. Diese neue Handhabung kommt nicht nur bei Irlands Konsumenten gut an, sondern auch bei der Polizei, die nun deutlich weniger für den Papierkorb arbeiten muss.

Zum guten Schluss werfen wir noch einen Blick auf einen unserer unmittelbaren Nachbarn. Die Niederlande, die seit den 70er Jahren eine nachahmungswürdige Toleranzpolitik in Sachen Cannabis betreiben, wollen nun, wo alle Welt die Drogengesetze überdenkt, einen gewaltigen Schritt zurück machen. Zwar nicht das ganze Land – aber: Die Bürgermeisterin der Hauptstadt Amsterdam, Femke Halsema, hat nämlich allen Ernstes vor, Touristen aus den Coffeeshops auszusperren und nur noch niederländischen Bürgern mit einem entsprechenden Ausweis den Zugang zu erlauben. Ähnliches war schon vor Jahren mit dem Wietpas mehr oder weniger erfolgreich in einigen Städten und Gemeinden Hollands versucht worden. Halsema will, dass Urlauber wegen des kulturellen  Angebots nach Amsterdam kommen, und nicht, um Cannabis zu rauchen. Nur leider lassen sich das die Touristen nicht von Politikern vorschreiben. Fällt die Möglichkeit weg, in Amsterdam oder anderswo in Holland einen Joint zu rauchen, werden auch die Touristenmassen vermutlich eher ausblieben. Daran kann auch das Amt der Bürgermeisterin nichts ändern. Das Ende vom Lied wäre dann aber auch, dass Hotels und Pensionen sowie die gastronomischen Einrichtungen ebenfalls weniger Einkommen generieren, wenn die Cannabistouristen zuhause bleiben oder in ein anderes Land fahren, um in Ruhe Cannabis rauchen zu können.

Quellen:

kurier.at

www.marijuanamoment.net

lucys-magazin.com

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