Cannabis: Vorurteile aus der Szene

11 May 2021

Die Bewegung der Hanffreunde ist von ihrer Wunderpflanze ganz besonders überzeugt. Das ist okay und es gibt zahlreiche Gründe dafür. Trotzdem sind auch Hänflinge oft euphorisch und nicht immer ganz realistisch, wenn es um die Einschätzung "ihrer Pflanze" geht. Wir sehen uns drei Vorurteile aus der Szene an, die die Hanfbewegung sicherlich nicht voranbringen werden.

Hanf-Vorurteile, die erste: Cannabis ist harmlos und beeinträchtigt die Gehirnentwicklung nicht

Leider nicht wahr. Wer behauptet, auch elfjährige Sprösslinge könnten problem- und gefahrlos kiffen, der weiß nicht, was er redet. Bis etwa zum Alter von 25 Jahren befindet sich das menschliche Gehirn in der Regel in der Entwicklung. Die dauerhafte pharmakologische Veränderung der Hirnchemie kann da durchaus manipulativen Einfluss nehmen – und letztlich das Nervensystem bzw. das körpereigene Cannabinoidsystem (Endocannabinoidsystem) nachhaltig beeinträchtigen. Deshalb ist es von Vorteil, möglichst spät mit dem Kiffen anzufangen. Was nicht heißt, dass der Wochenendjoint beim 18-Jährigen verheerenden Schaden anrichten muss. Ein chronischer bzw. regelmäßiger Konsum vor allem größerer Mengen im Jugendlichenalter hat da schon eher das Potenzial, negativ auf die Entwicklung einzuwirken.

Hanf-Vorurteile, die zweite: Cannabis hat das Potenzial, die Welt zu retten

Romantischer Ansatz, jedoch ein wenig überzogen. Wenn jemand diese Welt, unseren Lebensraum, noch zu retten in der Lage ist, dann diejenigen Gestalten, die seit Jahr und Tag daran arbeiten, die Erde zu einem unbewohnbaren Planten zu machen: die Menschen selber nämlich. Sicherlich weist der Hanf eine ganze Palette an Eigenschaften auf, die dazu beitragen können, die Kehrtwende unseres zerstörerischen Handelns einzuleiten. So ließe sich mit Hanf als Nutzpflanze z. B. verhindern, dass Regenwälder für die Papierherstellung gerodet werden. Überdies ließe sich aus Hanf sogar ein Kunststoff produzieren, der vollständig biologisch abbaubar ist. Außerdem hat Cannabis die Fähigkeit, Schadstoffe aus dem Boden zu ziehen und unschädlich zu machen. Nur deshalb wurde beispielsweise rund um Tschernobyl Hanf gepflanzt – damit das Cannabis die radioaktiven Gifte aus dem Erdreich herausholt. Auch kann der Hanf so manche nebenwirkungsbehaftete Medizin ersetzen. Das alles ist ein wunderbarer Ansatz, der helfen kann, unseren Lebensraum doch noch zu retten. Wenn wir Menschen allerdings so weitermachen wie bisher, wird auch die Cannabispflanze uns nicht mehr weiterhelfen können. Da nützen auch keine verträumten Illusionen, was uns direkt zum nächsten Punkt bringt.

Hanf-Vorurteile, die dritte: Cannabis ist eine universelle Medizin, die alle anderen Pharmazeutika ersetzen kann

Solche Vorurteile werden von vielen geschürt, denen es auf echte Argumentation nicht so sehr ankommt. Der kanadische selbsternannte Pionier der Hanfmedizin zum Beispiel, Rick Simpson, der sich mit dem von ihm „erfundenen“ Cannabisöl (bekannt als Rick Simpson Oil, RSO) von seiner Krebserkrankung geheilt hat, behauptet, dass Hanfmedizin so gut wie alle schulmedizinischen Therapieansätze inklusive der dazugehörigen Pharmazeutika ersetzen kann. Das ist natürlich ein romantisch verklärter Trugschluss, der jeder Sachlichkeit entbehrt und sogar lebensgefährlich sein kann. Es gibt Medikamente, die durch Cannabis eben nicht ersetzt werden können – und jeder ernsthaft erkrankte Patient, der zugunsten des Hanfrauchens alle anderen Pharmaka absetzen will, sollte sich zuvor bestens erkundigen, ob dies eine gute Idee ist.