Immer wieder Gras von einer Pflanze

05 Sep 2020

Viele kennen es: Sie haben diese eine richtig gute Pflanze gehabt, die jedoch mit der Ernte zugleich vernichtet wurde. Sicherlich sind viele Strains sehr stabil und es können immer wieder neue Seeds angesetzt werden. Doch auch hier gibt es gelegentlich diese eine Pflanze, die einfach besser ist. Wäre es nicht ein Traum, immer wieder von dieser Pflanze ernten zu können?


Mutterpflanzen-Selektion

Wer Stecklinge nehmen möchte, benötigt Mutterpflanzen. Sicherlich können Seeds angesetzt werden, um die Pflanzen, deren Stecklinge sich weiblich entwickeln, als Mutterpflanzen zu verwenden. Es könnten auch Stecklinge gekauft und zu Mutterpflanzen gezogen werden. Wer hingegen Ansprüche an sich stellt, sucht diese eine Pflanze und nimmt von dieser immer wieder neue Stecklinge.

Schnell reifende Marijuana-Strains brauchen von der Aussaat bis zur Ernte weniger als drei Monate, langreifende Strains benötigen deutlich länger, teils über ein halbes Jahr. Wer Mutterpflanzen selektieren möchte, setzt zuerst Seeds an. Die Pflanzen wachsen heran, es werden Stecklinge genommen und in die Blüte gestellt.

Damit aus dem Saatkorn eine Pflanze wird, von der die ersten Stecklinge geschnitten werden können, wäre wenigstens mit knapp zwei Monaten zu kalkulieren. Das Schneiden und Bewurzeln der Stecklinge dauert zwei Wochen. Wenn die Blüte und das Trocknen zusammen wenigstens zwei Monate dauern, dann wären vor dem ersten Testen also schon vier bis fünf Monate ins Land gezogen. Doch erst mit den ersten Konsumerfahrungen kann diese eine Pflanze ausgewählt werden. Von dieser werden also wieder Stecklinge genommen, die erneut rund zwei Wochen zum Bewurzeln  und wenigstens weitere zwei Monate zum Reifen und Trocknen benötigen. Schon sind mit Schnellblühern wenigstens sieben Monate, sonst eher ein Jahr verstrichen, bis die erste richtige Ernte von dieser einen Pflanze eingefahren werden kann.

[caption id="attachment_37444" align="alignnone" width="1920"] Die eine Pflanze finden[/caption]

Genau so wurde es einst gemacht, um anschließend zu bemerken, dass es auch einige Wochen schneller geht. Saatpflanzen wachsen mit dem unteren Stiel holziger als Stecklinge. Wenn von der Mutterpflanze immer wieder Stecklinge geschnitten werden, dann schien es so zu sein, dass frische Stecklingspflanzen als Mutterpflanzen insgesamt geschmeidiger blieben. Auch diese waren irgendwann verbraucht und wurden gegen neue Stecklinge ausgetauscht. Diese kleine Mutterpflanzen-Zucht wurde mit relativ kleinen Mutterpflanzen betrieben, die deswegen auch regelmäßiger gewechselt wurden. Bei größer wachsenden Pflanzen oder anderen Strains mag dieser Aspekt vom schleichenden „Magerwuchs“ vielleicht weniger stören. Fakt bleibt jedoch, dass die Saatpflanze nicht zur Mutterpflanze werden muss, auch Stecklinge werden zu tollen Mutterpflanzen heranwachsen. Diese eine Pflanze könnte dadurch sogar „über zehn Jahre alt“ werden!

[caption id="attachment_37445" align="alignnone" width="1920"] Haupttrieb als Steckling genommen, deswegen buschiger Wuchs[/caption]

Es werden also von der Saatpflanze mehrere Stecklinge genommen. Doch die Saatpflanze wird einige Tage später, nachdem sie sich erholt hat, bereits in die Blüte gestellt. Nun verstreichen erst einmal rund zwei bis drei Monate, bis zum ersten Testrauchen. Die Stecklinge wachsen in dieser Zeit zu buschigen Pflanzen heran, die möglicherweise zu groß werden. Nach zwei bis drei Blütewochen muss bei regulär blühenden Seeds ohnehin geschaut werden, welche Pflanzen männliche Merkmale ausprägen. Auch wenn eine Pflanze nur ganz wenige kleine grüne melonenförmige und runterhängende kleine Pollensäcke ausbildet, muss sie entsorgt werden. Nur zu leicht übersieht man diese kleinen Bömmel. Öffnet sich nur ein einziger, kann er Hunderte Blütenfäden bestäuben. Die Sinsemilla-Ernte wäre ruiniert. Deswegen müssen diese zwittrigen oder männlichen Pflanzen so früh wie möglich eingestampft werden.

Mit dem Entfernen der Zwitter und männlichen Pflanzen können auch die dazugehörenden Stecklinge vernichtet werden, um Platz zu schaffen. Das bedeutet: Jede Mutterpflanze muss mit jedem dazu gehörenden Steckling markiert werden, um die Stecklinge den Saatpflanzen zuordnen zu können.

Bei vielen starken Sativas können Stecklinge in die Blüte, wenn sie Wurzeln haben und sichtlich wachsen. Die Wuchskraft ist enorm, doch die Blütezeit dauert länger. Bei kleinwüchsigen Indicas werden die Pflanzen schneller reif, aber teils sollen die gewurzelten Stecklinge noch zwei bis vier Wochen wachsen. Wenn die Wuchskraft ab der Zeitumstellung auf 12 Stunden Licht zu 12 Stunden ununterbrochener Dunkelheit viel geringer ist, sollen die Jungpflanzen schon etwas größer sein.

[caption id="attachment_37446" align="alignnone" width="1920"] Mutterpflanzen aus Stecklingen der „einen Pflanze“[/caption]

In der Blütekammer reifen die Pflanzen, in der Wuchskammer wachsen sie unaufhörlich. Bereits vor dem ersten Testrauchen hat man einen Eindruck von den Pflanzen. Einige entwickeln sich super und bilden kräftig duftende Blüten, andere gefallen einem nicht. Wenn eine es vermutlich nicht wird, werden zur Sicherheit nur ein oder zwei der Stecklinge zurückgehalten. Hat eine andere Pflanze jedoch sehr hohe Chancen, können von den wachsenden Stecklingen bereits weitere genommen werden, um aus diesen weitere Mutterpflanzen vorzuziehen. Oder sie können direkt nach dem Testrauchen in die Blüte gehen.

Häufig sind viele Pflanzen richtig gut und die Entscheidung fällt schwer. Dann werden die Favoriten heraus selektiert, um mit diesen eine erste richtige Ernte einzubringen. Wer etwas mehr Platz zum Anbauen hat, findet mit der Zeit möglicherweise auch von mehreren Strains „diese eine Pflanze“.

[caption id="attachment_37447" align="alignnone" width="1920"] Stecklinge mit identischen Eigenschaften[/caption]

Viele Konsumenten wollen neue Sorten probieren. Auch das bleibt möglich, da weiterhin Seeds angesetzt und in Blüte geschickt werden können. Immer wieder können unterschiedliche Strains probiert werden. Aber von dieser einen Pflanze stehen die Mutterpflanzen im Wuchsschrank.

Eine andere Möglichkeit wäre, bei der Ernte einige Zweige an der Pflanze zu lassen. Nach einem Testrauchen kann die noch stehende Pflanze mit 18 Stunden Licht zu sechs Stunden Nachtphase wieder aus der Blüte zurückgeholt werden. Anschließend können einige der frischen Triebe als Stecklinge genommen und bewurzelt werden. Doch ein Problem tut sich auf: Selbst wenn dieses Zurückholen mit einigen Strains klappt, so gelingt es nicht mit allen. Die ausgeblühten Pflanzen kommen zwar zurück, aber nicht so richtig. Es fehlt die Wuchskraft und die Ertragskraft. Mit gleichem Aufwand fällt die Erntemenge geringer aus. Das Zurückholen der Blütepflanzen kann probiert werden, gelingt aber nicht immer.

Wer sich mit der Materie etwas auskennt, weiß bereits, dass er von Autoflower-Pflanzen schlecht Mutterpflanzen pflegen kann – Autos gehen unabhängig der Beleuchtungsdauer in Blüte. Weiterhin gibt es erfahrene Grower, die von feminisierter Saat abraten, wenn es um Mutterpflanzen geht. Feminisierte Seeds würden als Mutterpflanzen dazu neigen, dass die Stecklinge zwittern. Auch hier kann es sein, dass es bei einigen Strains so ist. Es gibt aber auch Grower der alten Schule, die feminisierte Seeds aus Prinzip ablehnen, da ihnen die Pflanzen und das geerntete Marijuana nicht gefallen.

Wer also mit regulärer Saat arbeitet, hat mit Pech nur ein Drittel weibliche Pflanzen und den Rest Zwitter oder männliche Pflanzen. Es werden einfach zu viele Pflanzen in die Blütekammer gestellt. Nach dem Ausmustern der Pflanzen mit männlichen Merkmalen hat der Rest wieder Platz. Es ist umständlicher, es geht aber irgendwie immer. Doch beim Outdoor-Growing in der Pampa haben viele nur ein paar gute Stellen. Wenn sie die Pflanzen im Juni setzen und erst im September sehen, welche weg müssen oder stehen bleiben dürfen, steckt bereits viel Arbeit in der Pflanzung. Oder aber es bleibt nach dem Aussortieren auf den knappen Pflanzstellen nicht mehr viel stehen. Es wäre also besser, mit Stecklingen zu arbeiten, wenn feminisierte Pflanzen gemieden werden sollen.

Auch für diese Situation ergibt es Sinn, wenn eine richtig gute Mutterpflanze selektiert wird. Die Kunst besteht jedoch darin, zum passenden Zeitpunkt damit zu beginnen. Wenn die Jungpflanzen mit möglichst über 40 cm Höhe Ende Mai oder im Juni raus sollen, muss also zurückgerechnet werden.

- Vom Stecklingsschnitt bis zur 40 cm Jungpflanze vergehen 6 Wochen

- Vor diesem Stecklingsschnitt reiften die Saatpflanzen zwei Monate vor dem Testrauchen

- Bevor diese Saatpflanzen in die Blüte kamen, vergingen bereits zwei Monate; es mussten zuerst Stecklinge geschnitten werden, aus denen dann die entscheidenden Mutterpflanzen wachsen können.

[caption id="attachment_37448" align="alignnone" width="1920"] Nicht vergessen – Mutterpflanze und Stecklinge markieren![/caption]

Sollte die Outdoorpflanze langsam wachsen oder lange zum Reifen benötigen, sollte zur Sicherheit ein Monat draufgerechnet werden. Wer für seinen Outdoor-Grow die eine Mutterpflanze selektieren und zugleich alle Pflanzen mit männlichen Eigenschaften aussortieren will, fängt also wenigstens sechs Monate vor Pflanzzeit an. Sollen besonders viele Stecklinge geschnitten werden, müsste das erste Säen also noch früher stattfinden. Nachdem man weiß, welche Pflanze es werden soll, werden Stecklinge genommen und zu Mutterpflanzen hochgezogen, um wiederum Stecklinge zu nehmen, die dann ab Ende Mai outdoor gepflanzt werden. Man könnte mit dem Säen also glatt nach dem Hochsommer beginnen.

Doch auch dieser Schritt lässt sich beschleunigen, wenn es nicht „diese eine Pflanze“, sondern nur eine rein weibliche Pflanze sein soll. Dann reicht es aus, die Stecklinge zu nehmen, die Saatpflanzen in die Blüte zu stellen und noch drei Wochen zu warten. Schon weiß man, welche der Pflanzen männliche Merkmale ausprägen und sortiert diese komplett aus. Von den restlichen Pflanzen können Stecklinge für das Outdoor-Jahr geschnitten werden. Man spart also Monate und hat rein weibliche Stecklinge. Man würde seine Mutterpflanze also gute vier Monate vor dem Outdoor-Pflanztag im Januar indoors säen.

Wer mit dieser Strategie eigene Stecklinge für seine Outdoor-Saison erzeugen will, muss selbsterklärend einen Outdoorstrain wählen, der auch indoor angebaut werden kann. Solange auf Erde mit guten Klimabedingungen gearbeitet wird, sollte das eigentlich bei jedem Outdoor-Strain gehen, nur, dass die erste Testernte indoors möglicherweise mager ausfällt.

Sicherlich ist es bequemer, wenn feminisierte Seeds oder Stecklinge gekauft werden. Wer keine Stecklinge bekommt, auf feminisierte Seeds verzichtet und diese eine Pflanze immer wieder anbauen möchte, ist mit dieser Vorgehensweise erfolgreich.