Die Polizei – Freund, Helfer und Exekutor

Soft Secrets
28 Jun 2016

In den USA ist es Alltag, dass Menschen auf offener Straße durch Polizeibeamte erschossen werden, es finden sich davon sogar einige Videos im Netz. Die Schwester des Autoren des vorliegenden Artikels berichtete von ihrem US-Urlaub nahe der mexikanischen Grenze: „Die Schießereien auf dem Hotelparkplatz schienen so alltäglich zu sein, dass sich vom Hotelpersonal nichtmal jemand aufregte.“


In den USA ist es Alltag, dass Menschen auf offener Straße durch Polizeibeamte erschossen werden, es finden sich davon sogar einige Videos im Netz. Die Schwester des Autoren des vorliegenden Artikels berichtete von ihrem US-Urlaub nahe der mexikanischen Grenze: „Die Schießereien auf dem Hotelparkplatz schienen so alltäglich zu sein, dass sich vom Hotelpersonal nichtmal jemand aufregte.“

In den USA ist es Alltag, dass Menschen auf offener Straße durch Polizeibeamte erschossen werden, es finden sich davon sogar einige Videos im Netz. Die Schwester des Autoren des vorliegenden Artikels berichtete von ihrem US-Urlaub nahe der mexikanischen Grenze: „Die Schießereien auf dem Hotelparkplatz schienen so alltäglich zu sein, dass sich vom Hotelpersonal nichtmal jemand aufregte.“

Von diesen Zuständen sind wir in Deutschland glücklicherweise weit entfernt, hier wird der „Verdächtige“ eher genötigt, stigmatisiert und ihm seine Existenz erschwert. Erschossen werden allerdings die wenigsten. André B. machte am 25. Juni 2014 im bayerischen Burghausen einen tödlichen Fehler: Michael K. und sein Kollege, beide in Zivil, wollten ihn stellen. Für André B. war ein Haftbefehl ausgestellt. Er saß bereits wegen Dealerei ein, dann hatte ihn ein alter Bekannter angeschwärzt. Vermutlich grundlos und nur, um den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, also als sogenannte Entlastungsaussage. Bei André B. konnten im weiteren Verlauf keine verbotenen Drogen gefunden werden. Es ging in seiner „Karriere“ nur oder überwiegend um Cannabis. André B. wollte sich der Festnahme entziehen und lief weg. Daraufhin wurde er von Michael K. in Kopf oder Genick getroffen und starb.

Eine Person mit dem Kürzel KS startete auf Change.org im Sommer 2015 eine Petition und schilderte den Fall. Als Petitionsziel sollte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Todesschützen erheben.

Der Todesschütze wurde angeblich bei vollem Gehalt beurlaubt und suchte im Internet aufmerksam nach „übler Nachrede“. Michael K. nutzte seine Zeit, um Leute wegen Beleidigungen zu verklagen. Dabei konnte er sich durchsetzen, und die Angeklagten mussten für Verfahrenskosten und Schmerzensgeld tief in die Tasche greifen. Sich gegenseitig zu beleidigen und zu hetzen, ist generell sehr kontraproduktiv. Hier kann sich zudem ein vermeintlicher Täter als Opfer hinstellen, das spielt ihm vielleicht sogar noch in die Tasche.

Das Petitionsziel wurde leider nicht erreicht. Mitte Februar 2016 erklärten verschiedene Zeitungsberichte, dass die Staatsanwaltschaft nach reichlicher Prüfung den Fall einstellte. Die Faktenlage einiger Artikel stimmt dabei nicht mit den Inhalten der Petition überein. Aus dem Inhalt der Petition geht hervor, dass die Beamten in Zivil eigentlich für die Sicherung des Fußballstadions beim dortigen Fußballspiel eingesetzt worden waren. Diese hatten dennoch die Wohnung der Freundin von André B. observiert, da ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt vorlag. Der Beschuldigte wurde angetroffen und rannte weg, der folgende Kopfschuss tötete ihn. Dabei hatte Michael K. in Kauf genommen, dass sein Kollege sich zwischen ihm und André B. befand – außerdem spielten in unmittelbarer Nähe Kinder. Nicht nach Anweisung zu handeln und stattdessen einen Menschen für einen Haftbefehl, der auf Falschaussagen oder Mutmaßungen beruht, zu erschießen, ist ein starkes Stück. Dabei aber auch noch die Sicherheit anderer zu gefährden, ist extrem fahrlässig. In der Petition wird bereits von versuchter Verschleppung gesprochen: Es wird auf Zeit gespielt, bis es nicht mehr interessiert. In verschiedenen Zeitungsartikeln wurde dies damit begründet, dass man Gutachter bestellt hatte, die die Tat rekonstruieren und alles sehr genau prüfen wollten. Damit zogen also 18 Monate dahin und eine Anklage wurde und wird nicht erhoben, die Ermittlungen werden eingestellt. Michael K. wird vermutlich ohne jegliche Konsequenzen seinen Polizeidienst wieder aufnehmen.

Die Männer in zivil gaben sich als Polizeibeamte zu erkennen und gaben vor dem Todesschuss einen Warnschuss ab. André B. wusste also, dass er stehenbleiben sollte und dass es sich um Polizeibeamte handelte. Weiß man in „zwielichtigen“ Kreisen also immer so genau, dass es sich um Beamte in Zivil handelt? Behaupten kann das immerhin jeder, Waffen haben viele unbefugte Personen, und eine Polizeimarke kann man sich selber basteln. Wenn einem zugerufen wird: „Polizei, stehen bleiben!“, rennt man vielleicht trotzdem – womöglich einfach aus Todesangst.

Zumindest stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass Michael K. sich im rechtlichen Rahmen bewegt hatte. Ein gezielter Todesschuss kann nicht unterstellt werden, da aus der Entfernung von 6,50 bis 10,20 Metern ein präzises Zielen aus dem Stegreif nicht möglich sei.

Das kann schonmal passieren, dass Leute für gar nichts erschossen werden. Akte zu und das war es dann? Vermutlich nicht, die Gegenseite wird jede rechtliche Möglichkeit ausschöpfen, um Michael K. dennoch zu belangen. Beim bisherigen Verlauf wird das voraussichtlich, abgesehen von der Medienwirkung, gar nichts bringen. Polizisten sind also unsere Freunde, Helfer und manchmal auch Exekutoren. Das Töten darf hierbei nicht als vorsätzlicher, sondern als versehentlicher Akt verstanden werden.

In den USA verlieren im Schnitt mehr als zwei Personen täglich ihr Leben durch Cops und deren Schusswaffen. Es sind so viele Einzelfälle, dass es kaum jemand mitbekommt. André B. ist jedoch ein Einzelfall in Deutschland, vielleicht aber doch kein seltener? Neben dem Tod durch Schusswaffen, gibt es diverse andere Möglichkeiten, durch Polizistenhand ums Leben zu kommen. Aber auch da steht Deutschland im Schatten der USA. Tödliche Verfolgungsjagden gibt es auch in Deutschland, aber in den USA ist das durchaus Alltag. Es gibt zudem Statistiken aus der Schweiz, die besagen, dass bei stärkerer Repression die Zahlen der Drogentoten zunehmen.

Es sterben ständig Menschen durch Polizeigewalt, in den USA ist es jedoch bedeutend schlimmer. Aber das darf jetzt keine Entschuldigung und kein Freifahrtschein für deutsche Beamte sein. Wir alle müssen solche Fälle wahrnehmen, kommunizieren und entsprechend intervenieren, damit solche Vorfälle „tragische Einzelfälle“ bleiben. In den USA ist all das so alltäglich, dass die Hemmschwelle der Beamten weit abgesunken ist und sich eher die „Erst schießen, dann fragen“-Mentalität verbreitet: Das darf jedoch nicht sein, da die Polizei uns alle, auch Kiffer und Freaks, beschützen und nicht exekutieren soll.

S
Soft Secrets