Ich sah mein Leben an mir vorüberziehen

Soft Secrets
27 Jul 2013

Die drogenpolitischen Bestrebungen des deutschsprachigen Raums sind - wir wissen es nur allzu gut - an Blödsinnigkeit und Irrwitz kaum zu überbieten. Das wird besonders dann deutlich, wenn Angehörige des Systems es sich nicht nehmen lassen, tagsüber auf Basis der Gesetzgebung Drogenkonsumenten zu verknacken, um anschließend im Feierabend selber zu konsumieren.


Die drogenpolitischen Bestrebungen des deutschsprachigen Raums sind - wir wissen es nur allzu gut - an Blödsinnigkeit und Irrwitz kaum zu überbieten. Das wird besonders dann deutlich, wenn Angehörige des Systems es sich nicht nehmen lassen, tagsüber auf Basis der Gesetzgebung Drogenkonsumenten zu verknacken, um anschließend im Feierabend selber zu konsumieren.

TEIL 1

Die drogenpolitischen Bestrebungen des deutschsprachigen Raums sind – wir wissen es nur allzu gut – an Blödsinnigkeit und Irrwitz kaum zu überbieten. Das wird besonders dann deutlich, wenn Angehörige des Systems es sich nicht nehmen lassen, tagsüber auf Basis der Gesetzgebung Drogenkonsumenten zu verknacken, um anschließend im Feierabend selber zu konsumieren. Wir haben mit zwei befreundeten Männern gesprochen, die sich für Psychoaktiva interessieren und diese regelmäßig einnehmen, die aber berufsmäßig Typen ihrer eigenen Fasson zu bestrafen genötigt sind. Unsere Interviewpartner sind Stephan (41), Hauptkommissar, und Dirk (38), Staatsanwalt (Namen von der Redaktion geändert). Beide verbindet nicht nur ihre Freundschaft, sondern darüber hinaus die Leidenschaft für Psychoaktiva. Um es auf den Punkt zu bringen: Stephan und Dirk sind ausgemachte Psychonauten. Und nun seid gespannt, was die beiden zu sagen haben. Es ist der Hammer.

Moin, Jungs, cool, dass ihr euch die Zeit nehmt, um unseren Lesern etwas über euch zu erzählen. 

Stephan: Kein Problem, dir erzählen wir gerne alles, weil wir wissen, dass diese Infos bei dir in guten Händen sind.

Dirk: Du musst uns nur versprechen, uns nicht zu demaskieren.

Stephan, du bist Polizeibeamter. Erzähl unseren Lesern doch mal, wie du zu Cannabis stehst.

Stephan: Ich liebe dieses Zeug. Es ist eine Schande, dass diese heilige Pflanze in den meisten Länder der Welt verboten ist.

Wie passt das zusammen mit deinem Beruf? Solltest du nicht Typen, wie du einer bist, gnadenlos jagen und bekämpfen? 

Stephan: Klar, das sollte ich. Und das mache ich auch – immer dann, wenn es von mir verlangt wird. Ob ich das gut finde, die durchgedroschene Drogenpolitik für die Damen und Herren Regierenden durchzuboxen, ist eine ganz andere Sache.

Dirk: Das geht mir ganz genau so. Es ist schon paradox: Tagsüber müssen wir Drogenkonsumenten bestrafen und wegsperren, in Wahrheit aber wissen wir, dass diese Politik mehr Schaden anrichtet als der Konsum psychoaktiver Substanzen selbst. In Wahrheit hegen wir beide eine außerordentliche Liebe zu den geistbewegenden Pflanzen.

Dirk, du bist Staatsanwalt, wir kennen uns schon lange. Wie kannst du vor Gericht für eine Strafe auf den Besitz von Cannabis plädieren und draußen im privaten Auto selber das Weed deponiert haben? Kannst du nachts überhaupt noch ruhigen Gewissens schlafen? 

Dirk: Ich muss dir sagen, das ist ganz schön kniffelig. Klar empfinde ich für die Jungs, die da wegen etwas Homegrow vor dem Richter sitzen, deutlich mehr Sympathie als für den Herrn Vorsitzenden in seiner kühlen Robe. Aber das darf niemand merken. Ich bin ja der Staatsanwalt und dafür zuständig, die „Kriminellen“ von der Straße zu holen. Es ist delikat: Im Grunde führen Stephan und ich ein Doppelleben. Und das ist stressig.

Lasst mich mal süffisant sein und behaupten: Wenn ihr tatsächlich überzeugte Psychonauten seid, dann verratet ihr euch selber und eure eigenen Ideale. 

Dirk: Da hast du wohl recht, leider stimmt das auf eine ganz bizarre Art und Weise. Aber wie das Leben so spielt und wohin einen die Wogen der Existenz so treiben – es entwickelt sich doch alles, und man hat auf das eigene Leben nicht immer die objektive Schau von außen.

Stephan: Ja, das sehe ich auch so. Wir erfüllen unsere Aufgaben in diesem System, um damit unser Überleben zu sichern. In Wahrheit aber leben wir davon, Menschen zu bestrafen oder zu verfolgen, die letztlich genau so sind wie wir. Das ist, denkt man mal näher drüber nach, beschämend, und ich komme damit auch immer weniger klar.

Ups, so hart mit sich selbst? Wieso schlagt ihr nicht einen anderen Weg ein? 

Stephan: Witzbold. Wir haben Familien, eine gesunde Reputation, ein gutes Einkommen. Es fällt nicht grad leicht, mit alten Gewohnheiten zu brechen und alles das aufzugeben. Ich müsste ja meinen kompletten Weg ändern. Und das wäre mit eindeutigen Problemen verbunden.

Dirk: Ja das geht mir genauso. Was soll ich denn sonst tun? Eine Kanzlei eröffnen, um drogenpolitisch Verfolgten beizustehen?

Zum Beispiel. Da wärst du nicht der erste. Das wäre doch eine tugendhafte, hervorragende Aufgabe!

Dirk: Wie sollte ich das meinem privaten Umfeld erklären? Nein, das ist mir zu anstrengend. Ich möchte viel lieber in dem bequemen Nest sitzen, in das ich im Laufe meiner Biografie hineingeplumpst bin.

Erzählt doch mal: Habt ihr Kinder?

Stephan: Ja, ich habe einen Sohn, der ist aber schon 19.

Dirk: Ich habe eine Tochter aus erste Ehe und einen Stiefsohn. Beide minderjährig.

Und wie sind die so drauf? Gibt es mit denen Probleme, was z. B. die Vorliebe für Substanzen angeht?

Stephan: Oh ja, allerdings. Mein Spross ist leidenschaftlicher Hanfgebraucher. Das hat mir schon so manches Mal potenziell den Job gefährdet. Einmal mussten die Kollegen und ich zu einem Einsatz, wo es um mittelgroßen Anbau von Cannabis ging. Dummerweise wusste ich jedoch schon im Vorfeld, dass mein Sohnemann da involviert war. Und nicht nur das: Ich selber hatte zu der Zeit aus genau dieser Plantage meinen Eigenbedarf gedeckt. Ich sah mein Leben an mir vorüberziehen. Die Anfahrt zum Einsatzort war also alles andere als schön. Zum Glück war niemand von den Verdächtigen vor Ort, und wir haben auch meinen Sohn nicht gefunden. Puh, da war ich mächtig froh. Was hätte das gegeben?

Wissen deine Kollegen von deiner Leidenschaft für Psychoaktiva?

Stephan: Um Gottes Willen, nein! Dann wäre alles aus, ich bin also von dieser Warte aus betrachtet im Moment erpressbar – nämlich von dir.

Keine Angst, wir sitzen alle in einem Boot.

Stephan: Eben, vorm jüngsten Gericht sind wir sowieso alle gleich. Sieh es so, Markus, wir haben ja wegen unserer Jobs zwar ein größeres Risiko, falls wir erwischt werden. Die Gefahr, dass dies passiert, ist allerdings eher gering. Bei uns käme kein Mensch auf die Idee, dass da irgendwas nicht sauber sein könnte.

Dirk: Sauber im rein juristischen Sinne. In Wahrheit wissen wir, dass die Vorliebe für psychoaktive Sachen nichts Unsauberes ist. Es ist allein ein Problem des kollektiven Bewusstseins. Das ist über die Zeit verdreckt durch Profit- und Machtgier, letzten Endes wegen des verfluchten Geldes.

Fortsetzung folgt im nächsten Heft.

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