"Wissenschaftliche" Gerüchteküche: Blackout durch Hanfsamen?
Blackout durch Cannabis(-samen)? Sogenannte Stoffe, für die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eine Beschränkung bei der Verwendung in Lebensmitteln empfohlen wird, werden in Deutschland gesetzlich reglementiert und in der Stoffliste des Bundes und der Bundesländer für die Kategorie „Pflanzen und Pflanzenteile“ erfasst.
Hanfsamen lösen nach Monaten einen Blackout aus?
Zu diesen Stoffen gehören auch Hanfsamen, die nur dann vom Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erfasst werden, wenn sie dem Anbau von Cannabis dienen (sollen). Damit darf Hanfsaat - wir sprechen von Samen des Faserhanfs - zur Herstellung von zum Beispiel Lebensmitteln und Kosmetikprodukten verwendet werden. Wie allgemein bekannt ist, gehören Hanfsamen zu den außerordentlich gesunden Lebensmitteln. In der genannten Stoffliste aber ist Hanfsaat in der Unterliste B gelistet, eben bei solchen Stoffen, für die eine Beschränkung empfohlen ist. Hanfaktivist Maximilian Plenert ist auf diese Sache gestoßen und hat auf seinem Blog "Alternative Drogenpolitik" einen entsprechenden Artikel verfasst, auf den wir uns hier auch beziehen. Max Plenert hat nämlich einmal nachgeschlagen, worauf sich diese Kategorisierung bezieht bzw. was die entsprechenden Quellen für diese Handhabung sind. Das Erstaunliche: Es sind nicht etwa Studien, die für eine solche Deklarierung in Auftrag gegeben worden sind, nicht mal solche, die anderweitig durchgeführt worden wären.
Als Quellen werden zwei toxikologische Buchwerke über Giftpflanzen angegeben, nämlich zum einen: Lutz Roth, Max Daunderer und Kurt Kormann (2006): Giftpflanzen-Pflanzengifte. Vorkommen – Wirkung – Therapie – Allergische und phototoxische Reaktionen, 4. Aufl., Nikol Verlagsgesellschaft mbH Hamburg Dort ist Cannabis als "giftig C" deklariert, in einem anderen Standardwerk der Toxikologie wird Cannabis als "schwach giftig III" deklariert, nämlich in: Michael Wink, Ben-Erik van Wyk, Coralie Wink (2008): Handbuch der giftigen und psychoaktiven Pflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart Die Fachwelt dürfte sich darüber einig sein, dass Cannabis und seine Produkte in der Tat nicht zu den gefährlichen Giftstoffen gezählt werden dürfen, weil die toxikologische Bedeutsamkeit schlichtweg fehlt. Zwar lässt sich über die wie auch immer geartete Toxizität von Cannabinoiden streiten. Fakt ist aber, dass Hanfsamen kein THC und keine anderen psychoaktiven Cannabinoide enthalten. Auf diese wird aber bei der Kategorisierung der Hanfsamen Bezug genommen.
Unfassbarerweise werden, bezogen auf die etwaigen Risiken, die Cannabinoide mit sich bringen, Roth und Daunderer zitiert, die in ihrem (ohnehin nicht besonders genialen) Buch "Giftpflanzen - Pflanzengifte" als eine der Nebenwirkungen vermerken: "nach 1–3 Monaten kann ein plötzlicher Blackout auftreten". Woher die Autoren diese Information haben, erschließt sich nicht - schon gar nicht, wenn es darum geht zu begründen, weshalb Hanfsamen einer beschränkten Verwendungsfähigkeit unterliegen sollen. Das ist an den Haaren herbeigezogen und wissenschaftlich nicht haltbar. Lest den Artikel von Max Plenert auf http://www.alternative-drogenpolitik.de/2017/06/27/ploetzlicher-blackout-nach-13-monaten-durch-hanfsamen/