Richtungsweisender Fall von Cannabisbesitz in der Berufung entschieden

Mercedes.Frank
14 Jul 2022

Ende Mai hat ein Lübecker Berufungsgericht einen Cannabisfall entscheiden, der wegweisend für ähnliche Fälle werden könnte. Was ist geschehen?


Zwei Männer, Vater und Sohn, wurden vom Landgericht in sechs Fällen des Besitzes großer Mengen (mehrere hundert Gramm) von Betäubungsmitteln (Cannabis) für schuldig befunden, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Die beiden hatten und haben das Gras aber nicht zum Spaß, also für ihr Freizeitvergnügen, sondern aus medizinischen Gründen.

Der Sohn leidet unter sehr schmerzhaften Spastiken. Die ihm verschriebene Menge an Cannabis reicht aber bei Weitem nicht aus, um die Symptome halbwegs in den Griff zu bekommen. Der Sohn benötigt derzeit täglich sechs bis sieben Gramm Gras.

Daher hat der Vater Cannabis besorgt… nur um die Lücke zwischen verschriebenem und erforderlichem Cannabis zu schließen.

Nach dem Urteil des Landgerichts wären auf die beiden höhere Geldstrafen zugekommen.

Dem ist jetzt aber nicht so, da das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben hat.

Das Berufungsgericht hat die beiden Männer freigesprochen, weil der Besitz von Cannabis nach deutschem Recht als "Notfall" gerechtfertigt sei.

Die gerechtfertigten strafrechtlichen Sanktionen würden in diesem Fall durch einen ungedeckten medizinischen Bedarf überlagert werden.

Eine sehr gute Nachricht für alle, die auf medizinisches Cannabis angewiesen sind. Und von denen nicht wenige ein Strafverfahren am Hals haben.

Zwar ist medizinisches Cannabis seit 2017 in Deutschland legal, aber wir haben ja schon mehrfach darüber berichtet, dass es nicht selten schwierig ist, einen Arzt zu finden, der Cannabis verschreibt. Und das muss dann auch noch alles von der Krankenkasse abgesegnet werden. Was wiederum leider oft genug nicht der Fall ist.

Dieses Urteil könnte zumindest dafür sorgen, dass Gerichtsbarkeiten einige völlig irrelevante Strafverfahren beenden. Und die Patienten neben ihren physischen Leiden weniger psychischen Stress, durch ein mögliches oder tatsächliches Strafverfahren, haben.

Und es könnte vielleicht auch dazu beitragen, den Prozess der Legalisierung noch einmal zu beschleunigen.

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Mercedes.Frank