Polizeihelme zu Blumentöpfen

Soft Secrets
01 Aug 2011

Olit R.

Der Global Marijuana March - seit 1999 gibt es den vom Aktivisten Dana Bael initiierten Protestmarsch, der auf die Missstände innerhalb der Drogenpolitik aufmerksam machen soll. Nach zwölf Jahren beteiligen sich nun bereits mehr als 600 Städte weltweit an dieser globalen Demonstration für die Legalisierung von Hanf.

Der Global Marijuana March - auch Blunt Day, Marijuana Day, Hanftag und in Wien Hanfwandertag genannt - findet immer am ersten Samstag im Mai statt. In Deutschland wurde der GMM dieses Jahr leider in nur zwei Städten zelebriert: in Berlin und Frankfurt/M. nämlich. Dieser Tag wird weltweit genutzt, um die Mitmenschen über das absurde Cannabisverbot aufzuklären und die Widersinnigkeit der Gesetzgebung zu verdeutlichen.

Beim GMM treffen Hanfliebhaber aufeinander, tauschen Informationen aus und haben einfach einen schönen Tag mit gleichgesinnten Menschen. Allerdings ist die Masse der am GMM teilnehmenden Hanfliebhaber in Deutschland eher eine verhaltene. Zu viele Hänflinge haben schlicht Angst, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen und von der Polizei schikaniert zu werden. Das darf nicht sein. Daher lautete das Motto des GMM heuer Polizeihelme zu Blumentöpfen - ein Sinnbild, das nicht weiter erläutert werden muss.
Ingrid Wunn (Die Linke) von der Hanf-Initiative hat es zum siebtenmal vollbracht, den Global Marijuana March in Frankfurt zu organisieren. Am 7. Mai trafen sich alle Aktivisten und Demonstranten am Nachmittag am Opernplatz, um auf die Pflanze Hanf und die vollkommen sinnlose Drogenpolitik aufmerksam zu machen. Die Sonne lachte, die marschierenden Hanffreunde waren entspannt und freundlich - und die Passanten ebenso.
Liedermacher Selassikai vom Internetportal hanf-aktivisten.de begleitete und untermalte den gesamten GMM mit passenden Liedern, die solch schillernde Titel tragen wie „Cannabis ist Medizin" oder „Ich verweigere die Aussage". Ob jung oder alt - die meisten Passanten verweilten für ein Moment und waren amüsiert von seinen Texten. Andere Passanten informierten sich bei den Hanfaktivisten über deren Anliegen, beispielsweise über die derzeitige Gesetzeslage. Einige Hanffreunde brachten selbstgebastelte Schilder mit, um damit so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Aufgrund einer angekündigten Intifada-Demonstration musste dann um etwa halb vier der friedliche GMM kurzfristig in den Lesegarten verlegt werden. Ungefähr 50 Hanfliebhaber hatten sich zu diesem Zeitpunkt dort versammelt. Mitglieder und Aktivisten der Hanf-Initiative und der Grünen Hilfe hatten die Demonstranten mit Infoständen in Empfang genommen.

Ingrid Wunn besorgte die Kundgebung des GMM und sprach über das mögliche Abgabemodell so genannter Cannabis-Social-Clubs wie sie in Belgien und Spanien gang und gäbe sind. Solche Clubs eröffneten die Möglichkeit, auf legalem Wege an reines und preiswertes Cannabis zu kommen. Dabei wäre den Behörden die Möglichkeit gegeben, den Anbau zu kontrollieren. Auch würde mit Etablierung solcher Einrichtungen kein Geld mehr an kriminelle Organisationen fliesen. Außerdem wäre mit diesem Modell ein besserer Jugendschutz möglich.
Günter Weiglein, ein Cannabis-Patient aus Würzburg, berichtete über seinen abgeschmetterten Antrag, Cannabis für den Eigenbedarf anbauen zu dürfen das viel zu teure Medikament Cannabis, das er über die Apotheke bezieht - für runde 72 Euro die Fünf-Gramm-Einheit! Er betonte, dass es mehr Ärzte geben müsse, die ihren Patienten eine Cannabis-Therapie ermöglichen. Es könne nicht sein, dass es in so einem großem Land wie Deutschland nur etwa 45 Cannabis-Patienten gebe. Günter wäre außerdem für eine komplette Legalisierung von Cannabis in Deutschland, denn dann könnte jeder die Mengen und Substanzen konsumieren, die er selbst für richtig hält.
Volker Mosler (Die Linke/Frankfurt) schilderte den Zusammenhang von illegalen Waffen und illegalen Drogen. Drogen seien die Haupteinnahmequelle der organisierten Banden.
Die Hanfprinzessin, eine Hanfaktivistin aus Berlin, schilderte die verschiedenen Möglichkeiten der Integration der Hanfpflanze. Sie zeigte auf, dass Hanf im Alltag nützlich ist, denn Hanf ist nicht nur ein Psychoaktivum. Aus Cannabis lässt sich außerdem Nahrung, Baustoff, Dämmstoff, Papier, Brennstoff, erneuerbare Energie und vieles mehr gewinnen. Jo Biermanski von der „Grünen Hilfe" kritisierte die Sicherungsverwahrung für Drogen- und Hanfverkäufer.

Tilo Clemeur, ein „Dronabinol"-Patient aus Duisburg, berichtete von seinem Leidensweg und darüber, dass er dank Dronabinol (Internationaler Markenname für THC-haltige Pharmazeutika) seit mehr als vier Jahren ohne epileptischen Anfall leben kann. Ohne Dronabinol klagte Clemeur er alle sechs bis acht Wochen über einen Anfall - trotz medikamentöser Einstellung. Tilo monierte die hohen Preise für Cannabis als Medikament und die Tatsache, dass die Krankenkassen ihn auf den Kosten für eben jenes sitzen ließen. Nun, da er einen Arzt gefunden habe, der ihm Dronabinol verschreibt, könne er aus Kostengründen daraus keinen Nutzen ziehen. Zehn Milliliter Dronabinol, eine menge, die grade mal für drei bis vier Tage reicht, kosten um die 270 Euro!
Interessanterweise gab sich die Polizei von ihrer freundlichsten Seite. Es wurden keine Ausweise kontrolliert, und niemand musste vor den Herren in Blau die Taschen ausleeren. Es gab keinen riesigen Polizeiaufmarsch, lediglich fünf freundliche Polizisten begleiteten die Gruppe Hänflinge bis zum Lesegarten und verabschiedeten sich mit den Worten „einen schönen Tag noch" - es geschehen noch Zeichen und Wunder.

Das war vielleicht auch ein Grund dafür, dass in Frankfurt alles harmonisch ablief. Ingrid Wunn bestätigte, dass sie von der Polizei kein anderes Verhalten gewohnt sei. Also, liebe Hanffreunde, es gibt keinen Grund, sich weiter zu verstecken!
Geht auf die Straße, sonst wird sich nie was ändern! Bringt bitte nächstes Jahr eure Freunde, Geschwister, Großeltern und sonst wen mit zum GMM nach Frankfurt! Organisiert eigene Protestmärsche, beteiligt euch an den diversen Hanfaktionen!
Denn jeder kann eine Demo anmelden, und mit etwas Hilfe von Freunden kann das ein wunderschöner und vor allem sinnvoller Tag in eurer Stadt werden.
Wer aber noch nie auf einer Hanfdemo war, der braucht nicht bis zum nächsten Jahr zu warten. In Berlin findet am 6. August ab 13 Uhr wieder mal die Hanfparade statt. Treffpunkt Alexanderplatz. Das Motto „40 Jahre sind genug - BtmG ade!" Kommt alle und macht mit, denn 40 Jahre sind tatsächlich viel zu viel. Es reicht! Auf geht's!

Weitere Infos zum GMM gibt's auf deren Internetseiten unter www.globalmarijuanamarch.ca

 

S
Soft Secrets