Die lungenfreundliche Alternative
Schon seit 2007 gibt es in Berlin-Treptow einen ganz speziellen Fachhandel für Vaporizer: bei "Verdampftnochmal" werden ausschließlich Verdampfer und das dazugehörige Zubehör angeboten. Wir sprachen mit Andreas Halbmeier - einem der Gründer und Eigentümer von "Verdampftnochmal" über die Vorzüge des sachkundig praktizierten Vaporisierens.
Kannst du uns zunächst etwas über die Anfänge des Vaporisierens erzählen?
Im Grunde genommen wurden Vaporizer hier in Deutschland erfunden: Alles begann mit der Heißluftpistole von "Steinhel", die als erstes dazu verwendet wurde, Stoffe zu verdampfen. Ursprünglich war sie entwickelt worden, um Farbe abzubrennen, aber man stellte schnell fest, dass sie auch zum Verdampfen von Kräutern geeignet war. Selbst bei Cheech & Chong kam schon mal ein Vaporizer vor – der war zwar nicht wirklich einer, sollte wohl aber einen darstellen. Aber das ist auch schon lange her. So richtig angefangen hat alles Mitte der 90er Jahre, als "Eagle Bill" den ersten Vaporizer auf den Markt brachte. Das war noch ein Gerät mit einer Art Glühbirne, die mit dem Feuerzeug von unten erhitzt wurde – und das funktioniert nur relativ schlecht. Das war auch das erste Gerät, das ich persönlich ausprobiert habe - und ich war nicht gerade davon begeistert. Die ersten marktreifen elektronischen Vaporizer hießen dann "Aromed" und "Volcano" und sie funktionierten schon richtig gut.
Bei welchen Temperaturen wird normalerweise vaporisiert?
Ab 160 Grad geht es los und bei 180 Grad beginnt sich Dampf zu entwickeln. Man hat irgendwann festgestellt, dass jedes Kraut seinen eigenen Siedepunkt hat, bei dem seine ätherischen Öle oder andere Wirkstoffe extrahiert werden. Das Spektrum ist hierbei sehr groß: Bei Wasser liegt der Siedepunkt ja bekanntermaßen bei 100 Grad – es gibt aber auch Kräuter, da liegt der Siedepunkt erst bei etwa 260 Grad Celsius. Es kann also nicht schaden, sich vor der ersten Nutzung eines Vaporizers erstmal eingehend zu informieren: Was will ich vaporisieren? Welche Temperatur ist dafür optimal? In der einschlägigen Fachliteratur findet man dazu auch nur grobe Richtwerte – ganz genau muss man das letztendlich selbst herausfinden und einfach solange mit der Temperatur herumexperimentieren, bis man das für sich Optimale herausgefunden hat. Heute geht man davon aus, dass bei Cannabis das THC schon bei ca. 190 Grad zu verdampfen beginnt, bei 210 Grad lösen sich dann wohl auch CBD und viele anderen Cannabinoide.
Worin liegt eigentlich der Vorteil des Vaporisierens?
Es ist einfach nicht so ungesund wie das Rauchen. Aber die Vaporisation hat auch noch eine Menge anderer Vorteile: Zum einen schmeckt es viel besser, es ist auch angenehmer zu inhalieren und kratzt nicht so. Außerdem wird die Raumluft nicht so belastet und es findet auch eine viel bessere Verwertung der Kräuterinhaltsstoffe statt. Man braucht einfach viel weniger und konsumiert somit effektiver. Ähnlich unschädlich wie das Vaporisieren ist eigentlich nur die orale Aufnahme – aber die lässt sich meist nicht so gut dosieren und ist daher nicht alltagstauglich.
Spürt man die Wirkung mit einem Vaporizer genauso schnell wie beim Rauchen?
Nicht ganz – es können schon mal bis zu fünf Minuten vergehen, bis die erste Wirkung einsetzt. Viele, die zum ersten Mal vaporisiert haben, sagen danach, es wäre irgendwie hinten herum gekommen. Insofern sollte man beim ersten Mal auch nicht zu ungeduldig sein und in den ersten Minuten unentwegt inhalieren, sondern lieber erst ein paar Minuten abwarten, ob sich nicht doch noch eine Wirkung einstellt. Denn was dann kommt, ist das "klare" bzw. "echte" High. Alles andere ist ja doch irgendwie beeinträchtigt – nicht nur durch die Verbrennung, sondern vor allem durch die Beimengung von Tabak, der meiner Meinung nach die schlimmste Einstiegsdroge überhaupt ist. Denn die Tabak-Sucht ist tatsächlich eine der schlimmsten – das merke ich auch in meinem eigenen Bekanntenkreis. Da könnte jeder von mir zum Freundschaftspreis oder sogar kostenlos einen Vaporizer abstauben – und die finden das dann auch immer ganz nett, wenn sie es probiert haben, aber letztendlich heißt es dann: "Okay, dann lass uns mal ein Zigarettchen drehen..."
Vaporizer werden inzwischen auch häufig medizinisch eingesetzt – welche Anwendungsgebiete gibt es hier?
Leute die AIDS- oder Krebs-krank sind und einen Vaporizer verschrieben bekamen, für die ist Cannabis DAS Medikament schlechthin, da es appetitanregend wirkt und sie wieder gut einschlafen können. Bei anderen Patienten wirkt das Vaporisieren von Salbei schweißmindernd und desinfizierend. Und Pfefferminze kann man bei Magenbeschwerden verdampfen – das wirkt besser, als wenn ich einen Tee trinke. Insofern kann man mit dem Vaporizer viele ganz verschiedene Heilkräuter nutzen.
Wie kann man Vaporizer hierzulande von Ärzten verschrieben bekommen?
Das kommt ganz auf den Arzt an - denn es gibt sehr schlaue Ärztinnen und Ärzte, die in dieser Hinsicht recht dämlich sind. Ich selbst habe schon vor vielen Jahren einen "Aromed" von meinem Arzt verschrieben bekommen – ich hatte damals etwa ein viertel Jahr lang einen schweren Husten, der einfach nicht weggehen wollte und habe das mit dem "Aromed" und etwas Salbei gut in den Griff gekriegt. Zuvor hatte ich auch schon Kortison und viele weitere Mittel probiert, ohne dass sich eine Besserung einstellte. Also hat mir mein Arzt dann einen Vaporizer verschrieben, wobei ich dazu sagen muss, dass ich Privatpatient bin. Und für Privatversicherte ist es relativ leicht, einen Vaporizer verschrieben zu bekommen – da muss nur der Arzt ein Rezept unterschreiben und dann kann man sich ein gutes Gerät kaufen. Danach zahlt die Versicherung ihren Anteil - bei mir waren das immerhin 70 Prozent.
Und was kann man machen, wenn man kein Privatpatient ist?
Wenn man über gesetzliche Krankenkassen einen Vaporizer erhalten will, dann muss man weitgehend ausmedikamentiert sein und der Arzt muss bescheinigen, dass diese Applikationsmethode von Heilkräutern oder Medikamenten für den jeweiligen Patienten die beste ist. Dann übernehmen auch die gesetzlichen Krankenkassen ganz oder teilweise die Kosten für einen Vaporizer – aber letztendlich sind das immer Einzelfallentscheidungen.
Zählen viele Patienten zu euren Kunden und was vaporisieren die in der Regel?
Wir haben sicherlich eine ganze Reihe von Kunden, die Vaporizer nutzen, um aus medizinischen Gründen ganz verschiedene pflanzliche Materialien zu verdampfen. Darunter sind natürlich auch verbotene Kräuter oder Heilpflanzen, die man eigentlich nicht benutzen darf – das regelt das deutsche Betäubungsmittelgesetz ja schon von vornherein. Insofern outen sich bei uns eigentlich nur sehr Wenige als Patienten oder medizinische Anwender und es wird immer ganz gerne von Salbei gesprochen, auch wenn das sicherlich nicht das am meisten verdampfte Heilkraut ist.
Gibt es auch bei der Verwendung von Vaporizern gewisse Risiken und Nebenwirkungen?
Mir sind bisher keine bekannt, und auch persönlich habe ich noch nie irgendwelche unerwünschten Nebenwirkungen gespürt. Ich weiß aber, dass es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann, wenn man zum Beispiel ein kaputtes Gerät hat oder ein intaktes falsch bedient. Wenn ich die Temperatur zum Beispiel zu hoch ansetze, dann kann es sein, dass der Dampf die Lunge reizt und man sehr heftig husten muss. Dann war entweder die Temperatur zu hoch oder das Kraut zu potent. Das heißt, wenn der Richtwert mit 190 Grad korrekt eingestellt ist und ich trotzdem husten muss, dann habe ich hier sehr potentes Material und sollte mit der Temperatur runter bis auf 180 Grad gehen. Wir hatten auch schon Fälle, wo auf Messen in Prag oder Spanien Leute zu uns kamen, die ihre mitgebrachten Blüten in den Vaporizer stopften und wir bis auf 170 Grad runtergehen mussten, damit man den Dampf überhaupt einatmen konnte ohne zu husten. Das muss hochpotentes Zeug jenseits der 20-Prozent-Marke gewesen sein, da es erst bei 170 Grad inhalierbar wurde - insofern ist ein Vaporizer auch ein Indikator für die Qualität der verbrannten Pflanzenmaterialien. Wir hatten allerdings auch oft genug die gegenteiligen Fälle, wo die Leute mit ihrem Material kamen und selbst bei 190 Grad einfach nichts passierte. Auch bei 200 Grad änderte sich nichts und die Leute monierten: "Was ist denn das für ein Scheiß-Gerät? Da kommt ja nur so ein dünner, blauer Dampf raus!" Das lag dann allerdings nicht am Gerät, sondern an dem mitgebrachten Rauchkraut. Man muss also bei geringerer Qualität die Temperatur höher ansetzen und bei hoher Qualität mit der Temperatur etwas heruntergehen.
Bei einem Interview mit einem offiziellen Cannabispatienten erzählte mir dieser, dass er etwa ein Jahr lang einen Vaporizer genutzt hatte und diesen danach absetzen musste, da er das Gefühl hatte, ihm würden die Lungenbläschen verkleben und dass er asthmatische Probleme bekam – woran kann so etwas liegen?
Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Patient Cannabis-Öl verdampft und dabei eine viel zu hohe Temperatur angewendet hat. Bei Kräutern an sich kann da eigentlich nichts passieren – ganz im Gegenteil, was die Lunge betrifft, kann man da nur Positives berichten. Allerdings gibt es ja auch diese kleinen Vaporizer, die wie eine Elektrozigarette aussehen – und in die werden dann Konzentrate oder Öle eingefüllt. Damit ist das aber fast dasselbe wie ein Öl-Dom, den ich auf eine Bong stecke. Die heutigen Öl-Vaporizer sind aber alle besser geeignet und die Temperaturen lassen sich auch viel besser einstellen. Die Hersteller haben inzwischen verstanden, dass Dabben mit Husten für Deppen ist, denn letztendlich wird das Öl so verbrannt - schließlich geht ab einer bestimmten Temperatur die Verdampfung einfach in eine Verbrennung über. Das ist bei allen Ölen so. Dann brechen die Moleküle auf und es entsteht eine Verbrennung. Wenn man den Rauch dann einatmet, erfährt man definitiv eine Belastung der Lunge. Das kenne ich sogar selber: Ich habe mal vier Tage am Stück nur einen Öl-Vaporizer genutzt und danach festgestellt, dass das doch ganz schön auf die Lunge geht. Ich musste ganz viel abhusten und trotzdem hat es die Lunge nicht vernünftig abbauen können, da sich die Öle in der Lunge festgesetzt haben.
Das klingt schon nach dem beschriebenen Fall, allerdings hatte der Patient ganz legale "Bedrocan"-Blüten als Medizin und damit auch zum Verdampfen erhalten...
Dann müsste man wissen: Welches Gerät hat er verwandt und bei welchen Temperaturen hat er das Material verdampft? Denn wie gesagt – eine falsche Bedienung kann durchaus zu unerwünschten Nebenwirkungen führen und falls es ein Billig-Gerät war, welches schon bei der Produktion mit chemischen Substanzen kontaminiert wurde, dann kann das auch ein Grund für diese Symptome sein. Dass eine sachgemäße Nutzung eines Qualitäts-Vaporizers zu Lungenproblemen führen kann, habe ich bisher noch nie gehört – ganz im Gegenteil: Wir hatten sogar schon Asthmatiker bei uns, die einfach nicht mit ihrem Lieblingskraut aufhören wollten und daher aufs Vaporisieren umgeschwenkt haben. Bei Lungenproblemen sollte man es eh mit einer eher zu niedrigen Temperatur versuchen – schon ab 160 Grad werden ätherische Öle freigesetzt und dann kann man auch zehn Minuten lang bei 160 Grad vaporisieren, anstatt nur drei Minuten bei 190 Grad. Bei 160 Grad extrahiert man langsamer und schonender und braucht daher auch länger, bis die Wirkung kommt – aber kommen tut sie. Das haben wir auch schon mal in einem Eigenversuch getestet: Bei 160 Grad dauerte es eine gute Viertelstunde bis sich die gewohnte Wirkung einstellte. Und das Kraut blieb grün – scheinbar bleibt der Farbstoff Chlorophyll bei niedrigen Temperaturen eher im Verdampfungsrückstand, der somit auch grün bleibt. Bei 190 Grad scheint sich das Chlorophyll dagegen zu lösen und der Verdampfungsrückstand ist braun. Hier werden wir weiter experimentieren. Und natürlich werden wir auch die Forschungsergebnisse aus aller Welt weiterhin genau studieren.