Österreich: Stecklinge als Verdachtsmoment

Exitable
22 Jan 2014

In Österreich sind THC-freie Seeds und Stecklinge, sogar ganze Hanfpflanzen in der Vorblüte, legal. Wer möchte, der kann ein ganzes Fußballfeld voll mit Hanf anbauen, er muss nur bei kurzer Tageslänge das Flutlicht einschalten, damit die Pflanzen nicht zu blühen beginnen. Wir treffen David Rosse, Obmann und Gründer des ÖHV (Österreichischer Hanf-Verband), www.hanfverband.at. Er kennt sich mit der Rechtslage in Österreich aus.


In Österreich sind THC-freie Seeds und Stecklinge, sogar ganze Hanfpflanzen in der Vorblüte, legal. Wer möchte, der kann ein ganzes Fußballfeld voll mit Hanf anbauen, er muss nur bei kurzer Tageslänge das Flutlicht einschalten, damit die Pflanzen nicht zu blühen beginnen. Wir treffen David Rosse, Obmann und Gründer des ÖHV (Österreichischer Hanf-Verband), www.hanfverband.at. Er kennt sich mit der Rechtslage in Österreich aus.

In Österreich sind THC-freie Seeds und Stecklinge, sogar ganze Hanfpflanzen in der Vorblüte, legal. Wer möchte, der kann ein ganzes Fußballfeld voll mit Hanf anbauen, er muss nur bei kurzer Tageslänge das Flutlicht einschalten, damit die Pflanzen nicht zu blühen beginnen. Wir treffen David Rosse, Obmann und Gründer des ÖHV (Österreichischer Hanf-Verband),  www.hanfverband.at. Er kennt sich mit der Rechtslage in Österreich aus.

David, ist es so, dass THC-freie Hanf-produkte, wie Samen, Stecklinge, viele Hanferzeugnisse und auch ganze Hanfbüsche, bei euch in Österreich legal sind?

Um genau zu sein, ist das in Österreich eine Grauzone bzw. Interpretationssache.

Es nicht so, dass genau im Gesetz stehen würde, was legal ist und was nicht. Sprich: Es steht nirgends geschrieben, dass Stecklinge legal sind. In Österreich ist, wie in allen Ländern, die die UNO Single Convention on Narcotic Drugs unterschrieben haben, THC-haltiger Hanf/Cannabis verboten. Man muss sich schon sehr genau mit dem SMG (Ö: Suchtmittelgesetz, in DE: BtmG) beschäftigen, um herauszufinden, in welchen rechtlichen Schlupflöchern sich die StecklingsproduzentInnen in Österreich bewegen: Zuerst muss der Begriff Suchtgift definiert werden: „Die lebendige Pflanze (ob als Mutterpflanze oder Steckling) produziert unter einer 18-stündigen Beleuchtung kein oder zumindest fast kein THC. Da aber THC der verbotene Inhaltsstoff ist, ist die Pflanze ohne THC sozusagen (noch) eine legale Pflanze wie jede andere.  Theoretisch kann sich der Kunde die Pflanze zur „Raumluftverbesserung“ oder als „Zierpflanze“ unter 18 Stunden Beleuchtung pro Tag legal halten. Erst mit der Umstellung auf 12 Stunden Licht pro Tag wird der „Tatbestand der Suchtgiftproduktion bzw. Vorbereitung zum Suchtgifthandel“ erfüllt. Die StecklingsproduzentInnen bewegen sich somit in einer Grauzone, da sie ja keine THC-haltigen Pflanzen anbieten, die Käufer der Stecklinge verstoßen allerdings klar gegen das Gesetz, sobald sie die Beleuchtungszeit auf 12 Stunden pro Tag reduzieren.

Der Gründer von FloweryField war meines Wissens nach innerhalb weniger Jahre Millionär, er vertreibt Hanfstecklinge. Er ist nicht der einzige, der das macht. Hanfstecklinge als Zierpflanzen, wird das von den Ordnungsbehörden geglaubt?

Zum finanziellen Status des FloweryField-Gründers möchte ich mich nicht äußern, doch da sich diese Firma nie für die Freigabe von Cannabis einsetzt, vermuten wir einmal, dass ihnen die aktuelle Situation sehr zusagt. Die Ordnungsbehörden in Österreich sind auch an Gesetze gebunden und ohne Beweis keine Anklage. Ob die Behörden es also glauben oder nicht, spielt (zum Glück) keine Rolle. Ebenso könntest du ja nicht jeden gleich bestrafen, der sich ein Auto anschafft, welches schneller als das erlaubte Tempolimit fahren kann.

Ihr Österreicher habt also den Hang dazu, euch Hanfpflanzen in der Vor-blütephase zur Raumluftverbesserung in die Wohnung zu stellen?

Was jeder einzelne Kunde mit seinen erworbenen Pflanzen tut, möchte und kann ich nicht beurteilen. Anhand der Umsätze, die gewisse Stecklings-Unternehmen erzielen, kannst du aber davon ausgehen (lacht).

Mir wurde gesagt, dass der Fund von Hanfstecklingen als Verdachtsmoment zum Drogenanbau gewertet wird. Wenn ich aus dem Laden mit zehn Stecklingen komme und der Zivilfahnder mich stellt, habe ich mit einer Hausdurchsuchung zu rechnen?

Das kann man leider nicht pauschal beantworten. Es kommt mit Sicherheit darauf an, mit welcher Anzahl an Stecklingen du angehalten wirst. Es macht einen Unterschied, ob es hundert Stecklinge sind oder fünf. Das Risiko einer Hausdurchsuchung ist aber schon bei fünf Stück gegeben.

Kontrolliert die Polizei Stecklingskäufer gezielt oder nur zufällig?

Aufgrund der enormen Menge an Stecklingen, die in Österreich verkauft wird, ist es den Behörden gar nicht möglich, alle Shops durchgehend zu „überwachen“. Leider gibt es dennoch immer wieder „Schwerpunktaktionen“, wie die „Operation Grasgeflüster“ vergangenes Jahr in Graz. Im Rahmen dieser Aktion wurden sämtliche Head- & Grow-Shops in Graz über einen längeren Zeitraum überwacht. Es wurden etwa 50 Kunden ausgeforscht, Hausdurchsuchungen durchgeführt und letztendlich ein Stecklingshändler zu 34 Monaten teilbedingter Haft verurteilt (davon 11 Monate unbedingt mit Fußfessel) - wegen „Beitragstäterschaft“ zur Suchtgiftproduktion.

Der Stecklingskauf kann also als Ver-dachtsmoment auf Drogenhanfanbau gewertet werden. Ist der Besitz von Seeds auch solch ein Verdachtsmoment?

Seeds und Stecklinge besitzen so gesehen dasselbe „Potenzial“. Auch aus Seeds kann man sich eine Pflanze zur Raumluftverbesserung ziehen. Hier entscheiden meist weitere Faktoren: Bei der Hausdurchsuchung wird schon oft ein Foto von der Zeitschaltuhr gemacht. Wenn die Uhr auf 12 Stunden pro Tag steht, hast du schon verloren. Ähnlich sieht es aus, wenn die Polizei eine Waage, jede Menge Baggies und eventuell noch eine Bong findet, dann wird es schwer zu argumentieren, dass du die Pflanzen nicht zu Suchtgift verarbeiten wolltest.

Wir haben von einem Stecklings-produzenten und dessen Vertreiber gehört, dass ihnen die Beratung zum Drogenanbau unterstellt wurde. Anstiftungen zu Straftaten sind auch bei euch ein Vergehen?

Ja, das stimmt, ich habe selbst eine Zeit lang in einem Laden gearbeitet, der Stecklinge verkauft. Hier muss jeder Verkäufer sehr auf seine Wortwahl achten. Es wird z. B. nie über Ertrag oder ähnliches geredet. Man darf dem Kunden also keine Tipps geben, die in irgendeiner Art mit der Produktion von Suchtmitteln zu tun hat. Sei es der beste Ertrag, die richtige Erntetechnik oder einfach über die Wirkung der unterschiedlichen Sorten. All diese Informationen könnten als Beihilfe zum Drogenanbau gewertet werden. Das geht sogar soweit, dass der oben genannte Händler aus Graz Probleme hatte, weil er Fachlektüre zum Cannabisanbau neben den Stecklingen angeboten hat.  Das Beispiel der Operation Grasgeflüster zeigt, dass sich Stecklingshändler in Österreich nach wie vor auf sehr dünnem Eis bewegen. Der Betroffene hatte sogar Berufung eingelegt, doch das Urteil wurde vom OGH bestätigt. Obwohl der Händler alle Stecklinge ordnungsgemäß versteuerte und insgesamt mehr als 250.000 Euro an Steuern für diese bezahlte, wurde er verurteilt. Andere Stecklingsfirmen machen das zehnfache an Umsatz und werden weiterhin in Ruhe gelassen.

Ich komme aus Münster in NRW, wenn hier ein Steckling drei Euro kosten sollte, dann war zu vernehmen, dass das viel zu teuer wäre. Wohlgemerkt in einem illegalen Markt. Bei euch ist der Handel legal, ihr verlangt mit rund neun Euro die dreifachen Preise. Wie kann das sein?

Zum einen kommt natürlich bei einem legalen Markt immer die Mehrwertsteuer dazu, du wirst jetzt vielleicht lachen, aber wie oben erwähnt, werden alle Stecklinge in Österreich versteuert. Hinzu kommt, dass viele der großen Händler schon 10 bis 20 Mitarbeiter haben. Rechnet man die Lohnnebenkosten sowie Miete für die großen Hallen und nicht zu vergessen die Stromrechnung sowie weitere notwendige Fixkosten, dann kommt da sicher eine ordentliche monatliche Belastung auf einen zu. Dennoch bin ich sicher, dass die großen Stecklingsfirmen sehr gute Gewinne erzielen. Ob der Stückpreis von 9 Euro dadurch jedoch wirklich gerechtfertigt ist, wage ich zu bezweifeln. Das ist wohl auch der Grund, warum sich die großen Stecklingsfirmen nicht für eine liberalere Drogenpolitik engagieren. Weil für sie die Situation so in Ordnung ist. Dem Händler kann es ja egal sein, ob 50 Prozent seiner Kunden strafrechtlich verfolgt werden. Und seien wir mal ehrlich, wer würde noch Stecklinge kaufen, wenn Cannabis legal erhältlich wäre wie Alkohol? Die wenigsten Menschen brauen sich ihr eigenes Bier, obwohl dies ja auch möglich wäre.

Wenn der Gründer von FloweryFields in wenigen Jahren Millionär wurde, wie kann es sein, dass jetzt nicht sämtliche Gärtnereien Marijuanastecklinge nehmen und den Preis auf einen Euro drücken?

Das ist eine gute Frage, lukrativ wäre es ja allemal (lacht). Ich denke, es liegt wohl daran, dass sie erstens nicht die nötige Kompetenz für Hanf besitzen. Und außerdem ist das gesellschaftliche Stigma gegenüber Hanf leider noch zu groß.

Gibt es in Österreich für den Kon-sumenten oder Eigenverbrauchs-grower so etwas wie eine geringe Menge, bei der von einer Strafe abgesehen werden kann?

Nein, in Österreich gab es schon einen Fall, wo bei einem Mann zehn Kilo Cannabis in der Tiefkühltruhe gefunden wurden. Er wurde wegen Eigenbedarf freigesprochen, weil es kein Indiz für einen Handel gab.  Bei seiner Aussage gab der Betroffene zu Protokoll, bei einem Spaziergang zufällig über die Plantage „gestolpert“ zu sein, er erntete das Cannabis und fror es für seinen eigenen Gebrauch ein. Ich nehme an, dass auch in diesem Fall weder eine Waage, Baggies oder ähnliches verdächtiges Material gefunden wurden. In Österreich muss die Polizei einen Handel oder die Vorbereitungen zum Handel explizit nachweisen können. Sei es durch belastende Aussagen, durch Selbstbelastung in der eigenen Aussage oder eben durch die Sicherstellung von einschlägigem Verkaufsequipment wie Waagen, Baggies etc. Die Menge sagt dabei gar nichts darüber aus, ob es Eigenbedarf ist.

In Österreich gehe ich in einen zugelassenen Laden, kaufe Seeds, Stecklinge und alles an Zubehör. Ist Österreich ein Selbstversorger oder importiert ihr noch immer aus Marokko?

Auch in Österreich gibt es nach wie vor importierte Ware aus Marokko oder Indien, allerdings eben vorwiegend die Harzprodukte (Hasch). Das „Gras“ wird hingegen immer mehr im Eigenanbau gepflanzt. Ich denke, der Großteil der KonsumentInnen versorgt sich mittlerweile untereinander im Freundeskreis. Der Schwarzmarkt existiert aber natürlich auch weiter, solange es eine Nachfrage gibt.

Wenn der Weg zur Straftat bei euch wirklich so leicht ist, habt ihr dann noch ein Problem mit verstrecktem Marijuana, das wir in Deutschland seit einigen Jahren leider haben?

Natürlich, skrupellose Menschen gibt es auch bei uns. Gerade, wenn du selbst recht einfach anbauen kannst, ist die Versuchung den ohnehin schon hohen Gewinn durch Strecken noch weiter zu erhöhen scheinbar für einige Menschen groß.  Gerade das Gras, welches am Schwarzmarkt angeboten wird, ist oft mit Brix, Haarspray oder diversen anderen Streckmitteln versehen. Viele Leute bauen daher nur für sich oder den engen Freundeskreis an.

Was erwartest du für die Zukunft von Drogenhanf in deinem Land? Wann kannst du von deinem legal angebauten Drogenhanf in einem öffentlichen Lokal legal deinen Joint rauchen?

Das hängt vom Engagement der Hanfbranche und der Bewegung ab. Mittlerweile wäre die Branche groß genug, um Ihre Interessen professionell zu kommunizieren und für diese einzutreten. Solange aber die Pharmalobby den Ton angibt, wird sich wenig an dieser Situation ändern. Aus aktueller Sicht gehe ich sogar eher davon aus, dass die Stecklingsindustrie nicht mehr lange existieren wird. Österreich wird bald den Anbau wie in Holland unter staatliche Obhut stellen, und dann wird es nunmehr ein paar wenige medizinische Sorten geben. Der Staat hat nämlich auch ein enormes Interesse daran, ein Stück von diesem Kuchen abzubekommen, und mit der Gesetzesänderung von 2008 wurden die Weichen in diese Richtung auch schon gestellt.

David, du bist Obmann von www.hanfverband.at. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und dich fragen: Warum gibt es euch, wie viele seid ihr und was sind eure Ziele?

Der ÖHV ist die professionelle Interesse-nvertretung der Hanfbranche in Österreich. Unser Ziel ist es, die Interessen der Hanfbranche zu bündeln und klar zu kommunizieren. Also Lobbyarbeit im positiven Sinn. Wir halten uns bei der Ausübung der Lobby-Tätigkeiten an den Verhaltenskodex der ÖPAV (Österreichische Public Affairs Vereinigung). Derzeit zählt unser Verband 16 Firmenmitglieder sowie etwa 150 Privatmitglieder.

Wie kann man euch unterstützen?

Privatpersonen können bereits ab einem Jahresbeitrag von nur 12 Euro Mitglied des ÖHV werden. Firmen können gegen eine jährliche Gebühr Mitglied im Verband werden und uns so bei unserer wichtigen Tätigkeit unterstützen. Derzeit kämpfen wir noch mit der Basisfinanzierung, neue Mitglieder sind also sehr gefragt! Da Wien zudem als jährlicher Austragungsort der UNO-Drogenkonferenz ein wichtiger internationaler Standort in Bezug auf Drogenpolitik ist und wir auch mit ENCOD und internationalen Verbänden wie der IACM zusammenarbeiten, ist eine Mitgliedschaft auch für ausländische Firmen sehr interessant. Alle notwendigen Informationen zur Mitgliedschaft findet ihr auf www.hanfverband.at

Das soll es dann zu diesem Thema gewesen sein, David, wir von Soft Secrets bedanken uns bei dir für diese Infos und wünschen dem ganzen Hanfverband, dass er seine Ziele schnell erreichen wird. 

E
Exitable