Scheinheilige Repression

Soft Secrets
28 Feb 2021

Das Drogenverbot soll uns schützen. Es wird versucht, dieses durch Überzeugungsarbeit, zu der Repression gehört, durchzusetzen. Wissentlich wird in Kauf genommen, dass Menschen ihrer Würde und Freiheitsrechte beraubt werden. Dieses geschieht jedoch, um ihre Gesundheit und auch Freiheit zu schützen. Drogen machen immerhin viele ihrer Konsumenten süchtig und ein Suchtzwang schränkt die freie Entscheidung massiv ein. Durch repressive Maßnahmen wird die Gesundheit geschützt und die Freiheit der Betroffenen zurückgewonnen.


WHO: Sucht ist eine Krankheit

So oder so ähnlich könnte sich die Begründung der Drogenkrieger anhören, die einen mit angeblich guten Absichten stigmatisieren, inhaftieren und den sozialen Abstieg vorprogrammieren. Allein aus juristischer Betrachtung ist diese Argumentation und damit die komplette Repression mehr als nur fragwürdig. Unsere Gesundheit soll hier immerhin mithilfe des Strafrechts geschützt werden, welches doch für Straftäter angedacht ist. Bestimmte Substanzen werden kriminalisiert, wodurch zugleich jeder ihrer Konsumenten automatisch zum Gesetzesbrecher wird. Die Scheinheiligkeit der Repression manifestiert sich jedoch an einem anderen Punkt: Die WHO selbst definiert Sucht als eine Krankheit. Diese wird im aktuell geltenden ICD-10 unter den Punkten F10 bis F19 verankert. Ein Cannabis-Abhängigkeitssyndrom taucht in der Krankenakte als F12.2 auf, der schädliche Opiatgebrauch wäre eine F11.1 und die F10.5 steht für eine psychotische Alkoholerkrankung. Es handelt sich um „psychische und Verhaltensstörungen“. Die WHO ist die Weltgesundheitsorganisation, ICD wird mit „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ übersetzt. [caption id="attachment_40153" align="alignnone" width="1920"] ICD-10: Sucht als anerkannte Erkrankung[/caption] Seitdem Sucht durch kriminalisierte Drogen im ICD aufgeführt wird, erklärt unsere weltweit oberste Gesundheitsinstitution Süchtige kriminalisierter Substanzen zu Erkrankten. Cannabiskonsum ist in dem Sinne in Deutschland nicht verboten, sondern einige damit verbundene Handlungen. Wie soll ich Cannabis beziehungsweise THC konsumieren, wenn ich es dazu haben muss, dieses jedoch verboten ist? Richtig, ich muss mich strafbar machen. In Deutschland werden kranke Menschen von der Staatsgewalt gejagt! In Deutschland findet durch das Drogenverbot eine Menschenjagd, nicht aber eine Jagd auf Kriminelle statt. Sicherlich, es gibt auch Erkrankungen mit fremdschädigendem Verhalten. Psychisch kranke Gewalt- oder Sexualstraftäter werden aber meist als diese erkannt und psychiatrisch behandelt. [caption id="attachment_40152" align="alignnone" width="1920"] Und dann kommt die Polizei und nimmt dich mit[/caption] Der Handel kriminalisierter Substanzen ist verboten. Das gilt auch für diejenigen, die lediglich ihren Konsum finanzieren wollen. Dieser Drogenhandel lässt sich bei einigen Substanzen oder auch den enthaltenen Streckstoffen durchaus als Fremdschädigung klassifizieren. Aber wie ist es nun juristisch zu erklären, dass Drogensüchtige für ihre mitgeführten Konsummengen strafrechtlich verfolgt werden? Wie ist es denn bei anderen typischen und schädlichen Erkrankungen? Diabetes Typ 2 ist eine Krankheit, die tödlich verlaufen kann. Klingelt die Polizei, wenn Diabetiker die Empfehlungen des Arztes ignorieren? Nein, das wird nicht passieren. Der Diabetiker kann auf Diät und Medikamente verzichten, bis sein Bein amputiert wird, er zum kostenintensiven Pflegefall wird und seine Familie nicht weiter versorgen kann. Es gibt also die Familie und die Gesellschaft als Geschädigte. Dennoch zählt solch ein offensichtliches Fehlverhalten zu unseren Freiheiten. Genauso kann jemand mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch seinen Richter nicht zum Sport genötigt werden, obwohl dieser besser als Medikamente wirkt. Geht es jedoch um Substanzkonsum, meinen es die Scheinheiligen nur zu gut mit uns und erklären einige dieser Substanzen für legal und die anderen für illegal. Dabei werden wissenschaftliche Erkenntnisse über das Gefahrenpotenzial einzelner Substanzen ignoriert, um allein ideologisch zu entscheiden. Die Begründungen lauten ähnlich wie: „Alkohol ist unser Kulturgut, Cannabis ist hingegen Kulturfremd“. Bananen und Kartoffeln im Übrigen auch. [caption id="attachment_40151" align="alignnone" width="1667"] Wieso gilt das Grundgesetz nicht für uns?[/caption] Diese Scheinheiligkeit unserer Drogenkrieger ist für logische Argumente leider nicht zugänglich. Demnach gibt es durchaus sehr viele Menschen, die Substanzen konsumieren, im Leben Probleme haben und Hilfe suchen. Genau diesen Menschen sollte doch geholfen werden, solange diese mitentscheiden können, wie diese Hilfe aussieht. Denjenigen, die diesen Punkt überhaupt nicht erreicht haben, Hilfe per Richterentscheid aufzudrücken, ist hingegen kontraproduktiv. Es stellt sich sogar die Frage, ob unsere repressive Drogenpolitik durch die Verfolgung erkrankter Menschen diese erst soweit kaputt macht, dass unüberwindliche Probleme eintreten müssen. Ein Substanzkonsum ist nicht direkt eine Substanzsucht und niemand möchte, dass harte Drogen im Supermarkt neben Bier und Schnaps verkauft werden. Es kann jedoch nicht richtig sein, Menschen durch unsere Staatsgewalt dafür zu verfolgen, dass sie krank sind. Außerdem geht es den Staat nichts an, welche selbstschädigenden Hobbys seine Bürger haben. Gerade das Cannabis-Verbot ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Cannabis ist z.B. laut David Nutt, ehemals in beratener Funktion für die britische Regierung tätig, deutlich weniger gefährlich als Alkohol. Er lässt sich sogar medizinisch einsetzen. Es droht aber der Einstieg in die harte Drogensucht? Beim Verkauf auf dem Schwarzmarkt schon, legalize it!

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