Der weibliche Cannabis-Podcast

Soft Secrets
04 Nov 2020

Mary (28) und Jane (34) a.k.a. Electra und MissHQ produzieren seit knapp einem Jahr regelmäßig Podcasts rund um Cannabis. Wir sprachen mit den beiden Ladys von "DuMaryIchJane" nicht nur über unsere Lieblingspflanze, sondern auch über gefährliche Konsummuster und die vollständige Legalisierung von Hanf.


 

Wie alt wart ihr, als ihr eure ersten Konsumerfahrungen mit Cannabis gemacht habt?

Mary: Da war ich ungefähr 14 - und das hatte natürlich auch etwas mit jugendlichem Leichtsinn zu tun. Dabei bin ich dann auch ein-zwei Mal regelrecht zusammengeklappt, weshalb ich dann erst mit 16 den nächsten Versuch gestartet habe - und dabei hat mir die Wirkung von Cannabis dann doch zugesagt.

Wie kam es zu diesem erneuten Versuch?

Mary: Durch meine Mutter, die in solchen Sachen sehr offen ist. Sie sagte mir, dass ich - wenn ich mal irgendetwas ausprobieren will - das am besten im sicheren Umfeld meines Zuhauses machen solle, sie würde dann schon auf mich aufpassen. Eines Abends kam ich dann nach Hause und gestand ihr, dass ich ganz gerne mal eine rauchen möchte. Daraufhin gab sie mir eine Rothändle ohne Filter, denn sie dachte, ich meine eine Zigarette - also wollte sie mich damit erstmal ordentlich abschrecken. Nee, nee, Mama - ich meine eine Tüte, nicht eine Zigarette, erklärte ich ihr, und auch das war für sie kein Problem. Also rauchte ich einen Joint und bekam kurz darauf den Lach-Flash meines Lebens - mich war das die erste durchweg positive Erfahrung, die ich mit Cannabis verbinde.

Und wie war das bei dir, Jane?

Jane: Ich habe erst mit 20 zum ersten Mal gekifft, denn ich habe einen unbekannten Typ der seltenen Gen-Krankheit Neurofibromatose und wurde daher auch schon mein ganzes Leben lang recht willkürlich mit verschiedensten Medikamenten behandelt. Ich habe dann schließlich einen Entzug gemacht, da ich versuchen wollte, ganz ohne Medikamente zu leben. Denn diese ganzen Medikamente halfen mir nicht, aber sie kamen mit zahlreichen Nebenwirkungen daher. Ich wog am Ende nur noch 28 Kilo und spürte auch diverse psychische Veränderungen, bis hin zu Selbstmordgedanken, von den ganzen Antiepileptika, Antidepressiva, Morphinen und sonstigen Schmerzmitteln. Mir wurde ganz klar gesagt, dass man nicht genau wisse, was mir helfen kann, deshalb müsse man einfach alle pharmakologischen Möglichkeiten der Reihe nach ausprobieren. Das hat mich psychisch und körperlich so stark mitgenommen, dass ich fast daran krepiert bin. Daher entschied ich mich schließlich für den kalten Entzug und setzte eigenmächtig alle verschriebenen Medikamente ab. Kurz darauf begegnete ich einem verhältnismäßig jungen Anästhesisten, der mir bei einem privaten Gespräch empfahl, es doch einmal mit Cannabis zu probieren. Ich begann dann erstmal mich darüber im Internet zu informieren, denn ich hatte damals noch keine kiffenden Freunde. Aber schließlich hab ich mich dann doch herangetraut und siehe da: Cannabis hat mir dann tatsächlich besser geholfen, als der Pharma-Mix, der mir jahrelang verabreicht wurde. 

Wie viel konsumiert ihr täglich?

 Jane: Bei mir sind das immer so sieben oder acht Joints - ich brauche aber aufgrund meiner körperlichen Veranlagung auch immer mehr als andere, bevor ich überhaupt irgendetwas von der Wirkung spüre.

Mary: Ich habe das Gefühl, dass ich immer etwas mehr rauchen, wenn ich mit Jane zusammen bin, aber normalerweise komme ich mit drei-vier Joints am Tag super aus - also mit ungefähr einem Gramm. 

Wie habt ihr euch kennengelernt?

 Mary: Naja, "kennengelernt" ist so ein schönes Wort, denn es war ja letztendlich kein Zufall, dass wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Das war einen Tag vor der Mary Jane Berlin im letzten Jahr...

Jane: ...und da gab es diese Vorab-Party, die online angekündigt wurde. Da ich damals noch keinen weiter kannte, mit dem ich zur Mary Jane gehen konnte, schrieb ich Mary einfach spontan an und wir vereinbarten, uns auf dieser kleinen Party schon einmal vorab zu treffen, um dann spontan zu entscheiden, ob wir am Tag darauf zusammen auf die Mary Jane Berlin gehen würden.

Mary: Und da die Chemie direkt stimmte, machten wir das dann und genossen die schöne Veranstaltung mit all den freundlichen Leuten, die zu einem Großteil männlich waren. Das veranlasste mich dann irgendwann auch zu der Bemerkung: "Das ist hier schon so ein bisschen wie: du Mary, ich Jane - unter all den Tarzans hier..." So fing das alles an.

 Spielt ihr als Mary & Jane eigentlich gewisse Rollen in euren Podcasts?

Jane: Nein, dabei bleiben wir immer ganz wir selbst - denn damit gibt es auch schon genug Kontraste. Schließlich ist Mary eine junge Berlinerin, die auf elektronische Musik steht und als Single auch oft auf Partys geht, während ich mich als alleinerziehende Mutter um zwei Kinder kümmere und daher deutlich seltener feiern gehen kann.

Mary: Bei uns prallen einfach zwei ganz verschiedene Welten aufeinander - Jane ist zum Bespiel in vielen Dingen deutlich strenger bzw. konsequenter als ich. Und das ist auch gut so.

Und wie sieht's mit dem Feedback auf eure Podcasts aus? Wie fällt das so aus?

 Mary: Da ist so ziemlich alles dabei - von Lob und Zuspruch bis hin Ablehnung und Verachtung. Da Mary ja auch zweifache Mutter ist, spalten sich an ihr die Geister aber ganz besonders.

 Jane: Da war von "Man sollte dir die Kinder wegnehmen!" bis "Ich liebe dich, du bist so eine Vorbild!" schon so ziemlich alles dabei. Die Hater kriegen den Link von der PodCast-Folge und die Supporter eine nette persönliche Antwort. Leider gibt es immer mal wieder Hater-Kommentare mit der vermutlich sogar ernst gemeinten Frage, ob wir denn nicht längst zu alt zum Kiffen sind. Irgendwie scheint heutzutage davon ausgegangen zu werden, dass man mit spätestens 17 nicht mehr zu kiffen hat.

Was? Ab 17 sollte man spätestens nicht mehr kiffen?

Jane: Richtig, Cannabis wird von den meisten Kids inzwischen als ausgesprochene Jugenddroge angesehen. Das hat meine 15jährige Tochter - die letztens auch bei einem unserer PodCast von uns dazu interviewt wurde - auch ganz klar bestätigt. Für die Kids sind Sachen wie Alkohol, Speed oder Liquid Ecstasy viel spannender und auch wirtschaftlicher als Cannabis. Das erklärte Ziel vieler Jugendlichen ist es heute, dass man so viel konsumiert, bis man schließlich kotzt - erst dann hat man so richtig geliefert.

 

Mary: Das finden wir natürlich auch total bescheuert, aber genau so scheinen unsere heutigen Teenager zu ticken.

Jane: Als ich in dem Alter war, in dem meine Tochter jetzt ist, da war Tabak normal, Kiffen war krass und Alkohol sehr verbreitet. Alkohol ist heute immer noch sehr verbreitet, aber Tabak ist uncool, Kiffen ist so normal wie früher Tabak und Drogen wie Speed oder Ecstasy sind krass. Durch meine Tochter habe ich ganz unmittelbar mitgekriegt, was ab der siebenten Klasse in ihrem Umfeld so am beliebtesten ist - nämlich Liquid Ecstasy auf Platz eins und Speed auf Platz zwei. Und das ist auch gar nicht so unverständlich, wenn man sich mal anschaut, wieviel man zum Beispiel für 10 Euro von dieser oder jener Droge kaufen kann. Wenn man Glück hat, kriegt man dafür als Teenie 0,6 bis 0,8 g Cannabis - das sind gerade mal zwei bis drei Joints und wir wissen, wie lange man damit eine gute Zeit haben kann. Eine Ecstasy-Pille kostet so um die fünf Euro - und nun überleg mal, wie lange man damit trippen kann. Pro Pille mindestens um die sechs Stunden...

Mary: Und dann frag dich mal als erlebnishungriger Teenie, ob du lieber alle 4 Stunden einen Joint rauchst oder 12 Stunden am Stück voll drauf bist.

Jane: Als Mutter würde ich derzeit unterschreiben, dass Ecstasy das größte Problem unserer Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 ist.

Mary: Ja, Ecstasy, Speed und Alkohol - vor allem mit Alkohol ist es auch ganz schön schlimm geworden. Als ich noch 15 war, da haben wir auch schon mal was getrunken, allerdings galt es da als peinlich, wenn man es damit übertrieb und dann völlig besoffen war oder sogar kotzen musste.

Jane: Und heute scheint genau das das erklärte Ziel vieler Mädels zu sein - und die ganze Kotzerei wird dann auch noch mit dem Handy aufgenommen und stolz ins Netz gestellt.

Es gibt eine Folge namens "Frau sein in der Szene" - wie ist das denn so als Frau in der Hanf-Szene?

Jane: In dieser Folge ging es vor allem darum, wie man als Frau von der Gesellschaft wahrgenommen wird, sobald man sich ganz öffentlich zu seinem Hanfkonsum bekennt. Wenn ich mich als Frau für Cannabis interessiere, finde ich kaum weibliche Ansprechpartner, mit denen ich mal Tacheles reden kann. Zudem wird man als Frau, die Cannabis konsumiert, auch oft schräg angeschaut und fühlt sich dann irgendwie dazu gedrängt, den eigenen Konsum weitgehend zu verheimlichen.

Wie schätzt ihr die politische Entwicklung in Deutschland ein - oder anders gefragt: Wann wird eurer Meinung nach Cannabis hierzulande legal sein?

Jane: Ich hätte eigentlich gesagt, dass es noch fünf Jahre dauert - aber wegen Corona könnte es auch schon in zwei Jahren soweit sein. Denn mit der Corona-Krise gab es eine gesellschaftliche Schock-Situation in der wir erlebten, wie radikal wir unser Leben von heute auf morgen umstellen können. Und wir haben nun auch die notwendige Zeit, um uns mit neuen Informationen auseinanderzusetzen. Wenn wir jetzt alle zusammenarbeiten und gemeinsam richtig laut sind, dann sollte es uns doch gelingen, die Öffentlichkeit von den Vorteilen einer Legalisierung zu überzeugen.

Mary: Man muss ja Cannabis auch gar nicht zwingend konsumieren, um für eine Legalisierung zu sein. Dafür gibt es schließlich auch ganz rationelle Gründe. Und wenn Mary sich erstmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann schafft sie das auch. Also stimme ich ihr zu: in zwei-drei Jahren wird Cannabis auch in Deutschland legal sein, wenn wir bis dahin begriffen haben, dass sachliche Aufklärung mehr bringt als willkürliche Verbote.

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