Cannabis und Kanna (2)

18 Jun 2020

In Teil 1 dieses Artikels haben wir uns Grundsätzliches zur Kanna-Pflanze und dem Mischkonsum zusammen mit Cannabis angesehen. In diesem zweiten Teil geht es um die Wirkungen, die die Pflanzen allein und im Mischkonsum herbeiführen.

Wie wirkt also Kanna eigentlich? In einem Forum für Drogenfreunde, dem Land der Träume, sind viele Postings zur Wirkung des Pflanzenprodukts zu finden. Werfen wir einen exemplarischen Blick auf einige der Erfahrungsberichte (die vom Autor redigiert und leicht angepasst wurden). Zunächst lesen wir einige Zeilen zur Wirkung von pur konsumiertem Kanna: „Hab heute 500 Milligramm Kanna mit einem Schluck Wasser auf nüchternen Magen genommen. Ich empfand die Wirkung so heftig, dass ich mich erst mal hinlegen musste. Es war schon fast unangenehm, aber im Liegen wurde es sofort besser. Nach einer Dreiviertelstunde konnte ich mich wieder in die Senkrechte begeben. Seit dem bin ich echt gut drauf. Hab perfekte Laune und Elan, was zu machen. (Die Übelkeit kam wohl vom Kannakraut im Magen, da meiner ziemlich empfindlich ist ...)“. Ein anderer User berichtet über weniger spektakuläre Effekte: „Hab mir vorhin geschätzt ein Gramm von dem Pulver als Tee zubereitet. Hat eigentlich ganz ok geschmeckt. Wirkung war so, wie man eigentlich überall liest, sehr leicht mit dem Druckgefühl im Kopf usw. Jetzt, eine Stunde später, ist auch alles schon wieder vorbei. Gefühlsmäßig habe ich kaum etwas gemerkt, soweit geht's mir aber gut. Ganz nett als Tee, aber viel darf man wirklich nicht erwarten.“

Kanna kann unterschiedliche Erfahrungen induzieren, was auf jeden Fall in Relation zur Dosierung geschieht – wichtig sind allerdings auch die Empfänglichkeit des Users und die Einnahmeform. Es gibt aber auch eine relativ stattliche Anzahl von Usern, die nach Konsum reinen Kannas überhaupt keine Wirkung verspürt haben – auch nicht, wenn recht große Mengen von mehr als drei Gramm Pflanzenmaterial verzehrt worden sind. Deshalb sprechen wir nun über die pharmakologisch sinnvollen Kombinationen, die mit Sceletium tortuosum möglich sind. In diesem Artikel interessiert uns natürlich vornehmlich, welche Synergien die Kanna-Pflanze mit unserem guten Kraut, der Cannabispflanze, zu entfalten in der Lage ist. Fakt ist: Kanna ist ein hervorragendes Mittel für dezidierten Mischkonsum. So berichten viele Probanden zum Beispiel von einer Verstärkung der Wirkung des Kratom (Mitragyna speciosa), wenn Sceletium tortuosum im Spiel ist. Und wie wirkt das afrikanische Zauberkraut nun mit Hanf? Ein Psychonaut erklärt im Forum: „Ich glaube, in Kanna stecken ungeahnte Möglichkeiten. Hab's zuerst mit Weed zusammen geraucht. Es führte dazu, dass das Indica mich nicht mehr total in die Couch drückte und der Kopf irgendwie leichter war, als mit Gras allein. Kurze Zeit später entdeckte ich die leicht enthemmende Wirkung vom Kanna, die ich mir gleich bei einem Referat zunutze machte. Es wird zwar immer von einer milden Wirkung des Kanna gesprochen, aber bei dem Vortrag waren es Welten (!!!). Ich hatte keinen großartigen Rausch, aber war locker und ohne Versagensängste. Normalerweise klammere ich mich an meine Karteikarten, mir steht Schweiß auf der Stirn, und ich versuche, so selten wie möglich meine Zuhörer anzusehen. Ich kann mich leider nicht mehr genau erinnern, ob mein Tremor auch weg war, aber er fiel mir zumindest nicht auf. Mittlerweile wage ich die These, dass Kanna eben doch eine starke Wirkung hat, die sich eher subtil äußert.“

Und in der Tat: Kanna bewirkt eine ganz spezielle Synergie im Zusammenspiel mit Cannabis. Raucht man Sceletium tortuosum direkt vor oder auch nach dem Hanfgenuss, so wird die Wirkung der Cannabinoide unter Umständen enorm verstärkt. Das ist zwar nicht bei jedem Experimentatoren so, aber bei den allermeisten. Auch die Hottentotten kannten die Wirkungen, die aus dem Mischkonsum von Cannabis und Kanna resultieren und rauchten die beiden Pflanzen zusammen. Auch dies ergibt einen sinnvollen Synergismus. Werden Cannabis und Kanna zusammen vaporisiert, so tritt der gegenseitige Verstärkungseffekt ganz besonders deutlich zutage. Das Mesembrin bzw. das Alkaloidgemisch in der Kanna-Pflanze hat offenkundig einen enorm boostenden Einfluss auf den Wirkstoffmix des Cannabis. Dabei kann Kanna das Cannabis sozusagen in der niederdrückenden Wirkung abschwächen, wie wir im Bioassay oben gelesen haben, es kann aber auch die Rauschwirkung potenzieren und deutlich „breiter“ machen. Hier wären umfangreiche Testreihen notwendig, um herauszuarbeiten, wie genau Kanna im Zusammenspiel mit welchen Hanf-Sorten und -Strains angewendet werden muss, um den größtmöglichen Nutzen aus dieser Kombo zu ziehen. Kollege Christian Rätsch ergänzt: „Bei höheren Dosierungen, vor allem in Verbindung mit Cannabis sativa und Alkohol (Whisky), kommt es zu leichten Visionen. Wenn man kurz nach dem Rauchen von Cannabis etwas Kougoed kaut, wird die Hanfwirkung wesentlich potenziert. Sowohl die Wirkung von Tabak als auch das Bedürfnis nach Nikotin wird durch Kougoed herabgesetzt“ (Rätsch 2018: 470).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die intensivste Erfahrung mit der Kanna-Pflanze in Kombination mit Cannabis-Produkten zustande kommt. Ein Umstand, den auch die Afrikaner lange schon erkannt haben und sich zunutze machen. Wir dürfen gespannt sein, was die psychonautischen Forscher in dieser Hinsicht in den kommenden Jahren für Entdeckungen machen werden. Bleibt zu hoffen, dass Sceletium tortuosum, die wunderbare Kanna-Pflanze, nicht auch irgendwann von den zerstörerischen Mechanismen unserer kaputten Drogenpolitik erfasst wird.

Literatur:

Markus Berger (2017), Psychoaktive Drogen, Solothurn: Nachtschatten Verlag

Christian Rätsch (2018), Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, Aarau: AT Verlag (14., von Markus Berger überarbeitete und aktualisierte Auflage)