Heilen mit Drogen: Psycholytische Therapie

29 Jan 2021

Psycholytische Therapie (Psychotherapie) oder kurz Psycholyse (= die Seele lösend) greift mittels Unterstützung von psychoaktiven Substanzen an die Wurzeln des (vermeintlichen) Übels und setzt an der Quelle des Leidens von psychisch erkrankten Menschen an.

Dabei ist die psycholytische Methode eine Ergänzung der klassischen Psychoanalyse und verfolgt einen holistischen (ganzheitlichen) Ansatz.

Wie sieht die gängige Praxis heute aus?

Im Falle von beispielsweise depressiven Erkrankungen werden Patienten einer alleinigen Psychoanalyse (Gesprächstherapie) unterzogen und häufig mit de facto und nachweislich unwirksamen Pharmaka behandelt, die vereinfachend erklärt lediglich dämpfend auf das limbische System im Gehirn einwirken und damit aus den Betroffenen über Kurz oder Lang emotionale Zombies machen können (das limbische System ist die für Emotionen und Erinnerung zuständige Hirnregion).

Die Ursachen der Depressionen werden damit weder erkannt noch behandelt, sondern eher noch weiter überdeckt.

Eine wie auch immer geartete psychoanalytische Gesprächstherapie ist dabei zwar unterstützend nützlich, meist nicht aber in der Lage, zu den Ursachen der Erkrankung vorzudringen und diese zu bearbeiten. Daher ist eine Mischform aus substanzunterstützter Therapie und psychoanalytischen Gesprächseinheiten eine nutzbringende Kombination – eben die holistische Psycholyse.

Einer der großen Pioniere der europäischen Psycholyse ist der Psychotherapeut und Psychiater Hanscarl Leuner, der an der Universität Göttingen wirkte. In seinem Standardwerk zum Thema „Halluzinogene – Psychische Grenzzustände in Forschung und Psychotherapie“ erklärt er, was er unter der psycholytischen Therapie versteht:

„Es handelt sich um eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie. Das Halluzinogen erfüllt also die Rolle eines Promotors der latenten Psychodynamik des Patienten. Der vielleicht vorhandene, rein chemotherapeutische Faktor ist dabei offenbar so geringfügig, dass er zunächst vernachlässigt werden kann. Das hat zur Folge, dass der Therapeut ausreichend in Psychodynamik ausgebildet sein, eigene Erfahrungen in der psycholytischen Therapie besitzen und die notwendigen Behandlungsstrategien beherrschen muss.“ (Hanscarl Leuner, Halluzinogene, 1981, S. 226).

Psychedelische Therapie?

Die psycholytische Psychotherapie unterschiedet sich von der verwandten, aber doch abzugrenzenden Methode der psychedelischen Therapie (siehe unten) durch eine geringere Dosierung der verwendeten Psychedelika und Entaktogene.

Die psychedelische Therapie setzt auf hohe bis Durchbruchdosen, um damit mystische Erfahrungen herbeizuführen. In der klassischen Psycholyse besitzen die Psychoaktiva eher eine – wie Leuner erklärte – Hilfsfunktion. „In dieser Hilfsfunktion muss das Halluzinogen im Schwellenbereich dosiert werden“ (Hanscarl Leuner, Halluzinogene, 1981, S. 226), obschon heutzutage innerhalb der Psycholyse durchaus beispielsweise LSD-Dosierungen von bis zu 200 Gamma verabreicht werden.

Das ist dann für die allermeisten Patienten doch deutlich mehr als eine Schwelldosis und der Empfehlung Stanislav Grofs geschuldet, die psychedelische und psycholytische Therapie zu kombinieren.

Psycholytische Therapie: Definition

Die Praktikerin und Autorin Friederike Meckel Fischer beschreibt und interpretiert Sinn und Definition der Psycholyse auf ihre eigene Weise:

„Psycholytische Therapie ist nicht Therapie unter Substanzen und sie ist nicht Therapie mit Substanzen. Die Substanz ist nur der Schlüssel zu den Räumen des Unbewussten. Die Wirkungen der unterschiedlichen Substanzen ermöglichen es dem Klienten, Zugang zu seinen unbewussten psychischen Inhalten, seinen verdrängten Gefühlen und vielem anderen mehr zu erlangen. Damit kann der eigentliche Auftrag der Psychotherapie erfüllt werden. Aufgrund der besonderen Art der Wirkungsentfaltung der Substanzen verbietet sich allerdings jedoch ein stringenter Vergleich der beiden therapeutischen Methoden miteinander. ‚Die Therapie‘ gibt es genauso wenig, wie es ‚die psycholytische Therapie‘ gibt. Beides entzieht sich einer objektiven Definition, einer Zuschreibung: ‚So ist sie‘ oder ‚So wird sie gemacht‘“ (Friederike Meckel Fischer, Therapie mit Substanz, 2016, S. 61).