Sozialgericht: Gar nicht sozial

10 Jun 2020

Gesetzlich versicherte Personen, sogenannte Kassenpatienten, haben das Nachsehen, wenn es nach dem Sozialgericht geht. So hat das Bundessozialgericht mit Sitz in Kassel am 26. Mai 2020 in einem Grundsatzurteil entschieden, dass die sogenannte Genehmigungsfiktion keinen Anspruch auf eine Leistung seitens des Versicherers darstellt (Az.: B 1 KR 9/18 R).

Was ist die Genehmigungsfiktion?

Stellt ein versicherter Patient bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Übernahme der Kosten für seine bzw. ihre Medikation, so muss die Kasse innerhalb von drei Wochen über den Antrag bescheiden. Ausnahme: Wird der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) hinzugezogen, dürfen bis zu fünf Wochen ins Land ziehen, bevor der Antragsteller einen Bescheid erhalten muss. Erfolgt die Ablehnung oder Zusage nicht innerhalb dieses Zeitraums, gilt laut der Genehmigungsfiktion der Antrag als fiktiv genehmigt. Das betraf in der Vergangenheit auch Cannabispatienten. Diese Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V war einstmals vom Sozialgericht selbst festgesetzt worden. Mehr noch: Im August 2019 wurde die Regelung erst vom Sozialgericht in einem anderen Fall bestätigt (Az.: B 1 KR 36/18 R).

Jetzt hat das Bundessozialgericht seine eigene Rechtsprechung relativiert und aufgehoben. Wie in der Presemitteilung des Gerichts zu lesen, "bleibt nur ein möglicher Anspruch nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen zum Off-Label-Use" (Quelle).

Damit stellt das Sozialgericht den Kassen einen Blankoscheck für langsames Arbeiten aus, wie es der Sozialverband VdK ausdrückte. Gegenüber den ohnehin meist benachteiligten Patienten ist das alles andere als sozial. Das sogenannte Sozialgericht hat damit wieder mal bewiesen, dass es eben offensichtlich nicht für die Menschen da ist, sondern als Institution der Willkür den Krankenkassen ordentlich Geld sparen hilft.

Das konterkariert den Sinn und Zweck eines Sozialgerichts, was besonders Patienten trifft, die Cannabis als Medizin benötigen oder gar schon verwenden. Wer seine Kostenübernahme der Hanfmedizin aufgrund der Genehmigungsfiktion erhalten hat, darf jetzt um den Fortgang seiner Geschichte bangen.

Sozial ist das nicht.