Homegrowing mit Künstlicher Intelligenz

Soft Secrets
15 Apr 2019
Wir leben in modernen Zeiten, wie viele Neuerungen in allen möglichen Bereichen unseres Lebens belegen. Auch die Künstliche Intelligenz (KI) ist schwer im Kommen und sie wird wohl bald auch unerfahrene Grower unterstützen können. Mit „Antheia“ gibt es bereits einen ersten konkreten Versuch, die Grundlagen für eine spätere (echte) Grow-KI zu legen. Wir trafen uns mit dem Erfinder Mirko Klees und sprachen mit ihm über die Anfänge und die mögliche Zukunft von Antheia. Text: M-Dog

Was ist deine Vorgeschichte und wie bist du zu Antheia gekommen?

Nach der Schule fing ich eine Ausbildung zum Programmierer an. Nach der Ausbildung habe ich einige Jahre in diesem Bereich als Angestellter gearbeitet, bis mir die unfähigen Chefs zu viel wurden. Es musste etwas Neues her, etwas Kreatives - nicht einfach nur im Büro sitzen und die Tasten klimpern lassen. Also absolvierte ich ein einjähriges Praktikum in einer Film- und Werbeagentur, drehte danach einige Kurzfilme und gründete meine eigene Firma. Hier konzentrierte ich mich aber wieder auf das Programmieren, da der Filmmarkt doch sehr stark umkämpft ist. Nach etwa acht Jahren lernte ich dann meine heutige spanische Frau kennen und in ihrem Heimatland traf ich dann ihre ganze Familie. Gerade die Älteren litten hier unter verschiedenen Krankheiten - von chronischen Schmerzen über Asthma und Depressionen bis hin zu Alzheimer. Da in Spanien der private Anbau von zwei Cannabispflanzen erlaubt ist, fragte ich mich, warum sie sich hier nicht ihre eigene Medizin anbauen. Also fing ich an, mich über medizinische Anwendungsmöglichkeiten von Cannabis zu informieren, ich las viele Bücher von Ärzten und ähnliche Fachliteratur, denn ich wollte den Menschen in Spanien helfen. Da nicht jeder weiß, wie man diese Pflanze kultiviert, musste ich einen Weg finden, den doch recht komplexen Anbau von Cannabis aus der Ferne zu überwachen und zu steuern. So ist schließlich Antheia entstanden. Homegrowing mit Künstlicher Intelligen

Was bedeutet „Antheia“ eigentlich?

Wir haben nach einem Namen gesucht der meine Entwicklung möglichst gut beschreibt, aber Namen wie „Grow-Buddy“ u.ä. gibt es schon wie Sand am Meer. Also suchten wir nach einem eher abstrakten Namen und landeten bei griechischen Göttern. Wir suchten nach einem Gott bzw. einer Göttin, die etwas mit Pflanzen zu tun hat und so kamen wir auf die griechische Göttin der Blüte – auf Antheia. Uns gefiel der Name auf Anhieb, denn er passt perfekt - schließlich bringt Antheia die Pflanzen zum blühen.

Und was genau ist Antheia? Eine Mehrfachsteckdose mit Sensoren oder schon eine Art KI?

Antheia ist eine mit Sensoren verknüpfte Mehrfachsteckdose, die von der Antheia-Software gesteuert wird. Zum einen werden dabei die Daten von den Licht-, Erdfeuchtigkeits-, Temperatur-, Luftfeuchtigkeit-, pH- und Wasserfüllstand-Sensoren gesammelt, gespeichert und leicht lesbar dargestellt. Auf der anderen Seite kann man selber Zeiten und Regeln festlegen und z.B. bestimmen, wann welches angeschlossene Gerät aktiv werden soll und wann nicht. So nach dem Motto: Alle fünf Minuten geht der Ventilator für drei Minuten an. Ist die Erde zu trocken, geht die Wasserpumpe an, ist die Luftfeuchtigkeit zu niedrig geht der Luftbefeuchter an, ist der pH-Wert zu hoch geht die Säurepumpe an. Und natürlich kann man auch die Zeiten einstellen, wann die Lampen angehen und wann sie sich abschalten. Antheia kann bereits eine ganze Menge, auch wenn hier und da noch ein paar kleine Fehler korrigiert werden müssen und ich die Software noch erweitern will. Denn letztendlich soll Antheia konkrete Lösungen bei Problemen anbieten.

Wie soll das ganz konkret gelingen?

Für die Zukunft wünsche ich mir eine über das Internet verbundene Community, an die man sich bei Problemen mit seinen Sensor-Daten wenden kann. Vorerst wird Antheia aber „nur“ auf eine Datenbank mit vorprogrammierten Lösungen zurückgreifen und diese dann bei den entsprechenden Situationen vorschlagen. Bleibt z.B. die Luftfeuchtigkeit zu lange über dem Maximalwert, warnt dich Antheia und schlägt dir vor, einen Luftentfeuchter zu installieren. Wenn es um komplexere Probleme geht - wie z.B. Nährstoffmangel oder Parasitenbefall - kann sich eine vertraute Person von überall auf der Welt die Daten anschauen und eine Lösung anbieten. Die Voraussetzung ist hierbei natürlich eine Verbindung mit dem Internet - mit Hilfe der Antheia-Kamera kann man sich die Pflanzen sogar direkt anschauen. Homegrowing mit Künstlicher Intelligenz

Also wird die KI von Antheia erst durch die Community ermöglicht?

Antheia hat bereits eine KI und gibt grundlegende Tipps bei Problemen. Antheia ist sozusagen bereits mit meinem Wissen gefüttert, soll in Zukunft dann aber auch noch durch das Wissen der Community ergänzt werden.

Aber zuvor muss wohl erstmal die Kickstarter-Kampagne zünden…

Richtig, alleine kann ich die Kosten leider nicht stemmen. Ich habe bereits über ein Jahr Arbeit in die Entwicklung der Antheia-Software gesteckt und verschiedenste Sensoren getestet - aber mir geht dabei langsam das Geld und die Zeit aus. Damit ich mich in 2019 voll und ganz auf Antheia konzentrieren kann, starte ich im März eine Kickstarter-Kampagne, um Geld für die weitere Software-Entwicklung und die Erstellung des Gehäuses zu sammeln. Einzelheiten dazu findet man auf meiner Webseite.

Was für Hardware verwendest du eigentlich für die Antheia-Box und welche Geräte kann Antheia dann später steuern?

Die Antheia-Box läuft aktuell mit einem Raspberry Pi 3. Das ist ein Kreditkarten-großer Linux-Computer - also eine sehr kostengünstige Hardware. An die Antheia-Box können verschiedene Geräte angeschlossen werden, ganz egal von welchem Hersteller. Hier hat der Grower völlig freie Wahl und natürlich kann er auch seine bereits vorhandenen Geräte verwenden. Homegrowing mit Künstlicher Intelligenz

Und bisher gibt es noch nichts Vergleichbares auf dem Markt?

Was es schon gibt, sind die sogenannten All-in-one-Lösungen. Also eine Growbox, die weitestgehend automatisch funktioniert und die man dann über eine App steuern kann. Leider ist man hierbei aber immer beschränkt auf die Größe der Box. Oft muss man dann auch noch Ersatzteile wie Luftfilter, Nährstoffkartuschen und ähnliches direkt vom Hersteller beziehen. Diese Growboxen waren einer der Auslöser für mich Antheia zu erfinden, denn ich möchte dem Grower möglichst viele Freiheiten lassen - bei der Auswahl seiner Hardware ebenso wie bei der Größe seines Grow-Raums.

Naja, diese All-in-one-Growboxen gibt es ja auch in ganz verschiedenen Größen…

Da hast du absolut recht. Aber es gibt Menschen, die möchten gerne 1 x 2 m Grundfläche und vielleicht über 2 m Höhe. Das kann keine All-in-one-Box bieten. Manche möchten vielleicht auch ein ganzes kleines Zimmer zum Growen verwenden. Oder sie sind handwerklich begabt und können sich selbst sehr günstig eine Box bauen. Die meisten All-in-one-Boxen bestehen aus hochwertigen Materialien, die dann auch entsprechend verarbeitet werden müssen. Das muss der Käufer dann auch alles zahlen. Antheia ist dagegen eine reine Steuereinheit, durch die der Nutzer viel Geld sparen kann und gleichzeitig alle Freiheiten behält. Homegrowing mit Künstlicher Intelligenz

Gibt es eine Obergrenze an Geräten die an die Antheia Box angeschlossen werden können?

Die Antheia-Box hat 8 Steckdosen, es können also maximal acht Geräte angeschlossen bzw. unabhängig voneinander gesteuert werden. Antheia selbst hat einen Stromstecker. Es können also Geräte mit einer maximalen Gesamtlast von 16 Ampere oder ca. 3700 Watt betrieben werden.

Was heißt das in Anbau-Quadratmetern?

Das kommt natürlich ganz darauf an, welches Licht man einsetzt, denn die Leuchten schlucken nach wie vor den meisten Strom. Aber der neue Standard heißt ja inzwischen LED und diese Lampen schlucken längst nicht mehr so viel - somit stellen 6 bis 8 Quadratmeter kein Problem dar. Ein kleines Zimmer lässt sich mit einer Antheia-Box also durchaus steuern.

Für so ein kleines Grow-Zimmer braucht es aber auch noch einige andere Geräte, wie z.B. Lüfter oder Pumpen, und die benötigen ja auch die eine oder andere Steckdose…

Von der Stromleistung her schafft Antheia das ohne Probleme, aber natürlich kann es passieren, dass die acht Steckdosen nicht ausreichen. Wenn man z.B. mehrere Lichter und Lüfter hat, dann sind die Steckdosen der Box schnell belegt. Oft werden diese Geräte aber parallel betrieben und können daher mit handelsüblichen Mehrfachsteckdosen gebündelt werden - dann benötigen sie jeweils nur eine Steckdose. Wenn man Antheia jedoch für größere Flächen einsetzen möchte und auch die Stromleistung nicht mehr ausreicht, dann kommt nur eine Erweiterung in Frage. Das ist dann eine Box mit weiteren acht Steckdosen, die an die Antheia-Hauptbox angeschlossen wird, aber einen eigenen Stecker für eine weitere 16-Ampere-Leitung hat. Aber hauptsächlich konzentriert sich Antheia auf Privatanwender - vor allem auf Patienten, die sich ihre eigene Medizin anbauen wollen.

Und wie wird Antheia in der Praxis gesteuert? Geht das nur über eine Smartphone-App oder auch anders?

Wer Antheia offline betreiben will, kann das problemlos tun. Es soll zwei verschiedene Antheia-Boxen geben, eine ohne und eine mit 7-Zoll-Touchscreen. Die Variante mit Touchscreen kann dann völlig ohne Smartphone bzw. Computer betrieben werden. Alles kann direkt an der Box eingestellt werden. Wenn ich aber möchte, kann ich Antheia auch in mein lokales Netzwerk per WLAN oder Kabel einbinden und dann alles ganz bequem von der Couch aus steuern. Dafür brauche ich auch nicht unbedingt ein Smartphone, es reicht irgendein Computer mit einem Webbrowser. Ich kann Antheia also auch problemlos mit meinem Mac-, Linux- oder Windows-PC steuern. Und wenn man möchte, kann man Antheia auch über das Internet steuern. Dann kann man bequem irgendwo am Strand liegen und mit seinem Smartphone schauen, was die Pflanzen machen und sie z.B. per Knopfdruck aus der Ferne gießen. Aber wie bereits erwähnt, das ist alles keine Pflicht, Antheia lässt sich auch komplett offline betreiben, ohne dass irgendjemand Zugriff von außen auf die Box haben kann - das war mir auch von Anfang an sehr wichtig. Wer sich dann aber doch dafür entscheidet, Antheia mit dem Internet zu verbinden, der muss sich auch keine großen Sorgen machen, denn alles, was von der Antheia-Box zum Smartphone gesendet wird und umgekehrt, wird per SSL verschlüsselt. Es kann also keiner die Daten einfach abfangen und auswerten.

Und du hast keine Angst, dass dich eine andere Firma mit der gleichen Idee evtl. überholt bzw. ein ähnliches Produkt vor dir herausbringt?

Natürlich besteht die Gefahr, dass ich nicht der Einzige bin mit so einer Erfindung. Das kann man nie wirklich ausschließen. Ich habe inzwischen einige Fachmessen besucht und war mir sicher, dort etwas Ähnliches zu finden, aber ich bin nicht fündig geworden. Also habe ich mich mit Ausstellern unterhalten und gefragt, ob sie bereits ein ähnliches Produkt kennen. Von den All-in-one-Growboxen haben einige schon gehört, aber was Antheia ist und kann, das wusste noch keiner. Mir wurde mehrfach empfohlen, Antheia so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen, denn der Bedarf ist auf jeden Fall da. Und letztendlich schadet es ja auch nicht, wenn ich etwas Konkurrenz habe - so ist es ja bei vielen Erfindungen. Oft haben mehrere Menschen gleichzeitig auf der Welt ganz ähnliche Ideen. Aber was Antheia von allen bisherigen Grow-Computern, Lichtsteuer-Apps - und was es nicht sonst noch alles gibt - abhebt, ist die Software. So übersichtlich und leicht bedienbar ist derzeit keine andere Growing-Software auf dem Markt.
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