Österreichische Cannabisstecklinge

Soft Secrets
26 Oct 2018

Die Tatsache, dass der Verkauf von Cannabisstecklingen in Österreich legal ist, ist nicht neu. Der Vertrieb ist rechtlich zulässig dank einer gesetzlichen Regelung, die den Anbau von Cannabis bis zum Ausbruch der Blühphase erlaubt. Im letzten Jahrzehnt hat der Stecklingsmarkt expandiert und sich sehr verändert.


Ich unternahm also eine Reise nach Österreich, um zu sehen, wie Stecklinge heute in großem Umfang angebaut werden. Ich fuhr geradewegs nach Brunn am Gebirge, eine Kleinstadt ganz in der Nähe von Wien. In diesem Ort hatte ich ich ein Treffen mit Alex verabredet, dem Inhaber der Firma Flowery Field, die der größte Stecklingsproduzent in Österreich ist.

Ich war einmal vor einigen Jahren hier und nun gespannt zu sehen, wie sich die Produktion seither entwickelt hat. Am meisten faszinierte mich die Stecklingsvermehrung durch Gewebekultur. Dank dieser Methode können Produzenten Hunderte von Stecklingen von ein und derselben Mutterpflanze erhalten und sie dann auf sehr begrenzten Flächen anbauen. Und da ist noch mehr. Ich lasse Alex selbst die weiteren Vorteile der Gewebekulturvermehrung schildern. 

Könntest du deine Firma Flowery Field unseren Lesern vorstellen?

Flowery Field ist eine Firma, die Stecklinge produziert. Wir begannen 2004 mit einem kleinen Laden in Wien. Heute haben wir in ganz Österreich sechs Geschäfte, drei davon in Wien, dann jeweils eines in Oberösterreich, Niederösterreich und in Kärnten. Über die Jahre sind wir also ziemlich gewachsen. Zur Zeit beschäftigen wir ungefähr 45 Leute und erzeugen ca. 25 000 Stecklinge pro Woche.

Und wie viele Mutterpflanzen habt ihr?

Die genaue Zahl kann ich nicht sagen, aber sie geht in die Tausende. Wir pflanzen zumeist 9 Mutterpflanzen auf einen Quadratmeter und haben ungefähr 300 Quadratmeter zur Verfügung.

Wie viele Sorten stehen zur Auswahl?

Etwa einhundert. Die Anzahl verändert sich regelmäßig. Jedes Jahr fügen wir unserem Angebot neue Sorten hinzu und mustern gleichzeitig einige alte aus. Für uns besteht ein weiterer Vorteil darin, dass es einige unserer Sorten nur als Stecklinge gibt, man die Samen nicht kaufen kann, um sie selber anzubauen.

Und ich nehme an, ihr zieht eure Mutterpflanzen aus Samen?

Ja, nun die meisten; Mutterpflanzen für Sorten, die es nur als Stecklinge gibt, müssen natürlich auch als solche kultiviert werden. Aber wir ziehen es vor, Mutterpflanzen aus Samen zu ziehen. Das Problem ist die Qualität der Klone, die wir erhalten oder kaufen. Die Qualitätsunterschiede zwischen individuellen Stecklingen sind riesig. Einige sind von Schädlingen befallen, andere tragen verschiedene Viren oder leiden unter anderen Unzulänglichkeiten, und wir können es uns einfach nicht leisten, dass sich dies unter den Pflanzen ausbreitet.

Wann immer wir neue Stecklinge von Freunden oder anderen Produzenten hereinnehmen, stellen wir sie in einen besonderen Raum, wo sie für mindestens sechs Monate gehalten werden. Während dieser Zeit können wir es schaffen, alle möglichen Schädlinge loszuwerden oder Krankheiten zu kurieren. Nach diesen sechs Monaten kommen wir allerdings oft zu der Entscheidung, dass die Pflanze einfach nicht gut genug ist. Während die Pflanzen unter Quarantäne stehen, bleibt uns genug Zeit, ein ideales Pflanzmedium für die Gewebekulturvermehrung zu entwickeln. Jede Sorte ist eben anders und erfordert eine andere Zusammensetzung des Agar-Mediums. Während dieser sechs Monate können wir die optimale Substanz erzeugen.

Verwendet ihr für die Kultivierung von Mutterpflanzen feminisiertes Saatgut? Meine persönlichen Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise sind nicht berauschend und ich ziehe es vor, Mutterpflanzen aus normalem Samen zu ziehen. Wie ist eure Herangehensweise?

Wir nehmen nur normales Saatgut. Feminisierte Samen werden hier für den Anbau von Mutterpflanzen nicht verwendet. Ehrlich gesagt bringt uns diese Einstellung in eine schwierige Situation. Es ist nicht einfach, gewisse hochwertige Sorten zu erhalten. Dann gibt es da noch andere Probleme. Beispielsweise hatten wir diesen Lieferanten aus den USA, der fantastisches Saatgut produzierte. Doch dann geriet er ins Fadenkreuz der DEA und musste aufgeben. Oder aus den Samen, die wir kaufen, kommen ganz eigenartige Pflanzen. Wie neulich - da hatten wir diese Pflanze, die irgendwie aus dem Stängel einer anderen Pflanze wuchs.

Die Formen der Blätter können auch absonderlich sein. Oder eine Liefermenge gleicher Samen ergibt mehrere ganz unterschiedliche Pflanzentypen. Ich könnte noch einiges erzählen... Kurz und gut, wir müssen für die Kultivierung von Mutterpflanzen hochwertige Samen bekommen, und das kann eine ziemliche Herausforderung darstellen. Uns ist es vor kurzem trotzdem gelungen, eine exquisite Cookies and Cream Mutterpflanze mit 25% THC und nur 0,1% CBD anzubauen. Die Abstände zwischen den Nodien sind bei ihr länger und sie trägt eine größere Anzahl kleinerer Blütenstände. Sie ist eine großartige Pflanze. Wir versuchen auch ältere, stabilere Sorten zu halten, unter anderem klassische Saatgutsorten von Shantibaba und anderen sehr kompetenten Züchtern.

Ich weiß, es kann zur Zeit recht schwierig sein, sich herkömmliche "klassische" Samen zu beschaffen und kenne nur eine Handvoll Samenbanken, die welche im Angebot haben...

Ja, das ist ein großes Problem. In den meisten Fällen muss man Leute in den Samenbanken persönlich kennen, um die normalen klassischen Samen zu ergattern.

Baut ihr auch Klone oder Sämlinge von selbstblühenden Sorten an? Ich weiß, dass sie auf dem Markt erhältlich sind.

Wir bauen sie nicht an und verkaufen sie auch nicht. Der Verkauf von Sämlingen ist allgemein üblich. Jedoch ist es in Österreich gesetzlich nur erlaubt, Cannabispflanzen bis zu dem Zeitpunkt heranzuziehen, wenn sie beginnen, Blüten zu bilden. Für die klassischen Sorten kann ich garantieren: So lange der Kunde für die Wuchsphase den angegebenen Licht/Dunkelzyklus einhält, wird die Pflanze nie blühen. Für selbstblühende Sorten gibt es diese Garantie nicht, daher haben wir sie nicht im Angebot. 

Wie sieht es mit CBD-Sorten aus?

Wir verkaufen einige CBD-Sorten, aber es ist wirklich nicht unser Ding und sie sind ebenfalls nicht unproblematisch. Einige österreichische Growshops und Headshops haben damit begonnen, Blüten von CBD-Sorten zu verkaufen, die weniger als 0,2 % THC enthalten. Es ist also immer noch THC drin und die Behörden sehen das nicht gerne. Als diese Produkte in den Shops auftauchten, wurden die Behörden argwöhnisch und wir hatten drei Mal in der Woche mit der Polizei zu tun.

Die Sache ist, nach dem Konsum von CBD-Sorten kann der THC-Gehalt im Urin auf über 25 Nanogramm pro Milliliter ansteigen. Fährt man mit diesem "THC-Spiegel" Auto, gilt das in diesem Land als eine strafbare Handlung, da Österreich "Null Toleranz" praktiziert. Die Polizei zieht daraufhin den Führerschein ein und du musst eine Geldstrafe von 1000 € bezahlen. Wenn sie 20-30 Leute pro Tag mit dieser Geldbuße belegen, ist dies gutes Geld für den Staat. Die Cannabisbranche entwickelt sich in Österreich zu schnell. Der Staat hat entschieden, sie sei außer Kontrolle geraten und möchte sie verbieten. 

Du meinst regulieren, oder?

Falsch. Wenn sie die Branche regulieren wollten, wäre das gut. Aber sie wollen im Grunde die Vernichtung. Es ist möglich, dass in einigen Monaten der Verkauf von Stecklingen und Samen verboten sein wird.

Zurück zum Anbau. Wie erhältst du die Vitalität deiner Mutterpflanzen? Wie lange dauert es deiner Meinung nach, bis eine Mutterpflanze ersetzt werden muss?

Die Vitalität der Pflanze wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Wenn du alle zwei Wochen Stecklinge von einer Mutterpflanze abschneidest, lebt die Pflanze nicht länger als ein Jahr. Ihre Produktivität nimmt mit der Zeit erheblich ab. Wird sie jedoch regelmäßig umgepflanzt, jedes Mal in einen größeren Blumentopf, lässt sich dadurch der Produktivitätsrückgang verhindern. Hier ist die Wurzelvitalität der Schlüsselfaktor. Sie lässt sich durch das Umsetzen verbessern.

Aber hier kommt das Problem - umso größer die Pflanze ist, umso schwieriger wird es, Stecklinge von ihr zu nehmen. Die Pflanze braucht mehr Raum, man braucht eine Leiter, um Stecklinge abzuschneiden etc. Die frühere Herangehensweise bestand darin, die schönsten Stecklinge von einer Mutterpflanze zu entnehmen und mit ihnen eine neue heranzuziehen. Heute vermehren wir Mütter in unserem Gewebekulturlabor, wo wir kerngesunde und starke Mutterpflanzen aus Gewebe entwickeln, das keinerlei Krankheitserreger enthält. Dieser Erneuerungsprozess dauert bis zum Abschluss sechs bis acht Monate.

Worin bestehen für dich als Produzenten die größten Vorteile von Gewebekulturen? Und worin bestünde für mich als Grower der Vorteil, wenn ich anstatt der normalen eure Laborstecklinge kaufen würde?

Für den Produzenten besteht der Vorteil in der Tatsache, dass wir weniger Raum für die Stecklinge benötigen. Wir können beispielsweise 50 000 Pflanzen auf nur 30 Quadratmetern halten. Bei der gewöhnlichen Stecklingsvermehrung wird sehr viel mehr Raum benötigt. Zudem bedeutet dies, wir können Energie sparen und Geld bezüglich Miete und Personalkosten. Man kann durchaus sagen, dass Gewebekulturen heute für jede größere Pflanzenproduktion von zentraler Bedeutung sind - und das gilt für alle Branchen des Anbaus. Die erforderliche Ausrüstung ist natürlich sehr teuer. Für das Labor und die Schaffung einer sterilen Umgebung in der Kultivierungskammer habe ich ein Vermögen ausgegeben. Auch für Grower gibt es viele Vorteile.

Die Wuchsphase verläuft schneller, die Pflanzen sind vitaler, haben eine kompaktere Struktur und liefern deshalb bessere Ernten. Es ist wie beim Anbau von Pflanzen aus Samen, nur dauert es nicht so lange. Weitere Vorteile: Die Pflanzen sind völlig gesund und sauber, haben keine Krankheitserreger oder Viren, sind vitaler und wachsen schneller. Solange sie unter hygienischen Umgebungsbedingungen angebaut werden, brauchen sie keine Pestizide.

Gewebekulturen werden auch häufig für den Anbau von medizinalem Cannabis genutzt. Und die Nachfrage wächst auch bei den normalen Growern. Dank des niedrigeren Energieverbrauchs und des geringeren Raumbedarfs ist es den Produzenten möglich, die Preise für Stecklinge zu senken. Wir richten gerade eine Produktionsstätte in Italien ein, und die Einsparungen insgesamt sollten erheblich niedrigere Preise gewährleisten. Ich denke, der Endpreis für den Endverbraucher wird vielleicht gerade mal 1 € pro Steckling betragen. Für Grower ist das eine großartige Nachricht, meine ich.

Welche Lampen verwendet ihr für den Anbau von Mutterpflanzen?

Wir gebrauchen Plasmalampen wegen ihrer verbesserten UV-A- und UV-B-Strahlung, was das Risiko von Pilzkrankheiten radikal ausmerzt. Am besten kombiniert man Plasma- mit Keramik-Halogenlampen. Aber es ist wirklich teuer. Bei Plasmalampen gibt es noch das Problem, der Lampenkörper mit der Entladung drinnen hält nicht sehr lange. Dadurch wird der Produktionsprozess teurer als er sein sollte. Worüber wir dann redeten, war nicht wirklich über den Cannabisanbau, daher endet hier die Mitschrift. Aber bevor ich mich verabschiede, möchte ich kurz die Stecklingsvermehrung durch Gewebekulturen beschreiben, was nicht nur für Eigenanbauer von Interesse sein dürfte. Es geht alles darum, einer Pflanze Meristem (Teilungsgewebe) zu entnehmen. Meristem findet sich in den Stängeln von Seitenzweigen, in Pflanzenspitzen etc. Diese Pflanzenteile werden dann desinfiziert und in einer sterilen Umgebung in winzige Stücke geschnitten, die ein bis mehrere Millimeter groß sind.

Sie werden dann in ein spezielles Nährmedium verpflanzt, das ebenfalls steril ist und wie Gel aussieht. Aus dem Meristem wird eine ganz neue Pflanze gezogen. Das junge Pflänzchen ist gänzlich frei von Krankheitserregern und besitzt exakt die gleichen Eigenschaften wie die Ursprungspflanze, welcher Meristem entnommen wurde. Noch einmal im Klartext: Ein kleiner Zweig wird von der Mutterpflanze abgeschnitten, ausgewählte Bereiche in kleine Stücke geschnitten und diese schließlich in das erwähnte Nährmedium gepflanzt. Leider ist es für Eigenbauer äußerst schwierig, zu Hause die erforderliche Sterilität zu erreichen. Sollten irgendwelche Krankheitserreger in dem Medium Fuß fassen, beispielsweise Schimmelpilzsporen, würden sie sich in dem Medium rasend schnell ausbreiten und die Pflanze wahrscheinlich befallen oder gar auffressen. Und das ist alles. Bis zum nächsten Mal hier auf den Seiten von Soft Secrets.

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