Keine Kohle für Cannabis

Soft Secrets
15 Mar 2016

 

Jetzt ist der Aufschrei aber laut, Herrschaften, es geht ein Wind durch Deutschland! Ach was, kein Wind, ein Sturm wird es werden, und zwar ein Sturm der Entrüstung – geblasen von unseren gesetzlichen Krankenkassen. Weil die, wie so oft, um ihre Milliönchen fürchten und Angst vor einem enormen und anhaltenden finanziellen Verlust haben. Kaum wird vonseiten der Bundesregierung laut darüber nachgedacht, den Krankenversicherungen die Kosten für Cannabismedizin aufzudrücken, wir haben bereits des Öfteren darüber berichtet, meldet sich zu diesem Ansinnen auch schon der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherer (GKV) zu Wort, vergleiche dazu auch unseren entsprechenden Cannabis-Newsflash auf Seite 8.


Zur Erinnerung: Weil die Bundesregierung fürchtet, dass schon bald einzelnen Cannabispatienten der Anbau ihrer Medizinalpflanzen zuhause gestattet werden muss, hat sich das Gesundheitsministerium einen schönen Coup ausgedacht: den erleichterten Zugang zu medizinischem Marijuana und die Kostenübernahme seitens der Krankenkassen. Die sind, wen wundert's, davon natürlich nicht besonders angetan: Da werden, wie kürzlich in der Deutschen Apotheker-Zeitung zu lesen war, alle möglichen Gründe aufgeführt, die schon im Vorfeld möglichst viel Schaden von den Versicherungen abwenden sollen. Die GKV sind laut Apotheker-Zeitung der Ansicht, dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit mangele es an Ausgewogenheit. Es fehle die wissenschaftliche Beweislast für die Wirksamkeit der Cannabismedizin, es fehlten zudem die richtigen Medikamente, es fehle überdies die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots und vor allem sei das Cannabis aus der Apotheke ja viel zu teuer. Der Preis für medizinische Cannabisblüten sei ungerechtfertigterweise deutlich zu hoch.

Wie bitte?! Da bleibt einem Cannabis-Patienten mit Ausnahmeerlaubnis das Frühstück im Halse stecken. Dass das Marijuana, das chronisch Kranke bei ihrem Apotheker erwerben können, zu teuer ist, darf definitiv als korrekt gelten, aber für wen eigentlich, muss man sich hier fragen. Zu teuer für die Kassen, die monatlich fetteste Beiträge einstreichen und sich dann gerne weigern, das Geld wieder rauszurücken? Und was ist mit den Patienten, die ohnehin schon vom Handicap gebeutelt sind und dann noch mit dem stetigen Problem der Finanzierung ihrer Medikamente zu kämpfen haben?

Es ist die fieseste Ironie: Da interessiert es jahraus jahrein keine Sau im Lande, ob und wie man als Cannabis-Patient seine Medizin aus der Apotheke bezahlen kann – ganz von den ewigen Lieferstopps seitens der Produzenten und Exporteure abgesehen. Patienten müssen bis zu 1800 Euro (pro Gramm zwischen 14 und 22 Euro), je nach therapeutischer Tagesdosis auch mehr auf den Tresen legen, um ihre monatliche Ration Medizin sicherzustellen. Wer das Geld nicht hat, muss eben verzichten oder sich in die gemachte Illegalität begeben und sich den Regeln des Schwarzmarkts unterwerfen. Und das mit allen Risiken: Stets lauert die Gefahr, verstrecktes, ja gesundheitsgefährdendes Cannabis zu erwerben und obendrein noch dabei von der Polizei erwischt zu werden. Aus kranken Menschen werden Straftäter gemacht, die heimlich verdreckte Medikamente kaufen. Mitten in good old Germany. Und keine politische Instanz schert sich darum. Aber schwer kranken Menschen ohne großartiges Einkommen womöglich den Anbau erlauben? Pustekuchen, die deutsche Regierung wird uns eins husten – und arbeitet lieber flugs einen Gesetzesvorschlag aus, der den Krankenkassen den schwarzen Peter zuschieben soll. Und da schließt sich dann auch der Kreis, denn genau darum geht es: Um einen Kostenapparat in immenser Höhe, der den Kassen da entstehen kann, wenn plötzlich der Arzt dem Patienten Apoweed verschreiben darf und die Krankenversicherung das auch noch bezahlen soll. Dies – und das ist uns allen völlig klar, weil es auf der Hand liegt – ist der Grund, aus dem die Versicherer sich jetzt querstellen wollen. Aber egal, wie das alles ausgeht – fest steht: In Deutschland ist ein Mensch nicht viel wert. Geht zu weit? Nun, zumindest werden Wirtschaft und kapitalistische Interessen mit mehr Fürsorge und Schutz versehen als bedürftige, kranke und gepeinigte Menschen.

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