Cannabis Social Clubs in Österreich

Soft Secrets
29 Oct 2015

Szene-interview


Szene-interview

In Österreich gründen sich in den letzten Jahren immer mehr Cannabis Social Clubs mit dem erklärten Ziel, die Bevölkerung über den Nutzen von Cannabis aufzuklären - denn mehr lässt das österreichische Recht im Augenblick gar nicht zu. Dabei steht auch die medizinische Versorgung von Patienten mit Hanfblüten in den Statuten der als Verein gegründeten CSC’s - und häufig auch der Kampf für eine vollständige Legalisierung. Wir sprachen mit Geri (Obmann vom CSC Wiener Neustadt) u. a. darüber, wie sich das alles miteinander vereinbaren lässt.

 

Wann und wie wurde der CSC Wiener Neustadt gegründet?

Im Prinzip hat alles im März letzten Jahres begonnen, als ich einen Fernsehbeitrag über den Cannabis Social Club in Salzburg gesehen habe. Ich hatte diesen Beitrag nur kurz auf meinem Handy in der Arbeit gesehen und bin dann nachhause zu meiner Frau gekommen und habe gesagt: „Schatz, so etwas machen wir jetzt auch!“ Als Diplom-Krankenpfleger und erklärter Pharmagegner lehne ich die meisten Medikamente in Tablettenform ab und versuche lieber, natürliche Alternativen zu finden. Schließlich sehe ich tagtäglich bei meiner Arbeit im Krankenhaus, wie die Patienten mit Pharmazeutika vollgepumpt werden - also habe ich damit begonnen, jede Menge Infos über Cannabis als Medizin zu sammeln, ein Team zusammenzustellen und mich anderen CSC’s in Österreich in Verbindung zu setzen, die gerade im Aufbau waren. Anfang Juli 2014haben wir dann im Laufe einer Woche unseren eigenen CSC ganz offiziell als Verein gegründet - von nun an treffen wir uns einmal im Monat und besprechen die nächsten Aktionen oder bilden uns selbst erstmal weiter - zum Beispiel über die Funktionsweise des Endocannabinoid-System oder diverse andere Themen. Auf diesen Treffen geht es aber auch um soziale Kontakte und gegenseitigen Austausch - wir haben zu fünft begonnen und die Tendenz der Leute, die unseren CSC voranbringen wollen, ist steigend.

Sind Cannabisblüten für dich eigentlich die einzige natürliche Alternative zu Pharmazeutika oder würdest du auch Präparate wie Sativex oder Dronabinol empfehlen?

Bei der derzeitigen Gesetzeslage und der Möglichkeit einer Kostenübernahme durch die Krankenkassen finde ich solche Präparate zur Zeit gar nicht so schlecht - schließlich gibt es in Österreich bisher noch nicht so wie in Deutschland die Möglichkeit, natürliche Cannabis-Blüten aus der Apotheke zu beziehen. Da sind dann solche Präparate die einzige Möglichkeit, etwas Cannabis-ähnliches verschrieben zu bekommen. Aber das ist für mich nicht die Zukunft, denn da sehe ich ganz klar die natürliche Pflanze im Vordergrund, da sie viel kostengünstiger herzustellen ist und ein viel breiteres Wirkspektrum aufweist. Deshalb haben wir ja unseren CSC gegründet: Um all den Patienten helfen zu können, die sich solche teuren Präparate einfach nicht leisten können - und um der Pharmaindustrie endlich mal Paroli bieten zu können.

Euer CSC ist ja als Verein gegründet worden, der über Cannabis als Medizin aufklären will - wie macht ihr das konkret?

Wir wollen den Menschen ja nicht nur Informationen über Cannabis als Medizin näher bringen, sondern auch über Cannabis als vielseitigen Rohstoff - konkret bedeutet das, dass wir auf allen möglichen Messen dabei sind, Flyer produzieren und verteilen oder auch selbst Veranstaltungen organisieren. So fahren wir auch schon mal in dieses oder jenes Hanf-Tal und schauen uns dort an, wie da zumindest schon der Hanf als THC-armer Rohstoff wächst. Natürlich findet man hier keine Menschen, die noch nichts über Hanf wissen - dabei geht es ja darum, genau die zu erreichen. Deshalb sind wir auch sehr aktiv im Internet - zum Beispiel auf Facebook oder Twitter. Und natürlich nehmen wir auch jede Möglichkeit wahr, unsere Botschaft durch die Medien zu transportieren. Wir haben aber auch in unseren Statuten stehen, dass wir uns auch mit dem Anbau, der Aufzucht und der Weiterverarbeitung von Medizinalhanf beschäftigen werden, sobald das legal möglich sein wird. Aber damit das möglich wird, müssen wir erstmal noch fleißig Aufklärungsarbeit leisten. Schließlich sind wir kein Kifferverein, wie immer noch Viele denken - wir setzen uns zwar auch für eine Legalisierung ein, an erster Stelle steht bei uns jedoch die medizinische Versorgung der Patienten. Nach dem Motto: Hanf mit Herz und Hirn.

Gibt es denn in Österreich zumindest die theoretische Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung für den Anbau von Medizinalhanf?

Leider ist das gerichtliche Erstreiten einer Anbaugenehmigung in Österreich eher schwierig - hier muss man einen beschwerlichen Weg über die Ministerien gehen, Gerichte können hier so etwas gar nicht entscheiden. Was aber möglich sein könnte, wäre eine Anbaugenehmigung im Rahmen einer Studie, die sich zum Beispiel mit den Wirkungen von natürlichem Hanf im Vergleich zu beispielsweise Dronabinol beschäftigt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass fast jeder, der in Österreich Dronabinol verschrieben bekam, auch irgendwo ein paar Hanfpflanzen anbaut - das ist auch genau der Grund, warum sich derzeit noch nicht so viele Patienten in die Öffentlichkeit wagen. Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis wir tatsächlich Cannabis für medizinische Zwecke anbauen und verteilen können - aber wir bemerken schon heute, dass wir immer mehr Zustimmung erhalten, wenn wir über Hanf als Medizin aufklären.

Arbeitest du und die anderen CSC-Aktivisten eigentlich alle ehrenamtlich?

Bei uns arbeiten wirklich alle ehrenamtlich und entstehende Kosten begleichen wir bisher noch komplett aus unserer eigenen Tasche - wenn unsere Statuten noch einmal überarbeitet worden sind, werden wir auch die ersten Mitgliederanträge herausgeben können, woraufhin dann auch erste Mitgliedsbeiträge reinkommen, mit denen man dann arbeiten kann.

Wie hoch ist denn so ein Mitgliedsbeitrag in eurem CSC?

Der beträgt 50 Euro jährlich - wobei ein Teil davon an den Dachverband geht, der ja auch schon im Vorfeld Flyer und einiges anderes für uns gemacht hat.

Glaubst du, dass sich auch in Österreich bald etwas ändern wird und ihr dann nicht nur über Cannabis aufklären könnt?

Da sich in Österreich im Augenblick in Sachen Legalisierung gerade sehr viel tut und selbst die sozialistische Jugend und Teile der SPÖ darauf setzen, bin ich schon recht optimistisch, dass es nicht mehr allzu lange dauert. In diesem Jahr sind ja wieder Wahlen, und dann werden wir sehen, ob manche der im Wahlkampf gemachten Versprechen tatsächlich umgesetzt werden. Wir bereiten uns aber schon mal darauf vor, in naher Zukunft die Medizinalhanfversorgung vieler Patienten übernehmen zu können.

 

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