Vorkeimen: sinnvoll oder nicht?

Soft Secrets
26 Oct 2015

Grow Know How


Grow Know How

Viele Grower schwören auf das Vorkeimen von Seeds, weil man dann sehen kann, ob diese keimfähig sind. Vorgekeimte Seeds werden nach 4 bis 5 Tagen in den Topf mit etwas Anzuchterde gesetzt, wenn die Keimblätter sich geöffnet haben und Licht benötigen. Es sollte dabei jedem klar sein, dass genauso, wie falsch gesät, auch falsch vorgekeimt werden kann. 

Wenn Grower erklären, sie würden ihre Seeds einfach in ein Glas Wasser werfen und das klappte gut, erscheint dies unlogisch: Wenn es sich nicht um Sumpf- oder Wasserpflanzen handelt, müssen die Wurzeln Luft haben und zwar mehr, als im Wasser drinnen ist. Auch das Vorkeimen in feuchter Küchenrolle zwischen zwei Tellern erschien einst nicht notwendig, und somit wurde immer ausgesät. Um zu ergründen, ob Vorkeimen besser ist, oder wie man es macht, wurde es in einem Wasserglas und in Küchenrolle zwischen zwei Tellern im dunklen Raum mit normalem Leitungswasser und destilliertem Wasser probiert.

Vorweg soll erklärt werden, ob die Ergebnisse stark vom verwendeten Leitungswasser abhängen und ob vielleicht spezielle Zusätze verwendet werden. Möglicherweise ist dieser Test nicht für jedes Leitungswasser, aber doch für destilliertes Wasser ohne Zusätze repräsentativ. Es wurde ein für deutsche Verhältnisse normales Leitungswasser verwendet, außerdem hatte es in der Wohnung über 20° Celsius, wobei aber die kritische Temperatur von über 24 Grad nicht überschritten wurde. Wäre es kälter gewesen, hätte es etwas länger gedauert. So hätten in diesem Versuch die ersten Seeds nach etwa drei Tagen eingepflanzt werden können. Im übrigen wurde legaler Nutzhanf verwendet, es bestand keine Absicht, Hanf anzubauen, sondern nur zu fotografieren. Alle gekeimten Seeds wurden vernichtet. Diese Info ist bedeutend, da bei Lebensmittel-Hanfsamen keine Keimquoten von über 90 % zu erwarten sind, sondern diese auch unter 40 % liegen können. Relevant sind in diesem Test demnach nur die Seeds, bei denen sich überhaupt etwas tat, bzw. alle zusammen, wenn sich bei allen eben nichts tat. Letzteres war nicht der Fall.

Der eigentliche Test:

Es fanden drei Tests statt: mit Leitungswasser, mit destilliertem Wasser und mit Leitungswasser, aber erst zwei Tage im Glas und dann 50 % der Seeds in feuchter Küchenrolle. Alle drei Tests verliefen mit dem gleichen Ergebnis: Im Wasserglas hilft es nicht, das Wasser jeden Tag zu wechseln. Die Trübung nach zwei Tagen, die auf Bakterien zurückzuführen ist, geht dadurch weg, aber die Seeds bleiben im Wasserglas nach zwei Tagen in der Entwicklung stehen, wobei die in der feuchten Küchenrolle bereits weiter waren. Dies führte zur Idee, die Seeds aus dem Wasserglas nach zwei Tagen in die feuchte Küchenrolle zwischen zwei Tellern zu legen. Bei allen drei Tests entwickelte sich der intakte Teil der Seeds in der feuchten Küchenrolle zwischen den beiden Tellern mit gleichen Resultaten: Nach drei bis fünf Tagen müssen die Keimlinge eingepflanzt werden, da die geöffneten Keimblätter Licht benötigten, die Wurzelstränge dies jedoch nicht abbekommen sollten.



Einige der Seeds wurden in ein Glas mit Wasser und andere in eine Porzellantasse mit Wasser gegeben, natürlich in der dunklen Kammer. Dass sich das Wasser nach zwei Tagen milchig eintrübt und auch ein täglicher Wasserwechsel keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Seeds nimmt, wurde erklärt. Weiterhin ist der Fäulnisgeruch, der vielleicht auch etwas an Kanalisation erinnern könnte, in der Porzellantasse deutlich stärker. Der Geruch wird am intensivsten, wenn das Wasser abgekippt und nur an den Seeds gerochen wird. Im Wasser sind Bakterien sowie mit den Seeds Nährstoffe. Diese beginnen zu keimen, und es findet ein Austausch zum Wasser statt.

Bereits zu Beginn wurde Skepsis geäußert, da Hanfsamenwurzeln zwingend Sauerstoff benötigen. Ist dieser nicht in genügender Konzentration vorhanden, wird es sogar noch unschöner gammeln. Die Seeds werden dabei natürlich nach einigen Tagen kaputtgehen, mit täglichem Wasserwechsel dauert es vielleicht zwei Tage länger. Die einzige Möglichkeit, die sich abzeichnet, doch im Wasserglas vorzukeimen, wären Wasserzusätze. Immerhin trat das Problem auch mit destilliertem Wasser auf, dass nach den ersten zwei Tagen Vorkeimen kein weiteres Wachstum an den Seeds beobachtet werden konnte. Allerhöchstens Zusätze, die das Keimen unterstützen und Sauerstoff bieten, könnten das Ergebnis positiv ändern, so die Vermutung. Wer möchte, kann einmal „Schnitzer Sprossenturm – 3 Etagen“ bei Amazon oder anderswo suchen: Die Saat wird befeuchtet, aber aus gutem Grund nicht über Tage im Wasser gebadet.

In der feuchten Küchenrolle entwickelten sich die keimfähigen Seeds sehr gut, und wer vorkeimen möchte, sollte die Seeds in eine feuchte Küchenrolle zwischen zwei Tellern ins Dunkle stellen und darauf achten, dass es nicht zu warm, aber auch nicht zu kalt wird und die Küchenrolle innerhalb der Keimzeit nicht austrocknet.

Kleinigkeiten beim Vorkeimen:

Werden die Seeds bei trockener Luft einfach in die Erde steckt und gehen dann auf, können sie dennoch folgendes Problem haben: Durch die trockene Luft lösen sich die Schalen vom Saatkorn nicht, und die Keimblätter können sich nicht öffnen. In diesen Schalen um das Saatkorn und somit nach dem Keimen um die Keimblätter befindet sich ein Häutchen. Bei trockener Luft streifen es die Keimblätter häufig nicht ab. Wenn ein Wassertropfen mit einer Pipette auf die Schalen oder das Häutchen gesetzt wird und man 15 Minuten wartet, kann alles leicht (aber vorsichtig) mit einer Pinzette entfernt werden. Die Luftfeuchtigkeit auf über 60 % zu heben oder alle paar Stunden einen Wassertropfen auf die Keimblätter zu geben, sollte auch genügen. In der Natur macht alles der Morgentau. Beim Vorkeimen sollte vor dem Einpflanzen darauf geachtet werden, dass Schalen und vor allem das darunter liegende Häutchen entfernt werden. Wenn die Keimblätter sich nicht öffnen können, geht der Sprössling voraussichtlich ein oder bleibt zurück. Es kann nämlich passieren, dass der Trieb sich einfach dennoch an den zusammenklebenden Keimblättern vorbeischieben kann, wenn diese nicht komplett vom Licht abgeschirmt wurden.

 



 

Vorher einfach mal probieren:

Viele wollen vorkeimen, um zu sehen, ob die Saat keimfähig ist. Wenn nicht, wollen sie reklamieren. Dies ist eher Kulanz, als dass der Kunde ein Recht darauf hat, da er möglicherweise nur alles falsch gemacht hat. Damit man weiß, dass es nicht falsch gemacht wird, sollte man einfach alles einmal an anderem Saatgut wie Nutzhanfsamen oder Getreidesamen testen. Möglicherweise wird der Nutzhanf jedoch vom Werk aus behandelt, damit er nicht keimen kann. Bei Getreidekörnern wäre dies jedoch unwahrscheinlich. Wer es einmal kann, sollte immer mit den guten Samen auch die Testsamen getrennt vorkeimen lassen, um einen Beweis zu haben, dass alles richtig gemacht wurde und ein Misserfolg somit wirklich an den teuer gekauften Seeds lag. Eine weitere Strategie ist, nicht alles auf einmal vorkeimen zu lassen oder nur einen Teil zu säen. Wenn richtig gesät wird, werden gleich viele Samen zu einer Pflanze wachsen.

Säen oder nach dem Vorkeimen einpflanzen:

Wer sozusagen aus dem Nichts und völlig ohne praktische Grundkenntnisse mit dem Kultivieren von Pflanzen beginnt, muss zwangsläufig viele Fehler machen und sollte aus diesen lernen. Teils werden einem jedoch auch Tipps gegeben, die mehr schaden als nutzen. So z. B. das Vorkeimen im Wasserglas. Zumindest ist zum Einpflanzen von Saatkorn oder Sprössling viel Dünger sehr kontraproduktiv, da ein hoher EC-Wert das Bewurzeln behindert. Ab einer gewissen Nährstoffmenge hilft selbst der Wurzelstimulator nicht mehr. Eine Ausnahme wäre ein Langzeitdünger, der sich nach und nach erst freisetzt, aber nicht direkt im vollen Umfang auf den EC-Wert wirkt. Aber auch dann sollte für die ersten drei Wochen eine nicht vorgedüngte, aber hochwertige Saaterde verwendet werden. 0,25- bis 0,5-Liter-Töpfe wären zu wählen, um zuerst auch weniger Platz im Growraum zu verbrauchen. Zudem trocknet weniger Erde in der Regel schneller.

Werden die Pflanzen größer, können sie immer noch umgetopft werden, und nun brauchen sie auch mehr Nährstoffe. Es macht Sinn, erst in Saaterde vorzuziehen, um dann beim Umtopfen eine vorgedüngte hochwertige Erde zu verwenden. Es kann allerdings auch eine nicht vorgedüngte Erde verwendet werden, um mit Nährstofflösungen zu gießen. Viele erklären, dass Hanf mit wenig Wasser sowie keinem Dünger oder Pestiziden auf den Feldern angebaut werden kann. Hanf braucht weniger Dünger als einige andere Pflanzen, wer jedoch Saat, Marijuana oder viel Biomasse ernten möchte, sollte der Pflanze wenigstens etwas Nährstoffe bieten. Ansonsten werden die Ergebnisse karg ausfallen.



Fazit: Vorkeimen oder nicht?

Dieser Test ist notwendig, da einst eben nicht vorgekeimt, sondern gesät wurde. Beim Vorkeimen sieht man schneller, ob das Saatkorn „funktioniert“ oder eben nicht, aber größer ist der Unterschied nicht, wenn beim Säen alles richtig gemacht wird. Es ist zudem unwichtig, dass das Saatkorn korrekt in der Erde liegt, da die Wurzel immer nach unten wächst und dann die Keimblätter nach oben schiebt. Wichtig ist, dass die Erde und das Wasser sich eignen und die Temperaturen passen. Beim Säen gilt im übrigen das selbe wie beim Vorkeimen: Die Wurzeln brauchen nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Luft. Wer die Saaterde klitschnass gießt, kann lange warten, es passiert vermutlich nichts. Ohne die nötige Luft ruht das Saatkorn, und wird das Töpfchen später auf dem Kompost ausgeleert, geht das Korn häufig noch auf. Warum also nicht vorkeimen, wenn es doch gleich gut funktioniert? Weil beim Einsetzen vom Wurzelstrang mit Keimblättern vielleicht etwas abbricht. Die Töpfchen müssen noch nicht groß sein, und nach etwa vier Tagen werden sie ohnehin benötigt. Weniger Platz zu brauchen, wäre deswegen kein tragendes Argument. Natürlich kann der Samen auch Schaden nehmen, wenn er im Topf keimen und aufgehen darf. Ab einer Temperatur von 26° C wird mit beiden Techniken kein Resultat erzielt werden, man kann alles übergießen, oder einem kippt der Topf um und Schaden entsteht.

Atemmaske, Handschuhe und Sterilisieren

Viele Stadtmenschen, die höchstens die Topfpflanzen der Mutter mal gießen mussten, denken, dass alles total kompliziert und schwierig ist. Das gilt auch für immer mehr Menschen vom Land, die vor der Playstation aufwuchsen. Das Vorkeimen oder Säen von Hanfsamen ist nicht kompliziert, wenn man es richtig macht. Hanfsamen verfügen über Schutzmechanismen, um beim Keimen nicht direkt von der ersten Bakterie vernichtet zu werden. Diese sind in der Luft, an den Händen, auf Oberflächen, im Wasser und auch in der Saaterde. Normalbürger, die in normalen Situationen Hanf anbauen, werden mit Atemmasken, Handschuhen oder derartigen Schutzmaßnahmen kaum etwas erreichen. Es soll natürlich nicht die Erde aus dem Garten verwendet werden, in der es viele blinde Passagiere gibt. Es soll eine hochwertige Erde gekauft werden, wenn man nicht mit etwas Ahnung und den Möglichkeiten dazu selber welche herstellt. Es sollte außerdem nicht eine Pflanze von draußen mit rein genommen werden, wo andere Pflanzen stehen. Hier geht es dann soweit, dass draußen tobende Hunde und Katzen nicht in den Growraum sollen oder gewisse Pflanzen vor dem Zuluftfenster entfernt werden sollten, wenn die Zuluft nicht genügend gefiltert werden kann.


Sich Schädlinge in Erde, Outdoorpflanzen, an Schuhen oder Haustieren einzuschleppen, wäre durchaus ein zu umgehendes Problem. Aber zum Vorkeimen oder Säen unter normalen Gegebenheiten reicht es, wenn sauber und akkurat gearbeitet wird, man muss und kann nicht alles hermetisch abschirmen. Geht es um Gewächshäuser, in denen Millionenwerte wachsen, kann man das wiederum anders sehen und aufwändige Schleusen einrichten. Ist man dann aber einmal drinnen, muss man die Seeds wiederum nicht mit Einweghandschuhen anfassen.



Auch wenn das Thema „Vorkeimen“ theoretisch abgearbeitet wurde, wird in der Praxis immer noch mit lebenden Organismen gearbeitet. In der Regel sollte alles reibungslos klappen, wenn immer mit sehr ähnlichen Rahmenbedingungen nach Plan gearbeitet wird. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass doch einmal etwas nicht klappt. Und gerade unter „normalen“ Bedingungen wird regelmäßig mal etwas nicht ganz nach Plan klappen, aber vieles kann noch gerettet werden.

 

S
Soft Secrets