Wenn der Buschmann growt

Soft Secrets
03 Oct 2011

Ich hatte mehrere Growshops in Berlin bis zum Samenverbot, das Tausende Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet hat. 


Buschi, du bist seit jungen Jahren immer wieder aktiv, natürlich auf legalem Weg als Shopbetreiber oder Entwickler von Anbausystemen. Erzähl mal einfach, wie alles bei dir angefangen hat.

 

Ich hatte mehrere Growshops in Berlin bis zum Samenverbot, das Tausende Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet hat. Ich habe schon also 2008 umgeschwenkt auf landwirtschaftliche Bewässerungstechnik und habe Leute kennengelernt, die professionell mit nicht rauchbaren Pflanzen wie Erdbeeren zu tun haben. Ich habe festgestellt, dass diese Leute Probleme mit ihren Erdbeeren haben und sich schönere Systeme wünschen. Mir wurde von millionenteuren Gewächshäusern berichtet, brandneue Systeme angeblich. Sie beklagten sich über die hohen Reinigungs- und Wartungskosten, aufliegende und schimmelnde Früchte, schlechte Raumnutzung, unfreundliche Arbeitshöhen und anderes. Daraufhin habe ich mir den Kopf gemacht und innerhalb von sechs Wochen einen Air-Ponics-Folienvorhang entwickelt. Es wird eine Folie für Kunstlicht im Kreis um die senkrechten Lampen aufgehangen oder unter Sonnenlicht in Reihen gehängt. In die Folien werden Schlitze geschnitten, in die die gewurzelten Setzlinge gestellt werden. Diese können noch gegen ein Fließ und/oder Gaze wachsen. Dieses wird von der anderen Seite von oben mit Nährlösung benebelt. Dieser Zwischenraum wird durch eine Rückfolie abgeschlossen, und es entsteht ein luftiger Raum für die Wurzeln. Das Fließ kann jeden Durchgang gewechselt werden, die Folie einseitig ausgehängt und abgewischt oder abgekärchert werden.

 

Das Rohsystem kann mit allen erdenklichen Füllungen betrieben werden: Erde, Hydro, Coco, Plastikkugeln, Air Ponics. Der normale, etwas größere Aufbau beginnt immer mit einer 4 bis 6 Millimeter starken, möglichst 10 Zentimeter maschigen Baustahlmatte als Deckenkonstruktion. Diese Matte ist unter der Decke zu befestigen. Dort werden später die einzelnen Reaktorröhren mit einem L-Halter eingehängt. Es handelt sich um HT-Kunststoffrohre für Abwasser mit je einem 45-Grad-Abgang zur Seite. In den Abgängen stehen dann die Setzlinge, die in die dickere Röhre hineinwurzeln können. Durch die Aufhängung im Deckengitter können die Reaktorröhren im passenden Abstand zu den senkrechten Lampen gehalten werden. Die Reaktorröhren werden einfach an der Decke vor- und zurückgehängt, je nachdem, wie groß die Setzlinge gerade sind. Obenauf wird ein Deckel gesetzt, durch den ein Schlauch mit einem Ventil und Rotorsprüher führt, mit dem die gesamte Reaktorröhre gewässert werden kann. Der Ablauf erfolgt in diesem Fall über 10 bis 16 Millimeter Schlauch, einfach angeschlossen per Gummidichtring (Gummiring wie am Acrylbongchillum), der immer in einem beliebigen Sammelrückflusspunkt endet. Das abfließende Wasser kann direkt entsorgt oder wiederverwendet werden. Als Techniktipp wird für die Steuerung der Bewässerung ein Trumeter mit einer digitalen Wochenzeitschaltuhr verwendet, um jegliche Arten von Impuls und Wartezeiten auch über die Woche verteilt zu steuern. Mit diesen Bauteilen lässt sich jede Bewässerungsart ansteuern, sekundengenau in sich immer wiederholenden Intervallen. Selbst ein Austrocknen von Substraten und erneutes Anwässern geht problemlos.

 

 

 

 

 

Ich habe dieses System auch als kleines Ein-Quadratmeter-Modell entwickelt, das sich bequem aufbauen lässt. Hier sind die Röhren starr und stehend, jedoch ist die aufgehängte senkrechte Lichtquelle beweglich – und der Reaktor wird generell im Rotationsverfahren gefahren. Die Vorteile des Rotationsverfahrens:

 

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    Luftfeuchtigkeitskonstante: Wird ein Reaktor in einem Stück mit Pflanzen befüllt, hat man zuerst wenig Luftfeuchtigkeit, die dann im Wachstum stark ansteigt und sich wieder verringert. In diesem Fall müssen laufend Korrekturen der Luftfeuchtigkeit erfolgen. Beim Rotationsverfahren hingegen wird der Reaktor Phasenweise mit einzelnen Reaktorröhren gefüllt und ist somit immer gleichmäßig mit kleinen, mittleren und großen Pflanzen bestückt. Damit bleibt die Luftfeuchtigkeit konstanter.

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    Zusätzlich werden auch nicht so viele Stecklinge zur gleichen Zeit benötigt, es verringert sich die Anzahl der benötigten Mutterpflanzen, dadurch erhöht sich automatisch die Qualität der Stecklinge. Außerdem hat man den Vorteil, dass nicht die gesamte Ernte befallen wird, sondern nur ein bis zwei Reihen ausfallen, wenn ein Fehler gemacht wird.

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    Das System lässt sich unheimlich gut reinigen, z. B. in Geschirrspüler oder Badewanne.

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    Sämtliche Kunststoffteile müssen vor der Erstverwendung gründlich gereinigt werden.

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    Damit die Pflanzen in einzelnen Reaktorteilen vorgezogen werden können und auch innerhalb der Röhren keine Erdkompression stattfinden kann, werden die Böden mit Staubschutznetzen vom Bau und doppeltgenommenen Einweggummis verschlossen. Wer mit seinen Bewässerungszeiten und mit seinem Skill etwas fortgeschritten ist, kann damit beginnen, die einzelnen Ebenteile nur noch einige Zentimeter hoch mit Hydrosubstrat zu befüllen und kann etwa 70 Prozent der Anschaffung für Substrate und einiges an Zeitaufwand einsparen.

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    Mit einem simplen Siebblech könnten Innenteile für die seitlichen Rohrabgänge gefertigt werden, die den Wurzeln eine Auflagefläche bieten und ein Hineinrutschen der Jungpflanze verhindern. Die Unterseite der Auflagefläche sollte so geformt oder gelocht sein, dass das Wasser gleichflächig austropft.

 

 

 

Der Verlauf der Mutterpflanzenzucht und der Stecklingsentnahme zur Durchwurzelung in den bevorzugten Medien bleibt identisch zu gewohnten Anlagen. Sowie kleine bewurzelte Pflanzen verfügbar sind, kommen sie in ein Rohrstück und verweilen dort bis zur gewünschten Umschaltgröße. Die noch nicht eingesetzte Reaktorröhre kann von senkrechten 36-Watt-Neonröhren mit Pflanzenlicht bestrahlt werden, bis die Stecklinge nach wenigen Tagen angewurzelt sind. Hat man je nach Raumhöhe 10 bis 11 Rohrstücke zur Verfügung, werden die Stecklinge der Größe nach in diese gesteckt. Die kleinsten Pflanzen kommen nach unten, die größten nach oben. Beim Zusammenstecken werden sie ein letztes Mal von Hand mit Übergangslösung angereichert. Nun werden die PVC-Stücke zusammengesteckt.

 

Jetzt werden die Reaktorröhren auf einen freien, schattigen Platz gestellt, und der Bewässerungsdeckel wird aufgesetzt, der Sicherheitsgurt angelegt. Nach 3 bis 4 Tagen jedoch sollte diese Reaktorröhre auf den der Lichtquelle am nächsten gelegenen Stellplatz gestellt werden. Durch dieses Vorgehen können die Jungpflanzen erst wurzeln und akklimatisieren. Das Höhenwachstum wird gebremst, und die Pflanzen wachsen kompakt mit kräftigem Stiel. Dieser ist bepackt mit weiterleitenden Wasseradern, welche die Blüten optimal versorgen können.

 

Kann das ein Laie, der die Fotos sieht und diesen Bericht liest, einfach so nachbauen und dann in Betrieb nehmen?

 

Wenn er Gummidichtungen zwischen den Rohrstücken rausnehmen und ein Einweggummi mit dem Sieb drüberziehen kann … es ist es kinderleicht.

 

 

 

Das ganze System erinnert an die Growtanks, es gibt jedoch deutliche Unterschiede. Erklär uns, warum dein System besser ist.

 

Die Growtanks sind unflexibel und können nicht in Rotation bestückt werden. Sie sind unhandlicher in der Reinigung, Pflege und Wartung – für mich ein liebloses Stück Plaste.

 

 

 

Welche Genetiken empfiehlst du für dieses System? Sollen die Pflanzen klein bleiben oder dürfen sie wachsen? Auf welche Größe sollten die Pflanzen gezogen werden?

 

Ich empfehle für dieses System Victory. Zur Not tut es auch ein Top 44. In den Reaktoren fahren wir SoG. Je nach Sorte dürfen die Pflanzen aber auch ein gutes Stück größer sein als sonst. Ein schöner Punkt der Rotation ist auch, dass man sehr früh erkennt, wie sich die Sorte verhält und man beim Nachstecken der folgenden Stäbe im laufenden Betrieb bereits sein Feintuning auf die Umstellgröße einfließen lassen kann.

 

 

 

 

 

Du propagierst diese Growreaktoren und erklärst, dass deutsche Grower so schnell mit der Überproduktion beginnen könnten. Handelt es sich hier um dein Lebenswerk?

 

Ich habe schon eine ganze Weile aufgegeben, deutschen Growern auf die Sprünge zu helfen. Nach so vielen Jahren ist es mir unbegreiflich, dass sich reihenweise Leute darüber beklagen, dass sie nichts zu rauchen haben. Es ist so leicht, gutes Gras anzubauen, wirklich jeder kann es. Ich mache das alles nun für die Landwirtschaft und eher als Hobby. Ich versuche nicht nur Erdbeeren, sondern auch Salat und andere Nahrungsmittel auf wasser- und substratersparende Reaktoren und Foliensystemen zu testen und zu entwickeln. Das einzige, was ich derzeit noch mit Hanf zu tun habe, sind die Hanfklamotten auf meiner Website browsed4.com.

 

Die Erdbeerbauern wollten dein System nicht haben. Es war also ein Zufall, dass du dieses System einigen Hanfbauern nahegebracht hast, obwohl du wieder zurück zur eigentlichen Landwirtschaft willst?

 

Genau! Klar und unmissverständlich.

 

Völlig uneigennützig stellst du den Growern jahrelange Entwicklungsarbeit einfach zur Verfügung und hast wirklich keinen Nutzen davon. Zudem willst du dich ein wenig aus der ganzen Growszene zurück ziehen. Was hast du in deinem Leben noch konkret vor?

 

Ich habe ein Buch geschrieben, ein Kind gezeugt, einen Baum gepflanzt. Ich will ein bisschen mehr im Internet machen und ich hoffe natürlich auf ein wenig freiwillige Unterstützung durch Social Shopping über meine Produktsuchmaschine browsed4, was die Benutzer nichts kostet und mir ein wenig Geld bringt.

 

Das waren meine Fragen fürs erste. Ich habe bei meinem Interview mit Buschi wirklich eine Growtechnik bestaunen dürfen, die mir noch unbekannt war. Für viele Leser mag das ein wenig viel auf einmal sein, wer allerdings wenig Platz hat und für den Großanlagenbetreiber, der Energie einsparen, die Arbeiten erleichtern und die Erträge optimieren möchte , der bekommt hier eine neue Möglichkeit geboten. Für all diese Informationen bedanke ich mich somit sehr herzlich bei Buschi und hoffe, dass einigen Lesern mit diesen Anbautechniken, wenn auch ursprünglich für Erdbeeren, geholfen ist.

 

 

 

Das ist also das Prinzip von deinem Growreaktor, der immer zum Teil Reif wird und geerntet werden kann. Was kosten die Teile für einen Quadratmeter, und wie viele Lampen müssen senkrecht aufgehangen werden?

 

Der Growreaktor kann in den verschiedensten Dimensionen gebaut werden. Die Standartmaße auf den Bildern sind einen Meter mal einen Meter. Die Bauteile kosten bei guten Bezugsquellen pro Stück ca. 1,56 Euro, im Baumarkt natürlich deutlich mehr. Mess- und Regeltechnik bleibt die gleiche wie sonst auch. Was wünschenswert ist sind lange Cool Tubes, da Baubedingt aufgrund der Anschlüsse große Schatten entstehen. Doppel Cool Tubes, teilweise mit nur einem Leuchtmittel bestückt, sind hier die klügere Wahl. Ein 1,80 Glasrohrstück von Shotglas wäre natürlich super geil. Das Trumeter hat einen empfindlichen Preis aber eine extrem gute Lebensdauer. Das System kann selbstverständlich auch in kleiner gebaut werden, um es z.B. mit weniger Watt zu bestücken. Der Reaktor selbst muss natürlich wie jedes System eine Zu und Abluft haben, er hat eine Thermo-Hygro-Steuerung und je nach euren Gegebenheiten eine Be- und Entfeuchtung sowie Heizung und Kühlung im Zuluftstrom integriert. Beim Einbau ist immer zu bedenken, dass der Lüfter am Anfang sitzt und die Luft schiebt und somit nicht die durch Lampen erhitzte Luft oder gar die Befeuchtung durch den Lüfter gesaugt wird.
Dieses kann den Lüfter erheblicher Hitze aussetzen, was Ausfälle beschleunigt und dann mit Pech zur Brandgefahr werden kann. Die Lampenanzahl richtet sich nach der Reaktorhöhe. Ich fahre die Reaktoren gerne mit drei mal 400 Watt bei entsprechender Kühlung auch mit 3x600. Es gibt natürlich kein Limit für die Höhe eines Reaktors, aber mit Leiter und Treppchen arbeitet es sich immer schlecht.

 

Du erklärst nun einfach, dass dieses System mindestens 2,5 Gramm pro eingesetztes Watt herausholt, wenn man einen kompletten Rotationsablauf abwartet. Ist dieses System wirklich so gut, dass es solche Erträge auf nur einem m² schaffen kann?

 

Ja, auf den Fotos vom Folienvorhang auf 2 mal 2 mal 2 Meter mit über 600 Pflanzen sieht man, dass der Platz für 1,5 Liter Colaflaschen Buds locker reicht. Bei langen Blütenformen können diese Erträge um ein vielfaches überschritten werden. Das ist bei diesem System vom Platz auch gegeben.

 

Dann hast du nun kein Interesse, ein Komplettset zusammenzustellen oder wenigstens die Bauteile, die man nicht zu Dumpingpreisen im Baumarkt findet, um dieses als Komplettsystem zu vermarkten?

 

Nein, das Interesse habe ich nicht. Ich habe einfach nicht die Zeit. Die Teile gibt es alle im Internet unter Google: HT Rohr. Es macht einfach keinen Sinn, die Teile einzukaufen und noch Gewinn aufzuschlagen. Bei den Mengen liefern viele Onlinehändler kostenfrei.

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