Time For A Change - der Hanftag in Berlin

Soft Secrets
25 Jul 2011

Am 7. Mai war es mal wieder soweit - der ursprünglich von dem New Yorker Langzeitaktivisten Dana Beal initiierte Aktionstag


Am 7. Mai war es mal wieder soweit - der ursprünglich von dem New Yorker Langzeitaktivisten Dana Beal initiierte Aktionstag

Am 7. Mai war es mal wieder soweit - der ursprünglich von dem New Yorker Langzeitaktivisten Dana Beal initiierte Aktionstag „Global Marihuana March" (GMM) zog weltweit Zehntausende für eine Legalisierung von Cannabis auf die Straße. In über 200 Städten auf vier Kontinenten traf man sich und demonstrierte für ein Umdenken in der weltweiten Drogenpolitik - so auch wieder in Berlin.

Time For A Change - der Hanftag in Berlin
Vielleicht lag es ja an dem Bombenwetter, dass die Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr so deutlich zurückgingen, vielleicht wurde auch nicht mehr ganz so stark für den Hanftag geworben - wie dem auch sei: Immerhin knapp einhundert Menschen nahmen an der Berliner Demonstration im Rahmen des internationalen GMM teil und trafen sich (wie jedes Jahr im Mai) vor dem Brandenburger Tor, wo (wie jedes Jahr im Mai) erst mal ein paar Reden gehalten wurden. Auch die Rednerliste war weitgehend identisch mit der der Vorjahre, nur das extrovertierte Lockenwunder Ziggi Jackson (Geschäftsführer und Produzent der Bong-Marke „Weed Star") war neu am Mikro und eröffnete in diesem Jahr den Reigen mit einer offensichtlichen Flunkerei: „Ich freue mich, dass ihr so zahlreich erschienen seid". Zur Ehrenrettung Ziggis muss man allerdings sagen, dass er unmittelbar danach seine Aussage relativierte: „Es könnten natürlich mehr sein, aber heute ist ja so gutes Wetter und viele Leute sind einfach faul - das ist ärgerlich, aber es ist leider so." Ersten Beifall erhielt Ziggi für seine These „Cannabis ist das beste Rauschmittel, das es gibt" und in Folge führte der Bong-Bauer aus, er selbst würde nun schon 20 Jahre rauchen und ihm hätte es bisher nicht geschadet.
Nachdem Ziggi seine verhältnismäßig kurze Rede beendet hatte, ergriff der nicht nur in der Hanfszene bekannte Sachbuchautor und Langzeitaktivist Hans Cousto vom Verein „Eve & Rave" das Wort und wies zunächst auf die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von Hanf abseits der Rauschwirkung hin. Dann griff er die „mächtigste Organisation der Welt" (die Vereinten Nationen) an, indem er an den 50. Jahrestag des internationalen Drogenverbotes (Single Convention von 1961) erinnerte, den Beginn des noch heute tobenden weltweiten „Kriegs gegen die Drogen".
Nach Cousto übernahm Georg Wurth vom DHV (Deutscher Hanfverband) das Mikrofon und erklärte: „Der deutsche Hanfverband organisiert den Widerstand gegen das unsinnige Hanfverbot". Dazu hätte man schon im letzten Dezember eine Petition in den Bundestag eingebracht, welche bisher von über 27.000 Menschen unterzeichnet worden sei. Langsam würde auch der Normalbürger begreifen, dass es Zeit für eine Wende in der Drogenpolitik sei und man Hanfkonsumenten nicht länger kriminalisieren darf - auch eine zu ähnlichen Ergebnissen kommende Emnid-Umfrage aus dem letzten Jahr gäbe einige Gründe für berechtige Hoffnungen. Neben der Anhebung der geringen Mengen in einigen Bundesländern (wie in Rheinland-Pfalz von 6 auf 10 Gramm), wären dies alles kleine Schritte in die richtige Richtung, auch wenn die unlängst gebildete, allererste von Grünen geführte Landesregierung (in Baden-Württemberg) kein einziges Wort zum Thema Cannabis in ihren Koalitionsverträgen zu stehen hat. Georgs Fazit lautete trotzdem: „Da tut sich was".
Anschließend fand Michael Knodt vom Hanf Journal einen rhetorischen Weg nach Mexiko, wo der zwischen Polizei und Drogenkartellen eskalierende Krieg vor allem zu Lasten der unbeteiligten Zivilbevölkerung ausgetragen würde. Dazu fände sich zwar so gut wie nichts in unseren meinungsbildenden Massenmedien, doch die jährlich stetig steigenden Opferzahlen seien nun mal eine bittere Realität, die sich nicht wegdiskutieren ließe. Die rasante Entwicklung der Drogenkartelle, der illegale Handel zwischen den Grenzen der USA und Mexikos und die möglicherweise stattfindende behördliche Umstufung von „Drogengangstern" zu „terroristischen Vereinigungen" können und werden wohl zu einem weiteren Anstieg der Drogenkriegsopferzahlen führen.


 

 


 

 

 

Nun war die auch schon aus den Vorjahren bekannte Berliner Lokalpolitikerin von der Partei „Die Linke" an der Reihe: Barbara Seid verkündete gleich zu Anfang: „Die deutsche Drogenpolitik ist absurd, denn sie ist in keinster Weise rationell argumentierbar - die Einteilung in legale und illegale Drogen ist einfach nur willkürlich und macht überhaupt keinen Sinn." Zudem führe das Hanfverbot letztendlich nur dazu, dass es auch zu Verunreinigungen des Rauchkrauts kommt, da schließlich keiner eine illegale Ware auf ihre Gesundheitsverträglichkeit untersuchen würde.

Nach Barbaras Ansprache setzte sich der durchaus überschaubare Protestzug in Bewegung und zog vom Brandenburger Tor durch die „Straße Unter Den Linden" zum Alexanderplatz. Unterwegs wurde ein Vielfaches an verdutzten Touristen passiert, die so zumindest am Rande mitkriegten, dass hier für eine Freigabe von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel demonstriert wurde. Vor dem Roten Rathaus wurde für die angekündigte Zwischenkundgebung angehalten und Langzeitaktivist und Hanfparade-Mitorganisator Steffen Geyer erhielt die Gelegenheit, ein paar Worte an die Versammelten zu richten. Steffen wies auf die gestiegene Akzeptanz des gemeinsamen Anliegens hin, welches sich seiner Meinung nach auch darin äußerte, dass die meisten Touristen die Legalize-Demonstranten mit einem Lächeln bedacht hatten. Denn: „Cannabis ist nicht gefährlich!" und daher solle man zur am 6. August in Berlin stattfindenden Hanfparade alle Freunde mobilisieren, damit man dann mit 10 oder 20 mal so vielen Leuten durch die Berliner Innenstadt ziehen kann. Das mache dann auch viel mehr Spaß.


Tatsächlich schien der Spaß zum Schluss gefehlt zu haben - warum sonst hätte man den Hanftag nach gerade mal der Hälfte der geplanten Strecke verfrüht beenden (manche schrieben sogar „abbrechen") sollen? Hanftag-Initiator und Versammlungsleiter Emanuel Kotzian begründete das so: „Wir haben uns gedacht, es ist ganz schön warm und wir hatten ja auch alle schon ein bisschen Spaß miteinander - die Idee ist jetzt, weil die Sonne so wunderbar scheint und es viele andere Verlockungen gibt, dass wir eine halbe Stunde früher Schluss machen." Dann hätte auch die Polizei etwas eher Feierabend - klar, das ist natürlich ein schlagendes Argument. Wie auch einer der letzten Sätze von Emanuel: „Wir bewegen uns dann in den nächsten Biergarten und trinken gemeinsam ein Radler oder Bier und buffen dazu vielleicht noch den einen oder anderen Joint."
Nach der Hanf-Demo in den Biergarten ist sicherlich ein neues Konzept, doch das funktioniert eigentlich nur, wenn alle Begleitpolizisten freiwillig mitkommen und sich dann davon überzeugen lassen, dass sie nur kleine Handlanger im globalen Krieg gegen die Drogen sind. Denn schließlich ist der sogenannte „Krieg gegen die Drogen" doch nichts weiter als ein doppelmoralischer Angriff auf die individuelle Freiheit.

 

 

S
Soft Secrets