Herzenssache Cannabis

Soft Secrets
04 Jun 2011

Das ist eine Vita. Sozusagen. Eine Vita in geraffter Form. The story of a man's life. Und zwar eines Lebens, das bereits nach 34 Jahren um ein Haar zuende


Das ist eine Vita. Sozusagen. Eine Vita in geraffter Form. The story of a man's life. Und zwar eines Lebens, das bereits nach 34 Jahren um ein Haar zuende

Ein Leben danach, ist ein Leben davor:

Von Berufspsychonaut TJ Farmakofilia


Das ist eine Vita. Sozusagen. Eine Vita in geraffter Form. The story of a man's life. Und zwar eines Lebens, das bereits nach 34 Jahren um ein Haar zuende gelebt gewesen wäre und durch die Medizinalpflanze Hanf eine ganz neue Chance erhalten hat. Fast ist das Leben dieses Mannes, der sich hier nun für den Moment verbreiten wird, einmal schon beendet gewesen. Mittlerweile scheint die Sonne aber auch diesem Kerl wieder.

Klappe, die erste: Als Journalist weiß ich, dass Menschen vor allem eines gerne rezipieren: die Geschichten anderer Menschen nämlich. Guten Gewissens kann ich euch also meine erzählen, es wird weder euch noch mir zum Nachteil gereichen.

Kalt gelegt: Die Bewanderung der Einbahnstraße

Es war das Jahr 2008, als es mich sozusagen Hals über Kopf aus dem Leben riss. Die Timeline im Zeitraffer: Monatelang ging es mir bereits übel, Kraftlosigkeit paarte sich mit Ohnmacht, Luftnot, Schmerzen in Bauch und Brustgegend, unerträglich. Ein eigentlich reiner Vorsorgebesuch beim Kardiologen brachte zutage, was niemand erwartet hätte: acht schmale und lächerliche Prozent Herzleistung nach einer verschleppten Herzmuskelentzündung. Der Gevatter wartete mit seinem Handmähgerät schon vorm Einlass der Intensivstation. Eine Myocarditis nennt der Medizinmann das, was ich offenkundig irgendwann ausgeprägt, aber nicht im geringsten bemerkt hatte. So ein Herz scheint ohne großes Tohuwabohu zu sterben. Sein Träger wiegt sich in vermeintlicher Sicherheit.

Back to quick motion: Plötzlich ging alles rasend schnell. Die Ärzte schossen mich vermittels Propofol ins künstliche Koma, Entwässerung, Beatmung. Knapp acht Liter Wasser pumpten mir die Weißkittel aus der Lunge. Gattin und Eltern bekamen vom Fritzlarer Chefkardiologen Wolfgang Dausch nur die mindestens ebenso vage wie verheerende Info: „Keine Ahnung, ob er den Flug in die Spezialklinik überlebt." Dann folgte ein lustiges Zweimalzwei: zwei Monate Aufenthalt in zwei kardiologischen Krankenhäusern. Akute Behandlung und wochenlange Reha. Am Tag der Entlassung hatte ich eine Herzleistung von etwa 20 Prozent erreicht. Einen nur lachhaften Wert also, der von gesunden Menschen liegt um 55 bis 60 Prozent, weil kein Pumporgan dieser Welt die Hundert schafft (weshalb das so ist, weiß der Himmel voller Dr.-meds).

Ich hatte zu der Zeit eine mehrjährige Cannabispause eingelegt, drei Jahre war ich bereits unbehanft. Den Genuss psychoaktiver Drogen beschränkte ich auf Kaffee, Tabak, Bockbier und trockenen Rotwein. Coffea und Nicotiana. Humulus und Vitis. Rauchen hatte der Arzt erlaubt, „doch bitte nur mäßig" - immerhin lag in meinem Fall keine Gefäßverkalkung vor. Dennoch: Mein Zustand wurde stetig schlechter. Meine physische Masse: mittlerweile von ehemals knapp 60 auf etwa 110 Kilo angewachsen, der Hunger unstillbar, der Durst nicht minder. Ich fragte mich, weshalb. Ich fragte mich vergebens. Meine Herzleistung: schwache 25 bis 28 Prozent, Tendenz: sich minimierend. Der Doc sprach: „Wenn Sie nicht bald ihre Gewohnheiten ändern, war's das demnächst." Was ein Ach und Oh und Schockschwerenot. Und niemand, der gewusst hätte, was zu tun sei. Was übrig blieb: Ernährungsplan modifizieren, Sport, nonalkoholische Lesart anstreben. Gut und gerne. Alles schön und vor allem eins: anstrengend. Und ohne nennenswerte Auswirkung positiver Natur auf die Körper-Geist-Einheit Farmakofilia.

Inzwischen waren zwei Jahre vergangen, mein Zustand jedoch war annähernd der gleiche geblieben. Ein unerträglicher nämlich.


Kühl geköpft: Die Erleuchtung

Zwar fehlte mir der Bodhibaum, und zum Gotama-Klon hat's auch nicht ganz gereicht. Eines Abends aber kam mir trotzdem die Erleuchtung. „Probier's mit Weed", schallte mir eine imaginäre Stimme aus meinem Seelenmultiversum entgegen. Mehr als ein Jahrzehnt hatte ich in meinen psychonautischen Publikationen immer wieder vom medizinischen Nutzen des Hanfs geschwärmt. „Wieso also soll er mir nicht helfen?", schien mir hier die interessanteste von allen Fragestellungen. Mehrere Wochen vergingen. Wochen der Reflexion. Eigentlich sollte meine Cannabispause mindestens zehn Jahre andauern. Aber scheiß drauf, Prinzipien nützen niemandem, dessen Lebensgeist so gut wie ausgehaucht hat. Wer jemals am Abgrund stand und dem Tod in die grinsende Fresse blicken musste, kann nachvollziehen, dass der quasi Totgeweihte seine Waffe gegen den Sensenmann peinlich genau aussuchen sollte. Meine Waffe war der Hanf, und mit dieser pharmakologischen Streitaxt sollte ich den Kampf gewinnen.

Ich besorgte mir drei Gramm Jack Herer. Von einem guten Freund, ich liebe ihn! Langsam und vorsichtig tastete ich mich an meine Dosierung heran. Zunächst mit miniaturischen Spliffs, winzige Einblätter mit geradezu homöopathischen Fetzchen Herer-Weed. Ich wusste ja nicht, wie erstens das Dope nach den vielen Jahren anschlägt und wie zweitens mein Herz auf den Cannabinoidmix reagiert. Die Angst saß mir während der ersten beiden Tage als ständiger Begleiter im Genick. Und die Wirkung des Grases war weder angenehm noch überwältigend. Sollte sie auch nicht unbedingt sein, der medizinische Aspekt interessierte mich deutlich mehr.


Warm gelaufen: Die Phase der Regeneration

Nach etwa einer Woche hatte ich wieder gelernt, die Hanfwirkung zu genießen, und ich konnte zudem ganz andere Effekte bemerken. Zum einen regulierte sich mein Hungergefühl, das während der Genese meiner Erkrankung stetig pathologischer und furchterregender wurde. Zum anderen gelang es mir mit ein bis zwei kleinen Joints pro Abend wieder, komplett auf jeglichen Alkohol zu verzichten und durchzuschlafen. Innerhalb von zwei Tagen verschwanden sämtliche Symptome meiner chronischen Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa), wegen der ich ebenfalls mehrmals im Krankenhaus lag, und die mich seit mehr als einem Jahr Tag und Nacht quälte. Jede Nacht zwischen drei und fünf Uhr aufs Klo, am Tag bis zu zwanzigmal. Brennende Bauchschmerzen ohne Unterlass, und kein Doktor konnte helfen. Jegliche Pharmahammer hatten das Gefecht gegen meine Darmentzündung kläglich verloren, die Ärzte wussten sich keinen Rat. Brauchte ich nun auch nicht mehr, Cannabis has saved my life. Innerhalb eines Halbjahres nahm ich, ohne außer den abendlichen Joints überhaupt was dafür zu tun, 15 Kilo ab, nach einem Jahr waren's bereits 25. Meine Herzleistung stieg peu-á-peu auf über 50 Prozent an und hielt diesen annähernd normfrequenten Wert. Der Kardiologe kann es sich bis heute nicht erklären. Jedenfalls bin ich seitdem wieder gesund und habe keinerlei Probleme mehr. Von den ehemals zwölf Medikamenten, die ich täglich nehmen musste, sind nur noch vier übriggeblieben. Und mit einem bisschen Glück, kann mir sogar in einem bis zwei Jahren der implantierte Herzschrittmacher und Defibrillator rausgenommen werden. Dope sei Dank.

 

 

 

 

 

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